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Pianist Albert Frantz und die Abgeordneten Gudrun Kugler und Edith Pfurtscheller (beide ÖVP) werben im Wiener Parlament für ein gesetzlich verankertes Recht auf Kenntnis der eigenen Herkunft.
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Drastische Folgen der anonymen Samen- oder Eizellspende für die so gezeugten Kinder hat der Starpianist Albert Frantz dargelegt. Im Rahmen eines Konzerts mit Vortrag sprach der US-amerikanische Musiker am Dienstag im Empfangssalon des Parlaments in Wien über seine Suche nach seiner genetischen Herkunft. "Wir Spenderkinder haben teils hunderte Geschwister und wurden von den vermeintlichen Eltern - also von denen, denen wir am meisten Vertrauen sollten - hinsichtlich unserer Identität belogen. Das schafft großes Leid und viele psychologische Probleme", so der selbst Betroffene. Die Veranstaltung zum Thema "Recht des Kindes auf Kenntnis der genetischen Abstammung" kam auf Initiative der "Aktion Leben" und der ÖVP zustande.

Frantz kam im US-Bundesstaat Pennsylvania durch Samenspende zur Welt, was ihm jedoch verheimlicht wurde. Nach traumatischer Kindheit erfuhr er mit 30 durch Zufall, "was ich im Unterbewusstsein immer gewusst habe: Dass der Vater, bei dem ich aufwuchs, nicht mein leiblicher war", so der Pianist. Er begann damals, seinen biologischen Vater via DNA-Tests zu suchen, wurde 14 Jahre später tatsächlich fündig, worauf ihn dieser herzlich in seinem Leben aufnahm. Frantz: "Es geht nicht nur um den Vater, sondern auch um die erweiterte Familie: Tanten, Onkeln, Cousinen und Cousins! Meine wiedergefundene Familie und ich sind uns so ähnlich. Manchmal frage ich mich, warum wurden wir überhaupt voneinander getrennt?"

"Die Natur kennt keine Spender, sondern nur Eltern!", so die Überzeugung des Musikers, und weiter: "Gerechtigkeit für die einen darf nicht zur Ungerechtigkeit für die anderen werden." Im Zweifelsfall müssten immer die Rechte der Kinder Vorrang haben - jene, die in der UN-Kinderrechtskonvention in Artikel 7 und 8 festgeschrieben sind: "Das Recht, die Eltern zu kennen, von ihnen betreut und geliebt zu werden, und auch, das Recht auf Kenntnis der eigenen Identität." Dies sollte am besten schon von Geburt an gewahrt werden, ohne verletzende Familiengeheimnisse. Angesichts des rasenden Fortschritts der Reproduktionsmedizin und einer boomenden "Adoptionsindustrie" sei es Aufgabe der nationalen Gesetzgeber, diese Rechte immer weiter aufklaffender Lücken zu schützen.

Handlungsbedarf in Österreich

Seine Wahlheimat Österreich bezeichnete Frantz als ein weltweites Vorbild aus Kindessicht in Sachen Keimzellspende. Die Anonym-Spende war bisher - anders als in den USA - nicht erlaubt, Spenderkinder konnten ab dem Jugendalter die Identität ihrer biologischen Eltern erfahren, zudem müssen Spender altruistisch motiviert sein und dürfen maximal an drei Familien spenden. Dieses Recht bröckelt jedoch immer mehr: Einerseits durch Umgehung im Ausland, andererseits jedoch auch durch jüngste Änderungen im Elternrecht, wonach für gesetzliche Elternschaft bloß die Mutter und ihr Partner bzw. ihre Partnerin bei der Geburt verheiratet sein oder in eingetragener Partnerschaft leben müssen.

Der Nationalrat hat per Entschließungsantrag die Regierung beauftragt, bis Ende April einen Ministerialentwurf betreffend Einrichtung eines zentralen Registers über Samen- oder Eizellspenden zur Begutachtung vorzulegen, wie auch im Regierungsprogramm enthalten ist. Auf rasche Umsetzung drängten im Rahmen des Vortrags die Sprecherinnen für Frauen und Menschenrechte der ÖVP, Elisabeth Pfurtscheller und Gudrun Kugler (ebenfalls ÖVP). Es sei nur natürlich, dass sich Frauen Kinder wünschen und Männer Väter werden wollen, auch wenn es auf natürlichem Wege nicht funktioniert, hielt Pfurtscheller fest, "die Herausforderung ist es, dabei die Kinderrechte nicht zu verletzen". Auch Kugler sah den Gesetzgeber gefordert, "das Recht des Kindes auf seine Identität und seine Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden, so weit als gesetzlich möglich zu schützen". Per Register sollten Jugendliche zumindest mit 14 Jahren erfahren können, wer ihre genetischen Eltern sind.

Garantien statt "Empfehlungen"

Auf ein garantiertes Recht der Spenderkinder über die Kenntnis ihrer genetischen Identität pochte auch "Aktion Leben"-Präsident Johann Hager. Österreichs derzeit geltende "Empfehlungsgesetzgebung", die etwa bei Heimbesamung die Kenntnis und das Festhalten der Identität des Samenspenders durch die Mutter und die zustimmende Person nur als "ratsam, aber nicht zwingend notwendig" erachtet, lehnte er ab. Das Verbot anonyme Samenbeschaffung werde in Österreich ebenso wie Leihmutterschaft über das Ausland ausgehebelt und sei "Tatsache". Hager appellierte auch an die EU: Diese sollte nicht der Leihmutterschaft via Elternschaftszertifikat - das im Rat noch verhindert werden könne - den Boden bereiten, sondern vielmehr ein unionweites Eizellen- und Samenzellenregister einführen.