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Der Münchner Professor für Volkswirtschaftslehre Gerald Mann.
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Der Münchner Professor für Volkswirtschaftslehre Gerald Mann hat vor den Gefahren des bargeldlosen Bezahlens gewarnt. Der engagierte evangelische Christ äußerte sich gegenüber der ARD-Tagesschau. Dem Bericht zufolge wird bargeldloses Bezahlen immer beliebter. In Schweden etwa nähmen viele Geschäfte keine Münzen und Banknoten mehr an. Viele Deutsche sind hingegen laut Mann der Meinung, dass man nur mit Bargeld sicher zahlen könne. In Schweden habe es im Unterschied zu Deutschland keine zwei Diktaturen im 20. Jahrhundert gegeben. Damals seien viele hierzulande froh gewesen, dass es noch keine Welt ohne Münzen und Scheine gegeben habe. Die Ängste vor einen bargeldlosen Welt seien im Hinblick auf eine totale Überwachung „sehr, sehr berechtigt“.

Früherer Vorstandschef der Deutschen Bank: 2026 gibt es kein Bargeld mehr

Wenn man sich das Geld nehmen lasse, „verlieren wir auch den letzten kleinen Rest, wo wir nicht überwachbar sind“. Neben den Banken und Sparkassen wolle auch der Handel weg von Scheinen und Münzen, da eine „Bargeldbewirtschaftung“ mit hohen Kosten verbunden sei. In der Menschheitsgeschichte habe sich langfristig immer das Zahlungsmittel durchgesetzt, was am effizientesten gewesen sei. Er rechne darum damit, dass Scheine und Münzen Schritt für Schritt verschwinden werden. Aus „Gründen der Freiheit“ sei er aber entschiedener Befürworter des Bargelds, betonte Mann. 2016 habe der damalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, John Cryan, die Ansicht vertreten, dass es in etwa zehn Jahren kein Bargeld mehr geben werde. Auch wenn solche Prognosen immer schwierig seien, so Glaube er doch, dass Cryan „in der Tendenz“ richtig liege, sagte der Volkswirtschaftler.

Was negative Folgen sein könnten

In einer bargeldlosen Welt lassen sich Mann zufolge negative Zinsen durchdrücken, um die Konjunktur zu beleben. Das wäre ein Frontalangriff auf die „gute deutsche Sparkultur“ und würde dazu führen, dass hierzulande das Sparen aufgegeben werde. Bei Hackerangriffen oder Stromausfällen verschiebe Bargeld den Zeitpunkt, an dem Panik ausbreche, nach hinten. Mit Münzen und Banknoten ließen sich in Geschäften die Bestände noch halbwegs ordnungsgemäß verkaufen. Ohne Bargeld sei das gar nicht möglich. In Deutschland war Bargeld 2017 nach Angaben der Bundesbank mit 74 Prozent das am häufigsten genutzte Zahlungsinstrument. Mann lehrt Volkswirtschaftslehre an der FOM Hochschule in München. Er ist Koautor des Sachbuch-Bestsellers „Bargeldverbot“ (FinanzBuch Verlag). Das Interview ist in der Mediathek der ARD zu finden.

Ehemaliger Investmentbanker: Eine neue Form der Kontrolle

Die ARD befasste sich auch in der am 30. Juli ausgestrahlten Dokumentation „Welt ohne Geld – wie die Abschaffung von Banknoten vorangetrieben wird“ mit dem Thema. Dort sagte der ehemalige Investmentbanker und britische Autor Brett Scott, dass Bargeld „gelebter Datenschutz“ sei. Das Unternehmen PayPal etwa gibt dem Bericht zufolge personenbezogene Daten an die Unternehmen Google und Facebook weiter, die das für individualisierte Werbezwecke nutzen. Dazu Scott: „Wenn Google und Apple ins digitale Bezahlen einsteigen und Orts- mit Bezahl- und Suchdaten kombinieren, ergibt sich ein dreidimensionales Bild einer Person.“ Die Menschen würden immer mehr in eine Art Überwachungssystem überführt: „Es ist eine neue Form der Kontrolle.“