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Interview mit Jan Ledóchowski, Kandidat der Bundesliste Sebastian Kurz - Neue Volkspartei (ÖVP).
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Das Interview von GLAUBE.at über christliche Werte in der Politik führte GLAUBE.at auch mit Jan Ledóchowski, Kandidat der Bundesliste Sebastian Kurz - Neue Volkspartei (ÖVP) und Präsident der Plattform Christdemokratie. Der Jurist ist verheiratet und wird bald Vater von vier Kindern.

AUSSENPOLITIK UND EUROPA

GLAUBE.at Österreich unterhält viele Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern wie Iran und Saudi-Arabien. Die islamische Republik Iran gilt beispielsweise als größter Sponsor des weltweiten Terrors und negiert das Existenzrecht Israels.
Welche Außenpolitik gedenken Sie gegenüber dem Iran und Saudi-Arabien zu verfolgen?

Jan Ledóchowski Seit neun Jahren nehme ich jährlich an einem Treffen hochkarätiger christlicher Politiker aus allen Kontinenten teil. Mangels einer politischen Vertretung werden die orientalischen Christen von ihren Patriarchen und Bischöfen vertreten. Aus den unzähligen Gesprächen mit ihnen weiß ich, welche Gefahr der politische Islam in ihren Ländern darstellt. Afrikanische Politiker berichten zudem auch von einem stark anwachsenden Einfluss dieser Ideologie in ihren Ländern. Finanziert wird dies großteils von Saudi Arabien, anderen Golfstaaten und dem Iran. Davor darf auch unsere Außenpolitik die Augen nicht verschließen. Das Existenzrecht Israels ist unbestritten und muss von Österreich immer verteidigt werden.

GLAUBE.at Stichwort Brexit: Was wollen Sie machen, um die Einheit Europas in einer Zeit des wiedererstarkenden Nationalismus zu fördern?

Jan Ledóchowski Die Entscheidung Großbritanniens, die EU zu verlassen ist sehr bedauerlich und zwar vor allem deshalb, weil die britische Mentalität und auch ihre politische Tradition einen extrem wichtigen Einfluss auf die EU hatten. Bevor wir die Fehler bei anderen suchen, müssen wir uns fragen, warum der älteste und vielleicht auch reifste demokratische Staat Europas diese Entscheidung gefällt hat und was wir innerhalb der EU ändern müssen. Für mich ist die Antwort klar: Das Prinzip der Subsidiarität (übergeordnete gesellschaftliche Einheiten dürfen nur solche Aufgaben an sich ziehen, zu deren Wahrnehmung untergeordnete Einheiten nicht in der Lage sind) muss in der EU gestärkt und auf allen Ebenen durchgesetzt werden.

BILDUNG UND WISSENSCHAFT

GLAUBE.at Befürworten Sie die Errichtung einer christlichen Privatuniversität in Österreich? Konkret: Wie stehen Sie zur Anerkennung des öffentlichen Status von Campus Danubia als Privatuniversität?

Jan Ledóchowski Ohne mit dem konkreten Fall vertraut zu sein, bin ich selbstverständlich dafür, dass jede Bildungseinrichtung, die die gesetzlichen Vorlagen erfüllt, ihre Tätigkeiten aufnehmen darf. Als Christ ist es mir natürlich ein besonderes Anliegen, dass es viele und vor allem auch gute christliche Bildungseinrichtungen gibt. Wissenschaft und Bildungsvermittlung müssen auf einem Wertefundament stehen.

GLAUBE.at Schulfach Ethikunterricht vs. Religionsunterricht: Wie stehen Sie dazu?

Jan Ledóchowski Es sollte einen verpflichtenden Ethikunterricht für alle Schüler geben, die sich vom Religionsunterreicht abgemeldet haben. Ich gebe aber zu bedenken, dass einiges auch für einen zusätzlichen Religionsunterricht sprechen kann. Susanne Wiesinger beschreibt im Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“ eindrucksvoll die Problematik des islamischen Religionsunterrichts. Der zusätzliche Ethikunterricht könnte in diesem Kontext eine wertvolle Ergänzung sein.

ETHIK IN MEDIZIN UND FORSCHUNG

GLAUBE.at Befürworten Sie die Erzeugung von Mischwesen (Mensch/Tier), um Organe für Transplantationen zu züchten?

