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Ein Ordensmitglied soll über viele Jahre hinweg 50 Kunstwerke des Stiftes Kremsmünster verkauft haben. Ihr Wert wird auf 300.000 Euro geschätzt. Von 21 Kunstwerken fehlt weiterhin jede Spur. Nachdem der Fall nun publik wurde, sprach der Kremsmünsterer Abt Ambros Ebhart am Dienstag und Mittwoch gegenüber mehreren Medien von einem "großen Vertrauensbruch" seitens des Verdächtigen. Dem Ordensmann könnte neben einem Gerichtsverfahren auch der Ausschluss aus dem Orden drohen. Der Abt fühlt sich hintergangen.

Wie die "Oberösterreichischen Nachrichten" (Mittwoch) berichteten, sei der Verdächtige 20 Jahre lang, von 1997 bis 2017, Kustos der Kunstsammlung des Benediktinerstiftes gewesen. Der aus Deutschland stammende Pater war damit Herr über 2.200 Gemälde, 70 Ikonenbilder, 2.000 Kupferstiche und historische Objekte der Rüstkammer. Er war auch für das bekannteste Stück der umfangreichen Sammlung zuständig: den Tassilokelch. Wie Abt Ambros gegenüber der Zeitung betonte, hätte der Kustos für seine Handlungen immer das Einverständnis des Abtes gebraucht. "Ohne meine Erlaubnis darf er nicht einmal Stücke verleihen", so der Abt wörtlich.

Konsequenzen im Orden

Dass Kunstwerke fehlen, fiel erst vergangenen Mai auf, als der neue Kustos im Amt, P. Altman Pötsch, eine Inventur durchführte. Als das Stift daraufhin Anzeige bei der Polizei erstattete, gab der verdächtige Mönch zu, die Sammlerstücke verkauft zu haben. Er habe so Geld für die Restaurierung anderer Werke sammeln wollen, gab der 55-Jährige an. Der Ordensmann, der sein Gelübde auf Lebenszeit vor mehr als 30 Jahren im Stift Kremsmünster abgelegt hatte, dürfte seit Dezember nicht mehr im Stift gewesen sein. Er sei allerdings noch Mitglied des Ordens, berichteten die "Oberösterreichischen Nachrichten". "Unabhängig vom Strafrecht werden seine Taten auch bei uns Konsequenzen haben. Das kann bis zum Ausschluss aus dem Orden gehen", so der Abt.

Unterdessen laufen bei der Staatsanwaltschaft Steyr die Ermittlungen. In der ersten Februarwoche sollen weitere Vernehmungen stattfinden, auch der Abt soll als Zeuge auftreten. Das Verfahren werde wegen schweren Diebstahls geführt, es könne sich aber auch in Richtung Untreue oder Veruntreuung bewegen.

Mittlerweile sind einige Kunstwerke wieder zurückgekehrt. Händler hätten ihre Geschäfte rückabgewickelt. Nach 21 Stücken wird noch gesucht. Für sie hat das Bundeskriminalamt am Dienstag eine Kulturgutfahndung veröffentlicht.

"Solche Kunstwerke landen vermutlich im Kunsthandel, aber nicht im seriösen. Oder sie werden unter der Hand an private Interessenten verkauft", so Karin Mayer, Leiterin des Bereichs Kultur und Dokumentation der Ordensgemeinschaften Österreich, gegenüber den "Oberösterreichischen Nachrichten".