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Das Interview über christliche Werte in der Politik mit Bundeskanzler Christian Kern, Spitzenkandidat der "Sozialdemokratischen Partei Österreichs" (SPÖ), führte Sven Kühne, Herausgeber von GLAUBE.at.

 

AUSSENPOLITIK UND EUROPA

GLAUBE.at Welche Maßnahmen empfiehlt Ihre Partei gegen die zunehmende Terrorgefahr?

Christian Kern Wir fordern 2.500 PolizistInnen mehr auf unseren Straßen, die nach dem Rechten sehen – und dabei über eine zeitgemäße Ausrüstung verfügen. Und damit nach der erfolgreichen Neupositionierung des Bundesheeres die künftigen sicherheitspolitischen Anforderungen erfolgreich bewältigt werden können, ist die Aufnahme von zusätzlich 2.000 Soldatinnen und Soldaten in der nächsten Legislaturperiode erforderlich. Auch wissen wir, dass es grundsätzlich mehr Möglichkeiten für die Polizei in der Terror- und Verbrechensbekämpfung braucht. Die entscheidende Frage ist, wie weit man dabei geht, um auch die Sicherung der Grundfreiheiten der BürgerInnen zu gewährleisten. Denn Sicherheit hat für uns absolute Priorität. Jedenfalls darf bei Vereinigungen, die das Ziel haben, die demokratische Grundordnung des Staates zu untergraben, wie den Salafisten, mit Konsequenzen nicht so lange gewartet werden, bis eine tatsächliche Bedrohung entsteht.

GLAUBE.at Wie sehen Sie die gegenwärtige und künftige Rolle der Türkei in der EU?

Christian Kern Einen Beitritt der Türkei zur EU halte ich derzeit für ausgeschlossen. Allein aus ökonomischen Gründen kann die EU einem Beitritt nicht zustimmen. In Sachen Menschenrechte hat die Türkei nahezu alle roten Linien überschritten. Klar muss sein, wer sich immer weiter von Europa und den europäischen Werten entfernt, kann auch nicht Mitglied werden.

 

BILDUNG UND WISSENSCHAFT

GLAUBE.at Wie stehen Sie zu dem Fach Religion an (öffentlichen) Schulen?

Christian Kern Religion ist ein wichtiger Bestandteil des Fächerkanons an unseren Schulen. Schließlich geht es darum, dass Kinder und Jugendliche – an sozialen, religiösen und moralischen Werten orientiert – Verantwortung für sich selbst, ihre Mitmenschen, die Umwelt und nachfolgende Generationen übernehmen. Religionsgemeinschaften leisten hier mit ihren vielfältigen Aktivitäten und Einrichtungen einen wertvollen und wichtigen Beitrag. Die Sozialdemokratie wird daher selbstverständlich auch weiterhin auf das Recht zum konfessionellen Religionsunterricht bestehen. 

GLAUBE.at Befürworten Sie, dass PädagogInnen der verschiedenen Bildungseinrichtungen religiöse Inhalte in allen Fächern einbringen dürfen?

Christian Kern PädagogInnen muss es im Rahmen ihrer Verantwortung im Unterricht möglich sein, wenn es die konkrete Unterrichtssituation erfordert, auch religiöse Fragestellungen zu gesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen zur Diskussion zu stellen. Ich erachte diesen Punkt für wichtig, um Schülerinnen und Schülern eine eigene Meinungsbildung zu ermöglichen. Denn darum geht es für mich – SchülerInnen zu selbstständigem Denken anzuregen. Ein Ersatz für den Religionsunterricht kann und soll dies nicht sein.

 

ETHIK IN MEDIZIN UND FORSCHUNG

GLAUBE.at Befürworten Sie die Modifizierung menschlicher Embryonen zu therapeutischen Zwecken?

Christian Kern (Anmerkung der Redaktion: Keine Stellungnahme)

GLAUBE.at Soll die Leihmutterschaft in Österreich legalisiert werden?

Christian Kern Nein, hier bin ich weiterhin für ein dezidiertes Vermittlungs- und Kommerzialisierungsverbot.

