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"Was hat Gott mit uns vor in dieser Zeit?": Dieser Frage müssten sich die Ordensgemeinschaften heute verstärkt stellen, wie Sr. Christine Rod, Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz, im Interview mit der Kooperationsredaktion der Kirchenzeitungen betonte. "Orden sind gesellschaftskritisch und glauben an eine andere Wirklichkeit, das nennen wir Hoffnung". Das heiße im Gegenzug aber nicht, dass "wir die ganze Gesellschaft schlecht finden", so Rod wörtlich. Viele Orden hätten ein starkes ökologisches Bewusstsein und setzten es auch um, etwa große Stifte mit ihrer Land- und Forstwirtschaft. Auch das Thema Bildungsarbeit sei den Orden sehr wichtig.

Jüngere Ordensfrauen würden in ganz verschiedenen Feldern arbeiten; von der Umwelt-Technologie bis zum Kampf gegen Menschenhandel, als Intensivkrankenschwester oder Theologieprofessorin.

Die Aktivitäten seien aber nicht alles, was Orden ausmachen, betonte Rod: "Tun und Sein verbinden sich zum Zeichen und Werkzeug für die Gegenwart Gottes. Errungenschaften wie geregelte Gebetszeiten halten wir wach. Wir sind im guten Fall Expertinnen und Experten in Spiritualität." So beschäftige man sich in manchen Ordenshäusern mit der neuesten spirituellen Literatur, viele Orden würden auch geistliche Begleitung anbieten.

Rod verwies auf den Pastoraltheologen Rainer Bucher, der von einer "fluiden Gesellschaft", einer Gesellschaft im Fluss, spricht. "Den Glauben wie ein fertiges Paket weiterzugeben, funktioniert nicht mehr. Wir können Angebote machen und gute Bedingungen schaffen." Aktuell sei es Aufgabe der Orden "gezielt zu gestalten". "Wir können nicht die Hände in den Schoß legen und warten, was kommt", zeigte sich die Generalsekretärin überzeugt. Sie äußerte sich anlässlich des bevorstehenden kirchlichen "Tages des geweihten Lebens" (2. Februar).

Veränderungen notwendig

Als Herausforderungen für Orden bezeichnete Rod im Interview das Zusammenleben und -arbeiten der Generationen: "Es gibt zum Beispiel jüngere Ordensfrauen, die tolle Sachen machen. Wir haben aber viele ältere Mitschwestern, die gerne in Gedanken der Vergangenheit nachhängen. Die Jüngeren haben eine andere Lebensweise. Dadurch entstehen Parallelstrukturen in den Orden."

Orden, die früher in großen Gemeinschaften und großen Häusern lebten, gingen bewusst auf Kleingemeinschaften über. "Das ist die normale Lebensart", so Rod, die zudem betonte: "Die älteren Mitschwestern, die das Beste ihrer Lebenskraft gegeben haben, dürfen auch alt sein. Die Leitung muss das abpuffern, damit beide Lebensarten in einem Orden Platz haben."

Im Vergleich zu früher müssten die Orden freilich auch einen ordentlichen Bedeutungsverlust verkraften, wies Sr. Christine Rod, von der Ordensgemeinschaft der Missionarinnen Christi, hin. "Vor 60 Jahren haben die Ordensgemeinschaften einen zahlenmäßigen Gipfel erreicht wie selten zuvor. In den 1970er-Jahren folgten dann Massenaustritte und der Knick in den Eintritten." Erfolgreiche Institutionen seien daran gewöhnt, erfolgreich zu sein. Daher seien erfolgreiche Organisationen "besonders gefährdet, weil sie verlernt haben zu lernen, sich ständig zu verändern, sich den Umweltbedingungen anzupassen". Das sei in den letzten Jahrzehnten Ordensgemeinschaften, der Kirche insgesamt, aber auch Parteien und Gewerkschaften passiert. "Sie haben es weitgehend nicht geschafft, den sich verändernden Kontext zu erkennen und zu reagieren. Das führte zum Bedeutungsverlust."

So sei etwa die ursprüngliche Relevanz vieler Frauenorden in den allgemeinen Bestand des Wohlfahrtsstaates übergegangen. Rod: "Es gibt heute gute Schulen und Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft. Das waren Erfindungen der Orden, es gäbe sie nicht in dieser Form, wenn die Orden nicht so gute Arbeit geleistet hätten."