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Jugendliche gehören zu den von der Corona-Krise meist betroffenen Bevölkerungsgruppen: Oft stärker als andere leiden sie darunter, dass das Treffen mit Freunden und Knüpfen neuer Kontakte derzeit nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich und viele Angebote für sie kaum zugänglich sind. Kreative Lösungen müssen gefunden werden, veranschaulicht das offene Jugendzentrum "Come in" der Salesianer Don Boscos im 23. Wiener Gemeindebezirk. "Wir haben unsere Räumlichkeiten virtuell nachgebaut, damit sich die Jugendlichen einander zumindest online treffen können", berichtete dessen Leiter Lukas Manzenreiter am Donnerstag gegenüber Kathpress.

Ein Stück Normalität sei das, was Kinder und Jugendliche derzeit am meisten wünschten, so Manzenreiters Eindruck. Das bedeute: "Persönlichen Kontakt mit ihrer Peergroup zu halten, zu kuscheln, quatschen, sporteln, blödeln, und vor allem nicht immer psychisch im Korsett der Corona-Regeln unterwegs sein zu müssen." Normalität könnten Jugendzentren jedoch derzeit nicht bieten. Man sei daher um eine Annäherung zumindest in Ansätzen bemüht - wofür eine fast maßstabsgetreue digitale Kopie der gesamten Einrichtung auf der Plattform gather.town erstellt wurde.

Besucher des virtuellen "Come in" bewegen sich als Spielfiguren durch die digitalen Räume und können gemeinsam interagieren. Steht man nahe zu anderen Figuren, werden automatisch Videochats aufgebaut, wobei abseits stehende Gruppen nicht zuhören können. An den üblichen Aufenthaltsorten im Jugendzentrum wurden kleine Mini-Games integriert, an denen gemeinsam Bilder gezeichnet, Karten gespielt oder Sudokus gelöst werden können. Videos auf diversen Monitoren bieten ebenso pädagogische Aufarbeitung mancher Inhalte wie auch einfach Unterhaltung. Auch ein gemeinsames Hausaufgaben-Erledigen mit anderen Anwesenden ist möglich.

Das neue Angebot werde laut Manzenreiter gut angenommen von den Jugendlichen, die durch die vertrauten Räumlichkeiten wandern und über die verspielten Angebote interagieren. Eine Lösung für die Situation oder ein Ersatz der persönlichen Arbeit sei dies freilich alles nicht.

Jugendarbeit mit hohen Schwellen

Das physische "Come in" in Wien-Inzersdorf ist derzeit nicht im kompletten Lockdown, doch darf es nur von einer Person pro 20 Quadratmeter Fläche betreten werden, besagt die vom zuständigen Magistrat erteilte Auflage, die sich jedoch ständig ändert. Vom klassischen offenen Betrieb der Einrichtung sei man weit entfernt, erklärte dessen Leiter. "Wer kommt, muss Name, Telefonnummer und Adresse hinterlassen, die Hände desinfizieren, FFP2-Maske tragen und Abstand wahren." Auch für die wenigen erlaubten Besucher seien die Vorgaben somit "alles andere als niederschwellig". Das Team vor Ort hat den Betrieb auf Kleinstgruppen von zwei bis maximal vier Personen umgestellt, wobei die Beratung bei Krisen im Vordergrund steht.

Solche gibt es angesichts der Umstände mehr denn je, so der Eindruck Manzenreiters. Etwa, wenn bei Jugendlichen eine Verwaltungsstrafe wegen Verletzung einer Corona-Vorsichtsregel ins Haus steht, die man nicht finanzieren kann oder bei Gewalt in der Familie, doch auch Lernschwierigkeiten, Schulwechsel, Mobbing und Liebesprobleme sind Themen, "da ja die vielen kleineren und größeren Lebenskrisen junger Menschen wegen Corona keine Pause machen."

Beeindruckt ist der Sozialarbeiter von der Kooperation, die er aufseiten der Jugendlichen wahrnimmt: "Den meisten ist bewusst, dass es bei der Einhaltung der vielen Vorsichtsregeln um Solidarität mit anderen Altersgruppen geht, für die eine Coronaerkrankung ein höheres Risiko darstellt als für sie. Die Frage 'Warum müssen wir das alles machen?' hört man bei uns nie. Allen ist klar, dass sie damit einen Beitrag leisten, dass das System weiter funktioniert."