 

EHE UND FAMILIE

GLAUBE.at Die gesetzlich verankerte Füllung des Begriffs Ehe durch einen Mann und eine Frau ist in der EU gegeben. Wie schützt ihre Partei diese Vorgabe in Österreich?

Christian Kern Als Sozialdemokrat setze ich mich gegen jegliche Formen der Diskriminierung ein. Dazu gehört für mich auch die Beseitigung jeglicher Form der sexuellen Diskriminierung. Ich möchte die Gleichbehandlung aller Menschen in allen Lebensbereichen sichern. Wer sich liebt, soll auch heiraten dürfen. Daher setze ich mich für eine rechtliche Gleichstellung ein und fordere die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen.

GLAUBE.at Der Inzestbereich soll neu geordnet werden. Wie soll dieser Bereich aus der Sicht Ihrer Partei künftig aussehen?

Christian Kern Für uns gibt es im Moment keinen Grund diesen Bereich neu zu ordnen und wir haben in dieser Hinsicht auch nichts geplant.

 

FLÜCHTLINGSKRISE UND INTEGRATION

GLAUBE.at Welche Maßnahmen sind in der Flüchtlingskrise durch die österreichische und europäische Flüchtlingspolitik aus Ihrer Sicht zu treffen?

Christian Kern Klar ist, dass Europa diese Herausforderung gemeinsam bewältigen muss. Ich habe dazu gemeinsam mit Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil einen 7 Schritte Plan vorgestellt. Es braucht ein gemeinsames europäisches Ayslsystem, einheitliche Asylverfahren und eine Lastenverteilung mit standardisierten Leistungen. Hierfür ist mein Vorschlag, Verfahrenszentren außerhalb der EU (zum Beispiel im Niger) einzurichten. Dort sollen die Asylverfahren in Kooperation mit dem UNHCR nach Menschenrechtsstandards durchgeführt werden. Am wichtigsten ist aber die Bekämpfung von Fluchtursachen und die Hilfe vor Ort. Es braucht Anreize für die Menschen vor Ort zu bleiben, wie zum Beispiel eine Art Marshall-Plan für Nordafrika.

GLAUBE.at Welchen Stellenwert nimmt das Asylrecht und die Integration von Flüchtlingen für Ihre Partei ein?

Christian Kern Integration sehe ich als zentrale gesellschaftspolitische Herausforderung. Wir haben die Verpflichtung, den ÖsterreicherInnen und den Menschen, die legal bei uns sind, eine Perspektive auf ein menschenwürdiges Leben zu geben. Menschen, die nach Österreich kommen, haben Rechte und Pflichten. Wer die Rechte in Anspruch nimmt, muss auch die Pflichten erfüllen. Deshalb haben wir bereits heuer das verpflichtende Integrationsjahr für AsylwerberInnen und Asylberechtigte eingeführt, um mit Kompetenzchecks, Sprachmaßnahmen, Arbeitstrainings und vielen weiteren Maßnahmen die Integration von Anfang an zu gewährleisten.

 

GESUNDHEIT UND PFLEGE

GLAUBE.at Religiöse Menschen empfinden ihren "Gewissensvorbehalt" im Gesundheitsbereich immer häufiger bedroht (z.B. durch drohenden Jobverlust bei der Weigerung, an Abtreibungen teilzunehmen). Welche Maßnahmen wird Ihre Partei zum Schutz der Gewissensfreiheit religiöser Menschen treffen?

Christian Kern Kein Arzt und keine Ärztin wird gegen seinen oder ihren Willen dazu gezwungen, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Für mich ist aber auch klar, dass die Möglichkeit für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch für jede Frau bestehen muss. Die SPÖ-Frauen setzen sich hier seit Jahren dafür ein, die Möglichkeit für Schwangerschaftsabbrüche in allen Bundesländern zu sichern.

GLAUBE.at Was unternimmt ihre Partei, um Familien steuerlich zu entlasten bzw. finanziell zu unterstützen, die ihre Kinder und pflegebedürftigen Angehörigen zu Hause betreuen und deswegen auf die Berufstätigkeit eines Partners verzichten?