Jan Ledóchowski Die Antwort ist eindeutig Nein! Solche Eingriffe sind in Österreich verboten und müssen es auch bleiben. Ganz abgesehen von den Qualen, denen man diese neue Wesen aussetzen würde, hätte das eine Aufweichung der Definition des Menschen zur Folge, was unweigerlich zum Verlust der Menschenwürde als tragfähiges Prinzip führt, da diese im Menschsein verankert ist.

GLAUBE.at Wie stehen Sie zur Leihmutterschaft? Befürworten Sie eine Legalisierung in Österreich?

Jan Ledóchowski Die Leihmutterschaft ist ein Vertrag über die Bestellung eines Kindes mittels künstlicher Befruchtung. Die oftmals aus Entwicklungsländern stammende, biologische Mutter wird von Anfang an ihrer Rechte beraubt. Dabei wird die austragende Mutter oft zu inhumanen Konditionen gezwungen. Es handelt sich effektiv um Kinderhandel und eine Form moderner Sklaverei. Deshalb muss die Leihmutterschaft weiterhin verboten bleiben. Es sind aber meiner Ansicht nach bereits die gesetzlichen Schlupflöcher erkennbar, die womöglich doch zu einer Einführung führen könnten, wie etwa der neue § 44 ABGB zur „Ehe für alle“. Das muss dringend saniert werden.

EHE UND FAMILIE

GLAUBE.at Es gibt Studien (z.B. Coleman, P. (2011) Abortion and mental health: quantitative synthesis and analysis of research published 1995-2009. The British Journal of Psychiatry), die negative Folgen nach einer Abtreibung nachweisen. Zudem gibt es Fachkräfte sowie Organisationen (wie z.B. auch SaveOne), die täglich mit Menschen in Kontakt treten, die unter den Folgen einer Abtreibung leiden. Zu sagen, dass es keine negativen Folgen gibt oder dass Post-Abortion-Syndrom nicht existiert, ist unverständlich. Planen Sie Einrichtungs- und Beratungsstellen finanziell besser zu fördern, welche Schwangere in Krisensituationen helfen sowie Beratungs- und Unterstützungsangebote für Frauen und Familien nach einer Abtreibung bieten?

Jan Ledóchowski Die Volkspartei hat die uneingeschränkte Achtung vor dem menschlichen Leben, auch dem ungeborenen, in ihrem Programm festgeschrieben. Um wirklich die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Mütter Mut zum Kind haben können, darf es keine Denkverbote in der Wissenschaft geben. Die Ursachen und die Folgen der Abtreibung auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene müssen untersucht und veröffentlicht werden. Für mich persönlich scheint die Behauptung, dass eine Abtreibung niemals psychische Folgen hat, sehr unplausibel  und deckt sich auch nicht mit Erfahrungen, die sehr viele Frauen gemacht haben. Die Finanzierung von Beratungsstellen und Unterstützungsangeboten für Schwangere ist mir ein Herzensanliegen!

GLAUBE.at Welchen Wert hat das klassische Familienbild (Vater, Mutter, Kinder) für Sie persönlich? Was wollen Sie tun, damit Österreich familien- und kinderfreundlicher wird?

Jan Ledóchowski Für mich persönlich ist dieses Familienbild nicht nur klassisch, sondern auch die Norm, an der wir uns als Gesellschaft orientieren sollten. Das lässt sich auch sachlich und soziologisch begründen. Dass nicht alle Menschen dieses Familienbild für sich wählen wollen oder können ist selbstverständlich in Ordnung, sollte aber nichts an der gesellschaftlichen und kulturellen Orientierung ändern. Der Familienbonus war übrigens die größte finanzielle Entlastung für Eltern und ein großer Schritt in Richtung Steuergerechtigkeit.

FLÜCHTLINGSKRISE UND INTEGRATION

GLAUBE.at Sollen NPOs Flüchtlinge im Mittelmeer retten und in europäische Häfen bringen?

