Es sei "anzunehmen", dass der Termin zwischen dem Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, und dem damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, im März 2019 "ein Versuch war, uns politisch die Grenzen aufzuzeigen." Diese Vermutung hat der Sprecher der Bischofskonferenz, Paul Wuthe, über das zwei Jahre zurückliegende Gespräch geäußert, in dem es um eine mögliche steuerliche Schlechterstellung der Kirche gegangen ist. An unterschiedlichen Standpunkten etwa in der Asylpolitik des damaligen türkis-blauen Kabinetts habe dieser einmalig und folgenlos gebliebene Termin nichts geändert, versicherte Wuthe gegenüber Medien. Die Kirche sei "nicht käuflich".
Der Leiter des Medienbüros der Bischofskonferenz äußerte sich am Dienstagabend in "Religion aktuell" auf Ö1 sowie im "Kurier" (Mittwochausgabe) zu jenen Aufsehen erregenden Chatprotokollen zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz und dem mittlerweile als ÖBAG-Alleinvorstand tätigen Schmid. Darin fand sich auch ein für die Katholische Kirche hochbrisanter Austausch über finanzpolitischen Druck, der auf die Bischofskonferenz ausgeübt werden sollte. Viele Kommentatoren - und auch Paul Wuthe - sahen hier einen Zusammenhang mit der für die damalige ÖVP-FPÖ-Regierung unliebsamen Kritik der Kirche an einer politisch ins Auge gefassten "Sicherungshaft" für Asylwerber. Auch Generalsekretär Schipka hatte am Dienstag die Vermutung geäußert, der unmittelbare Anlass für den Termin mit Schmid sei "die Kritik der katholischen Kirche an einigen politischen Vorhaben der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung" gewesen.
Wuthe stellte dazu im "Kurier" klar: "Wir sind weiterhin für Hilfe vor Ort und für die Aufnahme von Flüchtlingen. Wir lassen uns nicht parteipolitisch kontrollieren und wir sind auch nicht käuflich." Der Austausch zwischen Schipka und Schmid sei ohne Folgen geblieben, auch wenn "das Gespräch ... in dieser Form und inhaltlich ungewöhnlich" gewesen sei. "Unser nach wie vor konstruktives und gutes Verhältnis zur ÖVP und allen anderen Parteien ist durch diesen Termin nicht beschädigt worden", so der Bischofskonferenz-Sprecher.
"Es hat keinen Tauschhandel gegeben"
In "Religion aktuell" versicherte Wuthe zu Spekulationen, die Kirche habe der ÖVP inhaltliche Zugeständnisse gemacht: "Es hat keinen Tauschhandel gegeben." Den Einsatz der Kirche für die Grundrechte, für Religionsfreiheit oder für Mindeststandards in der Asyl- und Fremdenpolitik "kann man nicht abkaufen".
Von der evangelisch-lutherischen Kirche, deren Vertreter ebenfalls die türkis-blaue Flüchtlingspolitik kritisiert hatten, erfuhr "Religion aktuell", bei ihr sei niemand seitens der ÖVP vorstellig geworden.