Christian Kern Eines ist klar: Pflege geht uns alle an. Um diese Pflege sicherzustellen, wollen wir einen Pflegegarantiefonds einrichten. Zusätzlich sollen hier auch noch Einnahmen aus einer Steuer auf Millionen-Erbschaften fließen, die die reichsten 2 bis 3 Prozent in Österreich betrifft. Mit diesen Einnahmen erhöhen wir die Qualität und geben den Menschen, was sie sich verdient haben – eine würdevolle und bedarfsgerechte Versorgung.

 

GLAUBENS- UND GEWISSENSFREIHEIT

GLAUBE.at In welcher Form setzt sich Ihre Partei für Religionsfreiheit in Österreich und weltweit ein?

Christian Kern Die Sozialdemokratie bekennt sich zum Recht auf freie Religionsausübung. Religion darf jedoch nicht zu politischen Zwecken missbraucht werden, ebenso wie Politik nicht für religiöse Ziele instrumentalisiert werden darf. Religions- und Meinungsfreiheit sind Grundwerte unserer Demokratie und gehören als solche bewahrt und geschützt.

GLAUBE.at Viele Menschen sehen die Glaubens- und Gewissensfreiheit in Österreich durch "Antidiskriminierungsmaßnahmen" sowie die Bekämpfung von "Hate Speech" in Gefahr. Was wird Ihre Partei gegen diese Gefahr unternehmen?

Christian Kern Wir müssen im politischen Diskurs wieder zu einer respektvollen Gesprächskultur zurückkehren. Dazu gehört auch die Bekämpfung von Hasspostings, die mittlerweile mitbestimmender Faktor für Meinungsbildung und politische Debatten geworden sind. Hierbei geht es um strafrechtlich relevante Postings und Äußerungen, die Glaubens- und Gewissensfreiheit wird dadurch nicht bedroht sein.

 

GLEICHWERTIGKEIT UND CHANCENGLEICHHEIT

GLAUBE.at Abtreibung von gesunden Kindern sind bis zum 3. Monat straffrei, jene von (möglicherweise) behinderten Kindern bis zum Eintreten der Wehen. Dabei handelt es sich um die so genannte Eugenische Indikation. Die Differenzierung zwischen gesunden und behinderten ungeborenen Kindern ist eine Diskriminierung und widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention. Wie steht Ihre Partei zur eugenischen (=Embryo-pathischen) Indikation?

Christian Kern Schwangerschaftsabbruch aufgrund von embryopathischer Indikation ist eine Entscheidung, die von der Schwangeren gemeinsam mit dem Arzt oder der Ärztin getroffen wird. Diese Entscheidung muss respektiert werden. Das Selbstbestimmungsrecht der Frauen ist für mich in allen Punkten zu respektieren. Es besteht daher auch kein Grund für mich, die bestehende Regelung zu ändern.

GLAUBE.at Aus der Schwangerschaftskonfliktberatung ist bekannt, dass finanzielle Engpässe häufig für die Entscheidung eines Schwangerschaftsabbruch ausschlaggebend sind. Setzen Sie sich für die bundesweite Einführung eines Fonds für schwangere Frauen in Konfliktsituationen ein, um allen Frauen im Entscheidungsprozess Chancengleichheit zu ermöglichen, indem ihnen rasch und unbürokratisch die notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden?

Christian Kern Ich möchte hier an zwei Punkten ansetzen. Ungewollte Schwangerschaften können nur durch gute Verhütung und Aufklärung verhindert werden. Für Frauen, die sich für eine Schwangerschaft entscheiden, ist es wichtig, Chancengerechtigkeit herzustellen. Etwa beim Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, beim Einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld oder der Umsetzung des zweiten Gratis-Kindergartenjahrs.

 

KINDER UND JUGENDLICHE

GLAUBE.at Der Erlass zur Sexualerziehung aus dem Jahr 2015 hat einen starken Fokus auf "Lust und Technik". Die Worte Liebe und Familie kommen darin kein einziges Mal vor. In Schulen wird neunjährigen Volkschülern Analsex erklärt und beschrieben, wie Sperma schmeckt. Wie beurteilen Sie den aktuellen Sexualerziehungserlass und wie stehen Sie zu einer gesetzlich garantierten Informationspflicht der Schule den Eltern gegenüber und die Freiwilligkeit schulischer Sexualerziehung?