Jan Ledóchowski Selbstverständlich muss jeder gerettet werden, dem das Ertrinken droht und selbstverständlich soll diese Last nicht nur den europäischen Staaten am Mittelmeer aufgebürdet werden. Aber eine Seenotrettung darf niemals automatisch zu einer Weiterreise nach Europa führen. Das ist der Grund für das finanziell sehr einbringliche Schlepperwesen, der Grund warum Menschen in hochseeuntüchtige Boote verfrachtet werden, die teilweise mutwillig zum Sinken gebracht werden. NPOs haben sich übrigens genauso an die Gesetze zu halten, wie allen anderen Organisationen auch.

GLAUBE.at Sprechen Sie sich dafür aus, dass zum Christentum konvertierte Asylwerber definitiv nicht abgeschoben werden, wenn die Kirche die Rechtmäßigkeit der Konversion bestätigt?

Jan Ledóchowski Grundsätzlich ist jeder Einzelfall von den Behörden und den Gerichten zu prüfen. Meiner Ansicht nach sollten aber die Taufe und die Taufvorbereitung durch eine anerkannte christliche Religionsgemeinschaft als Nachweis der Konversion ausreichen. Denkbar ist, dass die Abläufe vorher mit den Asylbehörden akkordiert werden müssen. Wenn es nach Judikatur des EuGH verboten ist, die behauptete gleichgeschlechtliche Neigung von Asylwerbern durch psychologische Tests zu prüfen, dann ist eigentlich auch eine Prüfung der wahren Bekehrung zum Christentum nicht möglich.

GESUNDHEIT UND PFLEGE

GLAUBE.at Soll der Schutz der Gewissensfreiheit von Menschen im Gesundheitsbereich gesetzlich verankert werden (bspw. wenn ein Arzt oder Hebamme keine Abtreibung durchführen möchte)?

Jan Ledóchowski Die Gewissensfreiheit v.a. im Gesundheitswesen ist ein sehr hohes Gut und ist zu Recht gesetzlich verankert. Allerdings wurde mir glaubhaft berichtet, dass in gewissen Berufsgruppen Personen, die aus Gewissensgründen an bestimmten Tätigkeiten (wie etwas Abtreibungen) nicht beteiligt sein wollen, große Schwierigkeiten haben, ihren Beruf auszuüben. Daran müssen wir arbeiten.

GLAUBE.at Wie stehen Sie zur aktiven Sterbehilfe?

Jan Ledóchowski Der Mensch soll nicht durch die Hand, sondern an der Hand eines anderen Menschen sterben. Ich lehne aktive Sterbehilfe klar ab und fordere eine weitere Stärkung der Palliativmedizin. Beispiele wie etwa Belgien oder Holland zeigen klar, dass selbst eine eng umfasste Öffnung der aktiven Sterbehilfe praktisch unweigerlich eine Ausweitung auf einen weiteren Kreis von Menschen zur Folge hat.

GLAUBENS- UND GEWISSENSFREIHEIT

GLAUBE.at Würden Sie einen Gesetzesentwurf, der den Karfreitag als allgemeinen Feiertag einführt, zustimmen?

Jan Ledóchowski Zunächst will ich das EuGH-Urteil kritisieren, was bei allem Respekt vor der Judikative möglich sein muss. Die bedingungslose Anwendung des Gleichheitssatzes ohne wirkliche Berücksichtigung von Unterschieden wurde hier auf die Spitze getrieben und wird nur vom Erkenntnis des VfGH über die „Ehe für alle“ übertroffen. Wir müssen es als Land und Gesellschaft aushalten, dass eine kleine Religionsgemeinschaft ihren eigenen zusätzlichen Feiertag hat. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die von der Regierung gefundene Lösung für viele unbefriedigend ist. Es ist gut, dass wir vorerst Rechtssicherheit haben, ich wäre aber für eine bessere Lösung offen, wie zum Beispiel dem „Eintausch“ eines Feiertages.

GLAUBE.at Wo sehen Sie die Religionsfreiheit in Österreich gefährdet?

Jan Ledóchowski Am offensichtlichsten gefährdet ist die Religionsfreiheit für die orientalischen Christen und Konvertiten. Ein lieber Freund ist Vorsitzender der koptischen Jugendorganisation. Er hat mir berichtet, dass erstmals in der Geschichte der Kopten in Österreich ein Gottesdienst aus Sicherheitsbedenken abgesagt wurde. Das war eine schlimme Erfahrung für viele Kopten, die aus Ägypten gekommen sind, weil sie dachten, hier in Sicherheit leben zu können. Konvertiten leben hier teilweise unter Lebensgefahr, ihre Tauffeiern finden oft unter Polizeischutz statt und in innerkirchlichen Dokumenten werden falsche Namen verwendet, um diese Personen zu schützen. Wir dürfen niemals akzeptieren, dass es in Punkto Religionsfreiheit in Österreich zwei Standards gibt.

