Für mehr Zurückhaltung bei Weihnachtsgeschenken für Kinder hat der Kinderpsychiater Michael Winterhoff (Bonn) plädiert. Kleinkinder sollten nicht mehr als drei Geschenke bekommen, sagte er in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Die Mädchen und Jungen sollten sich auf eine Sache konzentrieren können: „Wir Leben sowieso schon in einer Welt voller Reizüberflutungen.“ Für Kleinkinder gehöre zudem Elektronik auf keinen Fall unter den Weihnachtsbaum: „Die Kleinen müssen mit ihren eigenen Sinnesorganen die Welt selbst erfassen und nicht auf die blöden Geräusche der Technik reagieren.“ Kinder, die schon früh vor allem elektronisch spielten und kommunizierten, nähmen die „normale Welt“ um sich herum kaum noch wahr: „Sie haben keinen Blick für andere Menschen, keine Frustrationstoleranz und sind egoistisch. Ich kann nur eindringlich warnen: Elektronik hat negative Auswirkungen auf die Psyche der Kinder. Das erlebe ich regelmäßig in meiner Praxis.“
Puzzle, Spiele, Vorlesebücher: Kleinkinder lassen sich für vieles begeistern
Kleine Kinder lassen sich Winterhoff zufolge für vieles begeistern. Das könnten für das jeweilige Alter passende Puzzle, Spiele oder Vorlesebücher sein. Auch Memory spielten die meisten gerne: „Sie freuen sich, wenn man etwa gemeinsam macht.“ Zudem empfiehlt er, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern ab fünf Jahren eine Wunschliste erstellen. Dass Kinder Wünsche äußern könnten, aber auch die Spannung aushalten müssten, ob sie wirklich in Erfüllung gehen, sei eine wichtige Erfahrung. Eltern sollten zudem ihre Geschenke in Ruhe aussuchen: „Doch viele sind so gestresst, dass sie nicht darüber nachdenken, was pädagogisch wertvoll sein könnte.“ Ein weiteres Tabu für Winterhoff: Kinder unter 14 Jahren sollten noch kein Smartphone besitzen, auch wenn Klassenkameraden bereits eines hätten: „Ein einfaches Handy zum Telefonieren ist vollkommen ausreichend.“ Falsch sei es auch, Kindern direkt Geld zu schenken. In Absprache mit den Eltern könne man Geld aber auf ein Sparkonto des Kindes einzahlen.
Schenken Sie Ihren Kindern Zeit!
Winterhoff empfiehlt Eltern, dem Nachwuchs vor allem Zeit zu schenken: „Wie häufig sind die Eltern beim gemeinsamen Essen mit den Gedanken woanders, tippen selbst auf dem Smartphone herum oder im Hintergrund dudelt das Radio.“ Die Genervtheit der Eltern übertrage sich auf die Kinder: „Konzentrieren Sie sich auf das Essen und die Kinder – nicht nur an Weihnachten. Wie soll ein Kind lernen, was im Leben wichtig ist? Dass es um Beziehungen und Bindungen geht?“ Dafür brauche es keine großen Geschenke: „Ein festlich geschmückter Baum, Zeit zum Spielen und Gemeinschaft: Das ist auch für Kinder herrlich.“
Erziehungsexpertin von Team.F: Spielzeug sollte die Kreativität wecken
Ähnlich äußerte sich die Erziehungsexpertin Heidi Goseberg (Lüdenscheid) von der christlichen Ehe- und Familienarbeit Team.F.: „Weniger ist mehr“, sagte sie idea. Wichtig sei es, sich als Verwandte gemeinsam mit den Eltern im Vorfeld von Weihnachten Gedanken über Geschenke zu machen. Empfehlenswert sei ein Spielzeug dann, „wenn Kinder damit kreativ etwas schaffen können“, etwa Bausteine oder Bastelmaterialien. Älteren Kindern könne man beispielsweise eine preiswerte Digitalkamera schenken. „Damit können sie dann am Computer ein Fotobuch gestalten“, so die vierfache Mutter und neunfache Großmutter. Ein anderer Rat: Im Zweifelsfall sei es besser, einem Kind zusammen mit anderen Verwandten etwas Hochwertiges und Teures zu schenken als „irgendetwas aus billigem Plastik, das schnell seinen Reiz verliert und auch leicht kaputt geht“.
Termin der Geschenkübergabe sorgfältig planen
Auch den Termin der Übergabe der Geschenke müsse man sorgfältig planen. Es bringe nichts, alle Geschenke aus der gesamten Verwandtschaft unter den Weihnachtsbaum zu legen und an Heiligabend auszupacken. Dann seien Kinder nur damit beschäftigt, die Pakete zu öffnen und beachteten kaum, von wem sie was sie bekommen hätten. Grundsätzlich liege man nicht falsch, so Goseberg, wenn man Kindern altersgerechte Bücher schenke. Bebilderte Sachbücher, die sie vor vielen Jahren für ihre Kinder gekauft habe, nähmen heute noch die Enkelkinder gerne zur Hand. Dass in Deutschland jeder an Weihnachten Presseberichten zufolge im Durchschnitt 466 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgeben wolle, hält Goseberg für „völlig überzogen“. Die Vorweihnachtszeit ist für Spielwarenhändler in Deutschland traditionell die wichtigste Zeit des Jahres. 2016 erwirtschafteten sie in der Zeit 28 Prozent ihres Jahresumsatzes in Höhe von 3,1 Milliarden Euro.