Christian Kern Die von Ihnen zitierten Beispiele sorgen auch bei mir für Kopfschütteln und sind auch nicht in dem Erlass vorgesehen. Natürlich muss immer darauf geachtet werden, dass Sexualerziehung auch altersgerecht erfolgt. Ziel soll ein verantwortungsvoller und partnerschaftlicher Umgang mit Sexualität und eine Stärkung des Selbstbewusstseins junger Menschen sein. Das trägt auch dazu bei, Kinder und Jugendliche besser vor Missbrauch zu schützen, weil es ihnen leichter fällt, Vorfälle einzuordnen und darüber zu sprechen.

GLAUBE.at Medien transportieren immer stärker pornografische Inhalte. Insbesondere über neue Medien werden diese Kindern und Jugendlichen immer leichter zugänglich. Wie möchte Ihre Partei den Schutz für Kinder in den Medien erhöhen?

Christian Kern Heutzutage, wo fast jedes Kind mit einem Internetzugang zuhause aufwächst, ist es umso wichtiger, auch den richtigen Umgang mit diesen sogenannten neuen Medien zu vermitteln. Kritische Auseinandersetzung mit digitalen Inhalten gehört hier zu einer wichtigen Kernkompetenz, die wir unseren Kindern vermitteln müssen.

 

LEBENSSCHUTZ UND MENSCHENWÜRDE

GLAUBE.at Unter dem Begriff "würdiges Leben - würdiges Sterben" wird zunehmend eine Euthanasie vorbereitet, die das "freiwillige Ausscheiden aus dem Leben" als edles Handeln verstehen soll. Die ältere Generation soll nicht durch Krankheit eine Belastung für die Gesellschaft, die überwiegend von den Jüngeren finanziert wird, sein. Welchen Schutz strebt Ihre Partei hier an, um auch älteren Menschen einen Lebensstandard zu ermöglichen, der trotz höherem medizinischem Aufwand lebenswert ist?

Christian Kern Wir wollen einen Pflegegarantiefonds einrichten, der allen das Recht auf leistbare Pflege sichert. Denn Menschen, die im hohen Alter krank sind und leiden, haben ein Recht auf menschenwürdige und professionelle Betreuung. Diesen Menschen müssen wir eine Pflege garantieren, die sich an ihren körperlichen und seelischen Bedürfnissen orientiert.

GLAUBE.at Welche Schritte erachten Sie als notwendig, um die Opfer von Menschenhandel in Österreich und in der EU besser zu schützen?

Christian Kern Um im Kampf gegen Menschenhandel Erfolg zu haben, ist ein umfassender Ansatz vonnöten. Europa muss hier gemeinsam agieren und die an MigrantInnen gerichteten Informationskampagnen in den Herkunfts- und Transitländern in Zusammenarbeit mit lokalen AkteurInnen und internationalen Organisationen intensivieren.

 

SCHUTZ FÜR VERFOLGTE CHRISTINNEN

GLAUBE.at Soll Österreich als christlich geprägtes Land eine besondere Solidarität mit diskriminierten und verfolgten Christen in anderen Weltregionen zeigen?

Christian Kern Wir SozialdemokratInnen werden uns immer gegen Verfolgung und Diskriminierung einsetzen – egal, ob diese aufgrund von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit stattfindet.

GLAUBE.at In welcher Form setzt sich Ihre Partei bzw. eine von Ihnen geführte Regierung für die Rechte verfolgter Christen sowie anderer religiöser Minderheiten ein?

Christian Kern (Anmerkung der Redaktion: Keine Stellungnahme)

 

SENIORINNEN UND ALTERSVORSORGE

GLAUBE.at Mit welchen politischen Maßnahmen möchte Ihre Partei die Altersarmut reduzieren bzw. verhindern?