GLEICHWERTIGKEIT UND CHANCENGLEICHHEIT

GLAUBE.at Welche Maßnahmen fordern Sie, um die Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zu verbessern?

Jan Ledóchowski Ein wichtiger Hebel ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zwar für Männer und Frauen. Der Familienbonus, der einen größeren finanziellen Spielraum ermöglicht und der Papamonat sind ein Schritt in die richtige Richtung. Selbstverständlich sollen alle Menschen gleiche Chancen am Arbeitsmarkt haben. Die Debatte wird allerdings meiner Meinung nach durch ein falsches Verständnis von „Gleichheit“ verzerrt. Ich bin für gleiche Chancen, aber nicht für gleiche Ergebnisse, im Sinne von einem Geschlechterverhältnis von 50:50 in allen Bereichen. Unterschiedliche Lebensentscheidungen führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, gleich welches Geschlecht man hat. Man muss akzeptieren, dass es Unterschiede bei den Prioritäten von Männern und Frauen gibt. Unser Ziel muss es sein, allen Menschen die Entfaltung ihres vollen Potentials zu ermöglichen.

GLAUBE.at Wie stehen Sie dazu, wenn bereits Kinder geschlechtsneutral erzogen werden, oder brauchen wir klare Männer- und Frauenbilder?

Jan Ledóchowski Es ist das Recht der Eltern ihre Kinder zu erziehen und ich wünsche mir keine Einmischung seitens des Staates, außer das Kindeswohl wird gefährdet. Meiner Meinung nach, die auch wissenschaftlich gedeckt ist, brauchen Kinder klare Männer- und Frauenbilder um ihre eigene Identität als Mann oder Frau zu festigen. Wie Steven Pinker, der kanadische Psychologe sagt: „Wer behauptet, dass es bei Kindern keinen Unterschied zwischen Buben und Mädchen gibt, hat offensichtlich keine Kinder.“

KINDER UND JUGENDLICHE

GLAUBE.at Adoptiveltern dürfen laut der jetzigen Gesetzgebung ein Kind erst nach 6 Monaten adoptieren. Mit 3 Monaten kann ein Kind Eltern als seine Bezugspersonen von anderen Personen deutlich unterscheiden? Bis dahin dürfen die leiblichen Eltern jederzeit ihr Kind zurückfordern. Sollte diese Zeitspanne zum Wohl der Kinder auf 3 Monate reduziert werden?

Jan Ledóchowski Adoptions-, aber auch Pflegeeltern leisten einen unglaublich wertvollen Dienst, vor allem am Kind, aber auch an der Gesellschaft. Die Freigabe des eigenen Kindes zur Adoption sollte übrigens enttabuisiert werden. Die Alternative ist leider sehr häufig die Abtreibung, obwohl es viele adoptionswillige Eltern gibt. Es gibt kein Recht von Eltern auf ein Kind und schon gar nicht von Adoptiveltern auf ein Kind. Aber es gibt das Menschenrecht eines Kindes auf seine Eltern. Gemeint sind in erster Linie seine biologischen Eltern, sonst wäre Familie ein rein soziales Konstrukt. Wenn es das Kindeswohl erlaubt, dann hat das Kind grundsätzlich ein Recht, mit seinen Eltern zu sein. Insofern wäre ich vorsichtig bei der Verkürzung dieser Frist.

GLAUBE.at Pornografische Inhalte werden Kindern und Jugendlichen über neue Medien immer leichter zugänglich. Wie wollen Sie den Schutz für Kinder in den Medien erhöhen?

Jan Ledóchowski Wir wissen, dass bereits in Volksschulen mit dem Konsum von Pornographie vor allem am Handy begonnen wird. Das hat natürlich einen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes und seiner Einordnung von Sexualität als Produkt. In erster Linie sind natürlich die Eltern gefordert ihren Erziehungspflichten nachzukommen. Der Staat kann aber die richtigen Rahmenbedingungen setzen, indem es zum Beispiel beim Internet Provider verpflichtend eine Opt-In Funktion zur Pornografie geben muss.

