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„Rechte, die durch die Verfassung geschützt sind, und Grundrechte von Minderheiten sind hier unter die Räder gekommen“, sagt Synodenpräsident Peter Krömer zur Neuregelung des Karfreitags. Die soll jetzt vom Verfassungsgerichtshof geprüft werden.
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Die Evangelische Kirche A.B., die Evangelische Kirche H.B., die Evangelische Kirche A.u.H.B., die Evangelisch-methodistische Kirche und die Altkatholische Kirche in Österreich haben gegen die geltende Karfreitagsregelung am Donnerstag, 26. September, beim Verfassungsgerichtshof einen Individualantrag auf Gesetzesprüfung eingebracht.

Nachdem der Karfreitag als gesetzlicher Feiertag für die Evangelischen Kirchen und die Altkatholische Kirche gekippt wurde, gilt ein „persönlicher Feiertag“, der allerdings aus dem bestehenden Urlaubskontingent zu nehmen ist. Durch die neue Regelung werde „massiv und unmittelbar“ in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Religionsfreiheit eingegriffen, sagt der evangelische Synodenpräsident und Rechtsanwalt Peter Krömer. Er hat den Individualantrag gemeinsam mit weiteren Experten ausgearbeitet und beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Bei der neuen Regelung orten Krömer und die einbezogenen Experten „Verfassungswidrigkeit in mehreren Punkten“.

Offen für konstruktive Gespräche mit allen Beteiligten

Generell weise die neue gesetzliche Regelung in sich „viele Schwächen und gravierende Unklarheiten“ auf und sei daher „unzureichend“, bilanziert der Synodenpräsident. Viele Fragen seien ungeklärt bzw. offen. „Wir fordern weiterhin den Karfreitag als Feiertag für alle oder einen zusätzlichen persönlichen Feiertag und bemühen ums um den Dialog dazu“, erinnert der Synodenpräsident an die aktuellen Resolutionen der evangelischen Synoden. Ziel sei nicht, „eine schlechte Regelung zu verbessern“, sondern durch eine Lösung zu ersetzen, „mit der alle gut Leben können“. Sollte es zu konstruktiven Gesprächen mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften, Parteien und Sozialpartnern kommen, ist für Krömer denkbar, den Individualantrag beim Verfassungsgerichtshof auch wieder zurückzuziehen. Krömer: „Wir wollen nicht die Tür zu Gesprächen zuschlagen.“

„Grundrechte von Minderheiten unter die Räder gekommen“

Verletzt werde, so Krömer, nicht nur das Recht auf gemeinsame Religionsausübung, sondern auch das auf dem Gleichheitsgrundsatz fußende Verbot gegen Diskriminierung und die Grundsatzbestimmung über den religiösen Minderheitenschutz. Krömer: „Rechte, die durch die Verfassung geschützt sind, und Grundrechte von Minderheiten sind hier unter die Räder gekommen.“ Die Abschaffung des Karfreitags sei zugleich auch ein „massiver Eingriff“ in die innerkirchliche Sphäre der betroffenen, gesetzlich anerkannten Kirchen, „somit in deren Religionsfreiheit“, insbesondere was die Kultusfreiheit, die gemeinsame öffentliche Ausübung der Religion, und das Glaubensleben betrifft, erklärt der Synodenpräsident.

Für die betroffenen Kirchen sei der Karfreitag ein „zentraler, wesentlicher kirchlicher Feiertag“. Zugleich sei er vor allem für die evangelischen Kirchen aufgrund der geschichtlichen Erfahrungen während der Reformation, Gegenreformation, anschließender Duldung und wiederum Bedrängung während der Ersten Republik „identitätsstiftend“.

Abhaltung von Gottesdiensten wird erschwert

Da die betroffenen Kirchen Minderheitskirchen sind, werden für die Abhaltung von Gottesdiensten und Messen, die seit Jahrzehnten und nach alten Glaubenstraditionen an vielen Orten vor allem am Vormittag stattfinden, zahlreiche ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebraucht. Durch die neue Regelung und die damit verbundene Unplanbarkeit – kann doch der Dienstgeber trotz fristgerecht gemeldetem persönlichen Feiertag auf Arbeitsleistung bestehen – werde die Abhaltung von Gottesdiensten erschwert und vielerorts auch unmöglich gemacht, kritisiert Krömer.

Schlechterstellung bei Ausübung der Kultusfreiheit

Auch auf dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes bemängelt der Jurist in der geltenden Regelung eine Schlechterstellung bei der Ausübung der Kultusfreiheit gegenüber Angehörigen der römisch-katholischen Kirche. Denn deren Angehörigen wurde durch die neue Regelung kein gesetzlicher Feiertag genommen, der persönlicher Feiertag stehe allen zu, zudem seien alle religiösen Feiertage auch gesetzliche Feiertage. Krömer: „Evangelische müssen sich so für die Ausübung ihrer Religion einen Urlaubstag nehmen, Katholische nicht.“

Recht auf persönlichen Feiertag in der Praxis stark eingeschränkt

Vor allem das Recht auf Ausübung und Auswahl eines persönlichen Feiertags sieht der Jurist stark eingeschränkt. Wenn ein Arbeitnehmer trotz fristgerechter Meldung arbeiten müsse, gebe es zwar erhöhte Entgeltzahlungen, „aber das Recht auf einen persönlichen Feiertag bleibt konsumiert“, es ist somit für Evangelische etwa nicht möglich, dann einen persönlichen Feiertag für den Reformationstag zu beantragen. Außerdem sei es „unverständlich“, warum der persönliche Feiertag zur Ausübung der Religionsfreiheit aus dem Urlaubskontingent genommen werden müsse und nicht zusätzlich gewährt werde. „Was ist, wenn man beispielsweise seinen Urlaub nur wochenweise nehmen kann?“ Dann fehle der persönliche Feiertag für die Religionsausübung.