Im Wettbewerb mit dem Onlinehandel wünscht sich der Einzelhandel, dass die Läden immer öfter auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet sind. Doch viele bereits genehmigte verkaufsoffene Sonntage wurden von Gerichten gekippt. Meistens hatte ein Bündnis aus Kirchen und Gewerkschaften dagegen geklagt. „Muss so viel Sonntagsschutz sein?“, fragt deshalb die Evangelische Nachrichtenagentur idea in einem „Pro und Kontra“.
Alte Weisheit: Nicht alles tun, was wir können!
Der Landesbischof der mit 2,6 Millionen Mitgliedern größten deutschen Landeskirche, der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, plädiert für einen festen „Tag der Ruhe“. Er kritisiert, dass der im Grundgesetz verankerte Sonntagsschutz seit Jahrzehnten bröckele. Meister: „Gerade in unserer beschleunigten und hoch kommerzialisierten Gesellschaft müssen und können wir uns diese heilsame Unterbrechung des Alltags leisten.“ So könne man sich vor dem Zwang schützen, „unser Herz und unsere Sinne wirtschaftlichen Verwertungsinteressen auszuliefern“. Meister: „Der freie Sonntag ist ein tiefer Ausdruck unserer Freiheit.“ Wie der Landesbischof schreibt, gehört zu Gottes wunderbaren Taten „eben auch sein Nicht-Tun“. Dass Gott nicht unaufhörlich und zwanghaft tätig sei, „verrät eine Weisheit, die uns zur Weisung wird: nicht immer alles tun zu wollen, was wir tun könnten“.
Für Besinnung, aber nicht nur am Sonntag
Anderer Ansicht ist der Landesvorsitzende der FDP Hessen, der Bundestagsabgeordnete Stefan Ruppert (Oberursel bei Frankfurt am Main). Auch er ist als evangelischer Christ der Ansicht, dass der Mensch Zeiten der Besinnung brauche, „aber nicht zwingend am Sonntag“. Zur Begründung verweist er auf die sich rasant verändernde Arbeitswelt. Ein Mehr an Flexibilität ist nach seiner Überzeugung auch ein Geschenk und bedeute Freiheit. Mit seiner Ansicht stehe er nicht allein. Einer Emnid-Umfrage zufolge wollten fast zwei Drittel der Deutschen die Regeln für Öffnungszeiten am Sonntag lockern. Ruppert plädiert deshalb „für eine feste und planbare Zahl verkaufsoffener Sonntage“. Dabei müsse sichergestellt sein, dass derjenige, der am Sonntag arbeitet, einen Freizeitausgleich in seiner Wochenarbeitszeit erhalte. Und für die Sonntagsarbeit sollte es einen fairen Lohnzuschlag geben.