LEBENSSCHUTZ UND MENSCHENWÜRDE

GLAUBE.at Die Bürgerinitiative #Fairändern wurde von über 60.000 Österreichern unterschrieben. Derzeit wird #Fairändern im Petitionsausschuss des Parlaments behandelt und beinhaltet 6 Punkte:

  • Offizielle Statistik und anonyme Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen
  • Hinweispflicht des Arztes auf Unterstützungs- und Beratungsangebote für schwangere Frauen 
  • Bedenkfrist zwischen Anmeldung und Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs von mindestens 3 Tagen
  • Informationskampagne über Adoption/Pflege als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch
  • Beendigung der Diskriminierung von behinderten Kindern vor der Geburt
  • Breitgefächertes Beratungs- und Unterstützungsangebot für Eltern, die ein Kind mit Behinderung erwarten.

Welche der 6 Punkte von #Fairändern sollen Ihrer Meinung nach umgesetzt werden? Bitte um eine kurze Stellungnahme zu jedem der 6 Punkte.

Jan Ledóchowski Ich habe Fairändern als einer der Ersten unterzeichnet, nach Kräften unterstützt und mehrere Hundert Unterschriften gesammelt. Alle geforderten Punkte sind umzusetzen.

Nur wenn wir wirklich belastbare Daten zu den Zahlen und Gründen der Abtreibung haben, können wir wirklich versuchen die Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Frauen ermöglicht, ja zu ihrem Kind zu sagen. Die Weigerung solche Daten zu erheben, wird meiner Ansicht nach aus ideologischen Gründen auf dem Rücken der Frauen ausgetragen.

Es sollte keinesfalls der abtreibende Arzt selber das Beratungsgespräch führen. Sein Hinweis auf andere Beratungsangebote sollte verpflichtend sein und dokumentiert werden.

Eine Bedenkfrist, wie z.B. zwei Wochen vor schönheitschirurgischen Eingriffen, dient vor allem dem Schutz der betroffenen Person vor übereilten Entscheidungen, die sicherlich oft in einem emotionalen Ausnahmezustand getroffen werden und leider häufig nicht frei von äußeren Druck sind.

Für mich ist jede Frau, die ein Kind zur Adoption frei gibt und nicht abtreibt, ein Held! Sie hat das Leben des Kindes gerettet und eines der vielen adoptionswilligen Paare überglücklich gemacht. Doch wenn man nach Adoption googelt findet man absolut keine Informationen über die gesetzlichen und praktischen Möglichkeiten. Deshalb ist eine Kampagne dringend notwendig.

Die UN-Behindertenkonvention verurteilt klar jede Form der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung. Deshalb ist es absolut nicht nachvollziehbar, warum Kinder mit Behinderungen bis zur Geburt abgetrieben werden dürfen. Laut Justizministerium reicht bereits ein Risiko von 5 - 10 Prozent und zwar nicht nur bei wirklich schrecklichen Missbildungen, die zum Tod führen, sondern auch bei Blindheit, Epilepsie, Down-Syndrom, Missbildungen von Gliedmaßen usw.

Es ist selbstredend, dass wir die Familien mit behinderten Kindern nicht alleine lassen dürfen. Sie benötigen nicht nur Beratung, sondern auch eine substanzielle Unterstützung. Am wichtigsten ist aber ein Kulturwandel. Der Malteser Hospital Dienst, die größte rein ehrenamtlich tätige Behindertenbetreuungsorganisation, berichtet, dass behinderten Personen häufig ein Unverständnis entgegen gebracht wird, warum keine Abtreibung stattgefunden hat.

GLAUBE.at In Deutschland wird von Gesundheitsminister Jens Spahn eine Studie (vgl. Coleman, P. (2011) Abortion and mental health: quantitative synthesis and analysis of research published 1995-2009. The British Journal of Psychiatry) zu den psychologischen Folgen eines Schwangerschaftsabbruches in Auftrag gegeben. Es gibt internationale Studien, die ein erhöhtes Risiko für psychologische Folgen und Substanzmissbrauch nach einer Abtreibung aufzeigen*. Eine anonyme Statistik zu der Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen und eine dazugehörige Motivforschung ist der erste Schritt, Handlungsbedarf aufzuzeigen und das bereitgestellte Unterstützungs- und Beratungsangebot anzupassen.