Christian Kern Die Seniorinnen und Senioren können sich auf mich verlassen – wer jahrelang gearbeitet hat, hat sich im Alter ein sicheres Auskommen verdient. Daher haben wir bereits vor der Wahl wichtige Punkte unseres Programms umgesetzt. Mit der Abschaffung des Pflegeregresses haben wir die ungerechte und unsoziale Enteignung beendet, die dazu geführt hat, dass man im Pflegefall alles verloren hat, was man sich ein Leben lang aufgebaut hat. Ich setze mich für eine Anrechnung der Kindererziehungszeiten bei der Berechnung der Beitragsjahre, Rechtssicherheit für Pensionen und ungekürztes Pflegegeld für schwerst behinderte Menschen (+ 720 Euro pro Person pro Jahr) ein. Und ich möchte auch, dass auch BezieherInnen einer Mindestpension von der Steuergutschrift von 110 Euro profitieren. Außerdem setze ich mich für eine Anhebung der Mindestpension für Ehepaare von rund 1.300 auf 1.500 Euro ein.

GLAUBE.at Was tun Sie für das Personal in der Altenpflege, das immer mehr Arbeit mit weniger Pflegeminuten bewältigen muss?

Christian Kern Klar ist, dass wir mehr professionelle Pflege brauchen und Lücken, wo sie bestehen, schließen müssen. Wir werden bis 2022 eine Milliarde Euro mehr in Pflegeberufe und Qualität investieren. Durch gezielte Förderung von regional vorhandenen Pflegeeinrichtungen vermitteln wir qualifizierte arbeitssuchende Personen und entlasten somit vorhandenes Personal und pflegende Angehörige.

 

SICHERHEIT UND KRIMINALITÄT

GLAUBE.at Es wird viel über Terror berichtet, gesprochen und diskutiert. Welchen Beitrag würden Sie dafür leisten, dass die Sicherheit in unserer Gesellschaft trotz der neuen Bedrohungen weiterhin aufrechterhalten werden kann, ohne bloß das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken?

Christian Kern Um den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden, müssen wir investieren. Es braucht ein modernes Sicherheitsmanagement, das anhand der tatsächlichen Anforderungen erstellt wird. Mein Ziel ist es daher, dass 2.500 PolizistInnen mehr auf unseren Straßen nach dem Rechten sehen. Ich habe diese wichtige Forderung auch zur Koalitionsbedingung für eine nächste Regierung gemacht. Weitere wichtige Ziele sind transparente Personalzuteilung, eine durchdachte Planung, die regionale, räumliche und sicherheitskritische Besonderheiten wie Kriminalitätsrate, Aufklärungsrate, Einsatzwege oder nahe Staatsgrenzen berücksichtigt.

GLAUBE.at Welche Änderungen planen Sie in unserem Datenschutzgesetz, um die Arbeit unserer Exekutive zu erleichtern sowie diese besser zu schützen? (Bitte gehen Sie bei Ihrer Antwort konkret auf folgende Punkte ein: Dashcams in Funkwägen, Videoüberwachung in Parteiräumen der Polizeiinspektionen, Einsatz von Body-Cams ohne verbale Vorankündigung)

Christian Kern Als Mitgliedsland der Europäischen Union sind wir an die Dateschutzgrundverordnung gebunden, die im Mai 2018 in Kraft treten wird. Nur allfällige Öffnungsklauseln können wir verändern. Spezifische Datenschutzbestimmungen, wie etwa für gewisse polizeiliche Datensammlungen, müssen im Sicherheitspolizeigesetz direkt bei der Maßnahme selbst geregelt werden. Videoüberwachungen stehe ich grundsätzlich positiv gegenüber. Wichtig ist mir aber, dass diese verhaltnismäßig bleiben und nicht über ihr Ziel hinausschießen.

 

UMWELT- UND KLIMASCHUTZ

GLAUBE.at Wird in Ihrem Regierungsprogramm der Entwicklung eines klimaneutralen öffentlichen und privaten Verkehrsnetzes Vorrang gegeben?

