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Sieben renommierte Psychotherapeuten und Neurobiologen fordern ein Grundgehalt für Eltern in den ersten drei Lebensjahre des Kindes.
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Sieben renommierte Psychotherapeuten und Neurobiologen haben sich gegen eine staatliche Förderung der Fremdbetreuung von Kindern unter drei Jahren gewandt. Sie fordern stattdessen eine Familienpolitik, die es Eltern erlaube, ihre Kleinkinder selbst zu betreuen. Das erklären die Experten in einer Stellungnahme zum „Tag des Kindes“ am 1. Juni, die der Verband Familienarbeit (Freiburg) veröffentlicht hat. Zu den sieben Unterzeichnern gehören der Psychoanalytiker und Psychiater Hans-Joachim Maaz (Halle/Saale), der Leitende Arzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bielefeld-Bethel, Rainer Böhm, und der Neurobiologe Gerald Hüther (Göttingen).

Demokratisches und tolerantes Verhalten lernt man in der Familie

Sie begründen ihre Haltung unter anderem mit wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Bindungs- und Hirnforschung. Diese zeigten: „Gute Beziehung verbessert die Chancen von Erziehung. Bindung ist die wichtigste Voraussetzung für Bildung. Die Fähigkeit für demokratisches, freiheitliches und tolerantes Verhalten wird durch die frühe Beziehungsqualität zwischen Eltern und Kind gewonnen.“ Nach Ansicht der Psychotherapeuten sollten Kinderkrippen für unter Dreijährige „nur aus Not- und Ausnahmegründen vorgehalten werden mit optimalen Betreuungsmöglichkeiten durch einen hohen Personalschlüssel“ (2-3 Kinder pro Betreuer). Sie fordern ferner ein Grundgehalt für Eltern für die ersten drei Jahre eines Kindes einschließlich sozialer Absicherung. Es könne alternativ auch zur Finanzierung einer außerhäuslichen Betreuung nach Wahl der Eltern verwendet werden. Ferner solle man die Teilzeitarbeit von Eltern bei gleichzeitigem Karriereschutz erleichtern, zum Beispiel in Form von Büroarbeitsplätzen zu Hause.

Verband: Psychotherapeuten müssen später Schäden durch Fremdbetreuung behandeln

Der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Familienarbeit, der Arzt Johannes Resch (Annweiler), kritisiert zum „Tag des Kindes“, dass es die Politik Eltern immer schwerer mache, die eigenen Kinder zu betreuen. Die Folgen hätten vor allem die Heranwachsenden zu tragen, „was später in erster Linie von den Psychotherapeuten bemerkt wird und behandelt werden muss“. Der Verband Familienarbeit setzt sich für Wahlfreiheit ein. Eltern sollten selbst entscheiden, ob sie die Arbeit in der Familie leisten oder erwerbstätig sind, ob sie die Erziehung der Kinder delegieren oder beides miteinander vereinbaren. Dabei dürften sie wirtschaftlich nicht ins Abseits geraten. Erst durch eine Bezahlung der Familienarbeit sei die Wahlfreiheit tatsächlich gewährleistet.