Würden Sie eine anonyme Statistik und Motivforschung unterstützen?

Jan Ledóchowski Selbstverständlich unterstütze ich anonyme Statistiken und eine Motivforschung. Nicht nachvollziehbar ist für mich, warum mehr Wissen, mehr Daten und ein besseres Verständnis schaden könnten.

SCHUTZ FÜR VERFOLGTE CHRISTEN

GLAUBE.at Wie wollen Sie verfolgte Christen in Österreich (bspw. Gewalt, Mobbing, bewusste Fehler beim Dolmetschen von Asylanträgen) unterstützen?

Jan Ledóchowski Ein erster Schritt ist eine ehrliche Diskussion über die die Lage dieser Christen in Österreich und auch eine Benennung der Quelle ihrer Gefährdung, nämlich dem politischen Islam. Eine Sensibilisierung von Lehrern, Polizisten, Beamten etc. wäre unbedingt notwendig. Mir wurde vom Vorsitzenden der koptischen Jugendorganisation berichtet, dass vor allem in Wien viele Magistratsmitarbeiter, die einen islamischen Hintergrund haben, weiterhin Vorurteile gegen orientalische Christen oder Konvertiten haben. Die Stadt Wien sollte Schulungen und Qualitätskontrollen in diesen Bereichen einführen. Leider gibt es praktisch keine christlichen Arabisch Dolmetscher. Im Sinne eines gerechten Ausgleichs sollte die Stadt Wien die Ausbildung von solchen Dolmetschern fördern.

GLAUBE.at Wie wollen Sie sich für die Rechte verfolgter Christen sowie anderer religiöser Minderheiten einsetzen?

Jan Ledóchowski Die Christen sind die weltweit am meisten verfolgte Gruppe und ich sehe nicht nur mich, sondern unser gesamtes Land, in der Verantwortung ihnen zu helfen. Sebastian Kurz hat zum Beispiel ganz konkret Projekte im Volumen von einer Million Euro im Nahen Osten beschlossen. Meiner Ansicht nach sollten wir die Kirchen und ihre sozialen Projekte vor Ort unterstützen, denn sie sind häufig einer der wenigen stabilisierenden Faktoren in der Region.

SENIORINNEN UND ALTERSVORSORGE

GLAUBE.at Welche Maßnahmen wollen Sie im Kampf gegen Altersarmut aktuell setzen?

Jan Ledóchowski Niemand soll in Österreich menschenunwürdig leben, schon gar nicht Personen, die ihr Leben lang gearbeitet haben. Leider betrifft die Altersarmut häufig Frauen, die einen großen Teil ihres Lebens der Kindererziehung gewidmet haben und dafür in der Pension keine entsprechende Anerkennung finden. Derzeit werden bei der Anrechnung von Erziehungszeiten auf die Pensionen kinderreiche Mütter benachteiligt. Das ist zutiefst ungerecht.

GLAUBE.at Wie wollen Sie die Altenpflege unterstützen, um die zunehmenden Aufgaben zu bewältigen?

Jan Ledóchowski Die von Sebastian Kurz geplante Pflegeversicherung ist unbedingt notwendig, um uns auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten. Die Bevölkerungsentwicklung der vergangenen Jahrzehnte hat dazu geführt, dass vermehrt Einzelpersonen alleine für die Pflege ihrer Eltern verantwortlich sind. Die pflegenden Angehörigen und ihre Leistungen müssen gewürdigt und gestärkt werden.

SICHERHEIT UND KRIMINALITÄT

GLAUBE.at Im Antisemitismusbericht vom „Forum gegen Antisemitismus“ ist ein deutlicher Anstieg von antisemitischen Vorfällen in Österreich zu sehen (Beschimpfungen/Bedrohungen, Internet/Social Media, Briefe/Anrufe).
Wie will Ihre Partei gegen den steigenden Antisemitismus vorgehen?

