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Als Ergänzung zum Bildungsplan hat Wien einen neuen Leitfaden zum „Umgang mit Religionen, Weltanschauungen und Werten“ erarbeitet. „Die Stadt Wien steht für eine offene, pluralistische Gesellschaft mit einem sicheren Fundament aus eindeutig definierten Werthaltungen“, heißt es einleitend. Diese Werte seien „die Grundlage für eine kultur- und religionssensible Bildung in Wiener elementaren Bildungs- und Betreuungseinrichtungen.“

Grundsätze und Grundwerte

Verpflichtend vorausgesetzt wird bei allen Wiener Kindergärten und Kindergruppen die Anerkennung folgender vier Grundsätze: Des demokratischen Rechtsstaates und dessen Zuständigkeit für Gesetzgebung, Justiz und Exekutive: („Staatliche Gesetze haben gegenüber religiösen Vorschriften Vorrang“), der Gleichberechtigung von nichtreligiösen und religiösen Menschen und von Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit, der Gleichberechtigung der Geschlechter sowie der Offenheit und Dialogbereitschaft gegenüber der Pluralität der Gesellschaft.

Die Anerkennung und Achtung dieser Grundsätze müssen sowohl in den pädagogischen Konzepten und Leitbildern, im Alltag und auch in den Grundsätzen, Schriften, Statuten oder Regelungen jeder Einrichtung eindeutig erkennbar sein.

Weiters sind die Wiener Kindergärten und Kindergruppen zur Anerkennung und Achtung gemeinschaftlich geteilter Grundwerte verpflichtet: Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, Wahrung der Menschen- und Kinderrechte einschließlich der Rechte von Minderheiten.

Verpflichtende Darlegung religiöser Erziehung

Dezidiert festgehalten ist im Leitfaden die verpflichtende Darlegung, ob und wie religiöse Erziehung vermittelt wird:
„Orientiert sich der Bildungsalltag (…) an einer spezifischen Glaubensrichtung, so ist Eltern bzw. Obsorgeberechtigten gegenüber klar zu deklarieren, wie religiöse Erziehung stattfindet.“

In Kürze geht auch die vor dem Sommer angekündigte Novelle des Kindergartengesetzes in Begutachtung, wo die „Darlegung, ob religiöse Erziehung vermittelt wird“ ebenso dezidiert vorgeschrieben wird.

Indoktrinierung und Zwangsausübungen verboten

Klar abgelehnt werden im neuen Leitfaden eine ideologische Indoktrinierung der Kinder oder andere Zwangsausübungen: „Methoden wie Indoktrinieren, Ausüben von Zwang oder Abwerten von Personen anderer ethnischer Herkunft, anderer religiöser oder weltanschaulicher Ausrichtung oder auf Grund ihres Geschlechts sind verboten. Ziel ist die Stärkung kindlicher Kompetenzen für ein selbstbestimmtes verantwortungsbewusstes Leben (…)“

„Mit diesem Leitfaden machen wir deutlich, welche Werthaltungen uns als Stadt in der pädagogischen Arbeit in unseren Kindergärten wichtig sind“, betont Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky. „Für die Umsetzung im Kindergartenalltag sind die PädagogInnen die besten ExpertInnen!“ Insgesamt sei klar: „Jeglicher Zwang, in welcher Form auch immer, hat im Kindergarten nichts verloren!“

Der Leitfaden wurde in Kooperation mit allen Religionsgemeinschaften konzipiert, an alle Kindergartenträger kommuniziert und steht ab sofort im Internet zum Download zur Verfügung:
https://www.wien.gv.at/bildung/kindergarten/pdf/ethik-kiga.pdf

Gesetz und Bildungsplan

Grundsätzlich unterliegen alle Kindergärten und Kindergruppen in Wien den Bestimmungen des Wiener Kindergartengesetzes bzw. des Wiener Tagesbetreuungsgesetzes und müssen die darin enthaltenen Vorgaben einhalten: Dazu zählen nicht nur Anforderungen an die Infrastruktur, sondern auch pädagogische Qualitätsstandards. Die Kindergärten müssen entsprechend pädagogisch ausgebildetes, deutsch sprechendes Personal vorweisen können und die Grundsätze des Wiener Bildungsplanes einhalten.

Entsprechend den Vorgaben des Bildungsplans wird bei Kontrollen in Kindergärten und Kindergruppen bereits jetzt jede Form der Religionsvermittlung hinterfragt: Religion muss ausnahmslos altersadäquat vermittelt werden. Lernen unter starren Zeitstrukturen und vorgegebenen Unterrichtseinheiten ist dabei nicht erlaubt. Feste des Jahreskreises, aber auch Bräuche und Rituale aus unterschiedlichen Kulturen fließen selbstverständlich in die pädagogische Arbeit ein.