Christian Kern Das Verkehrsnetz weitestgehend klimaneutral zu gestalten, ist natürlich eine wichtige Herausforderung für die kommenden Jahre. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, vor allem im ländlichen Raum, ist eine Aufgabe die ich mir für die nächsten Jahre gesetzt habe. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Ausbau alternativer Kraftstoffe. Ich möchte, dass Österreich Vorreiter in Sachen E-Mobilität wird.

GLAUBE.at Wird sich Ihre Regierung darum bemühen, regionale Klein- und Mittelbetriebe stärker zu fördern, um so unnötige und umweltschädliche Transportwege abzukürzen? Falls ja, wie?

Christian Kern Die Förderung von Klein- und Mittelbetrieben ist mir ein riesengroßes Anliegen. Sie sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. KMU stehen daher im Zentrum meines politischen Handelns. Ich möchte für leistungsgerechte Steuern sorgen und bürokratische Hindernisse auf ein Notwendiges reduzieren. In Zukunft sollen Unternehmen besser bei der Entgeltfortzahlung unterstützt werden, denn gerade für Kleinstbetriebe kann eine Erkrankung oder ein Arbeitsunfall eines Mitarbeiters existenzbedrohend sein. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Abschaffung des Selbstbehalts beim Arztbesuch, von dem Selbstständige noch immer betroffen sind.

 

WIRTSCHAFT UND ARBEITSMARKT

GLAUBE.at Mit welchen Maßnahmen wollen Sie den Standort Österreich im Digitalisierungszeitalter stärken, damit neue Arbeitsplätze entstehen können?

Christian Kern Mein erklärtes Ziel ist es, Österreich zu einem Vorreiter der Digitalisierung zu machen. Diese Veränderungen, die wir gerade erleben, führen zu neuen Formen und einer neuen Verteilung von Arbeit. Um für diese Herausforderungen gerüstet zu sein, ist hier unter anderem die Stärkung der digitalen Kompetenz bei jüngeren und älteren ArbeitnehmerInnen erforderlich. Mit dem bereits beschlossenen Start-Up-Paket unterstützen wir Neugründungen im innovativen Bereich. Es ist wichtig, diese Kompetenzen von Anfang an zu vermitteln. Deshalb erhält künftig jedes Kind nach der Volksschule ein Tablet. In der 9. Schulstufe bekommen die Jugendlichen zudem einen Laptop.

GLAUBE.at Welche Möglichkeiten sieht Ihre Partei, um das Potenzial und den Erfahrungsschatz der älteren Generation am Arbeitsmarkt zu nützen und um die Berufschancen der jungen Menschen zu verbessern?

Christian Kern Eines ist klar: gute Ausbildung sichert nachhaltig bessere Perspektiven für das gesamte Berufsleben. Mit der Ausweitung der Ausbildungsgarantie von 18 auf 25 Jahre haben wir einen ersten Schritt gesetzt. Jedem arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren, der keine abgeschlossene Ausbildung hat, wird eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung angeboten und bezahlt. Mit der Beschäftigungsgarantie für Ältere soll jedem älteren Arbeitslosen nach spätestens einem Jahr Arbeitslosigkeit ein kollektivvertraglich entlohnter Arbeitsplatz angeboten werden. Dazu schaffen wir 40.000 zusätzliche Arbeitsplätze dort, wo sie benötigt werden: in der Pflege, in der Altenbetreuung, beim Ausbau kommunaler Infrastruktur und in der eigenen Gemeinde. Mit der Aktion 20.000 die bereits im Juli angelaufen ist und schon jetzt ein voller Erfolg ist, stellen wir sicher, dass wir nicht auf wertvolle Erfahrung verzichten müssen.

 

GLAUBE.at Vielen Dank für das Gespräch, Herr Bundeskanzler!

 


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Anlässlich der bevorstehenden Österreichischen Nationalratswahl befragte GLAUBE.at die Spitzenkandidaten der wahlwerbenden Parteien. Ein parteiunabhängiges Expertengremium definierte hierzu im Vorfeld 15 relevante Themenbereiche zu denen Christinnen und Christen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Kirchen jeweils zwei Fragestellungen erarbeiteten.

Folgende Organisationen sind Teil des Expertengremiums "Christliche Wahlprüfsteine":