Jan Ledóchowski Sebastian Kurz hat vor allem während der EU-Präsidentschaft mehrere Schritte gegen den Antisemitismus gesetzt, wie etwa die große Antisemitismuskonferenz. Ich persönlich denke, dass im Antisemitismus der dümmliche Rassismus seine besonders hässliche Fratze zeigt. Ich sehe aber die Gefahr, dass aus Angst, selber unter Rassismusverdacht zu geraten, häufig verschwiegen wird, dass wir in den letzten Jahrzenten einen islamisch motivierten Antisemitismus „importiert“ haben, der nicht mehr rassisch, sondern religiös begründet, aber deshalb nicht minder ablehnenswert ist.

GLAUBE.at Welche Maßnahmen fordern Sie für eine höhere Sicherheit in Österreich?

Jan Ledóchowski Eine sichtbare Präsenz der Polizei vor allem in problembehafteten öffentlichen Zonen ist sehr wichtig. Hierfür braucht es natürlich ausreichend neue Polizisten.

UMWELT- UND KLIMASCHUTZ

GLAUBE.at Klimawandel: Wie stehen Sie zu einer CO2-Steuer? Wie wollen Sie klimaneutrale Mobilität erreichen?

Jan Ledóchowski Umweltschutz ist wichtig, aber es übertrumpft nicht automatisch alle anderen Anliegen. Wir müssen einen Ausgleich zwischen allen berechtigten Interessen finden und dabei selbstverständlich auf einen verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung achten. Bevor neue Steuern eingeführt werden, sollten erst andere abgeschafft werden.

GLAUBE.at Hunderttausende Jugendliche gehen für Klimaschutz auf die Straßen: Wie reagieren Sie auf „Friday for Future“?

Jan Ledóchowski Auch wenn es unpopulär ist, muss ich zugeben, dass mich die Art der Debatte um den Klimaschutz und ihre Manifestation in „Fridays for Future“ eher beunruhigt. Wir brauchen dringend eine neue ökologische Bewegung, aber in jeder Bewegung muss der Mensch im Mittelpunkt stehen, nicht das Klima und nicht die Bäume. Der Mensch braucht das alles, doch er muss mit seiner Würde Mittelpunkt und Bezugspunkt der Ökologie sein.

WIRTSCHAFT UND ARBEITSMARKT

GLAUBE.at Welche Jobs sind aus Ihrer Sicht Auslaufmodelle? Welche Jobs haben Zukunft? Welche konkreten Maßnahmen empfehlen Sie, um den Standort Österreich zu stärken?

Jan Ledóchowski Es ist offensichtlich, dass durch Digitalisierung und Globalisierung v.a. manuelle Tätigkeiten mit einem hohen Anteil an gleichartigen Abläufen zunehmend nicht mehr von Menschen ausgeführt werden. Aber ich bin Optimist und im Rückblick hat jede technische Neuerung zu einer Verbesserung der Lebensqualität und zu neuen Berufen geführt, für die es zuvor nicht einmal Namen gegeben hat. Die Berufe der Zukunft werden sicherlich v.a. die Kreativität des Menschen fordern und das ist doch eigentlich eine schöne Zukunft. Deshalb müssen wir in den Schulen erstens die digitale Kompetenz fördern und zweitens unser Fähigkeit zum schöpferischen Denken.

GLAUBE.at Wie kann die Jugendarbeitslosigkeit erfolgreich bekämpft werden?

Jan Ledóchowski Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Österreich im internationalen Vergleich zum Glück sehr gering. Der beste Hebel für eine  hohe Beschäftigungsquote ist natürlich eine gute Ausbildung. Die duale Ausbildung in Österreich ist diesbezüglich ein Erfolgsrezept. Allerdings wachsen leider gerade in den Wiener Brennpunktschulen ganze Generationen an jungen Menschen heran, die nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können. Wie sollen diese die Jobs der Zukunft ausüben? Dieses Problem muss ohne ideologische Scheuklappen dringend gelöst werden.

GLAUBE.at Vielen Dank für das Interview, Herr Ledóchowski!

Webseite: www.ledochowski.at


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Anlässlich der bevorstehenden Österreichischen Nationalratswahl befragte GLAUBE.at die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der wahlwerbenden Parteien. Ein parteiunabhängiges Expertengremium definierte hierzu im Vorfeld 15 relevante Themenbereiche zu denen Christinnen und Christen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Kirchen jeweils zwei Fragestellungen erarbeiteten.

Folgende 18 Kirchen und Organisationen sind Partner der christlichen Wahlprüfsteine: