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Interview mit Sebastian Kurz, Spitzenkandidat der Österreichischen Volkspartei (ÖVP).
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Das Interview von GLAUBE.at über christliche Werte in der Politik mit Sebastian Kurz, Spitzenkandidat der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), ist Teil des Leitfadens "Christliche Wahlprüfsteine 2019".

AUSSENPOLITIK UND EUROPA

GLAUBE.at Österreich unterhält viele Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern wie Iran und Saudi-Arabien. Die islamische Republik Iran gilt beispielsweise als größter Sponsor des weltweiten Terrors und negiert das Existenzrecht Israels.
Welche Außenpolitik gedenken Sie gegenüber dem Iran und Saudi-Arabien zu verfolgen?

Sebastian Kurz Es liegt in unserer außenpolitischen DNA, ein Vermittler und ein Ort des Dialoges zu sein. In Richtung des Irans ist es unser Ziel, gemeinsam mit unseren EU-Partnern eine mögliche Eskalation zu verhindern und das Atomabkommen so gut wie möglich zu erhalten. Gegenüber dem Iran vertreten wir klar unsere Position der Wahrung der Menschenrechte, aber auch des Dialogs. Klar ist für uns aber: Das Existenzrecht Israels & seine Sicherheitsinteressen sind für uns nicht verhandelbar.

GLAUBE.at Stichwort Brexit: Was wollen Sie machen, um die Einheit Europas in einer Zeit des wiedererstarkenden Nationalismus zu fördern?

Sebastian Kurz Wir bedauern die Entscheidung Großbritanniens, die EU zu verlassen. Aber wenn es zu einem Austritt kommt, sollte dieser ein geregelter sein. Gleichzeitig müssen wir uns anlässlich des Brexit auch eingestehen, dass in Europa einiges noch nicht funktioniert. Dafür braucht es Lösungen. Als Volkspartei wollen wir Europa verändern, um es zu bewahren. Wir brauchen einen neuen Vertrag für Europa – der Spielregeln festlegt, mit denen die EU auch zur größten Errungenschaft des 21. Jahrhunderts werden kann.

BILDUNG UND WISSENSCHAFT

GLAUBE.at Befürworten Sie die Errichtung einer christlichen Privatuniversität in Österreich? Konkret: Wie stehen Sie zur Anerkennung des öffentlichen Status von Campus Danubia als Privatuniversität?

Sebastian Kurz Privatuniversitäten sind in Österreich erfolgreich etabliert. Die Etablierung neuer qualitativ hochwertiger Hochschulen ist grundsätzlich zu befürworten, die Frage zur Anerkennung des Campus Danubia als Privatuniversität kann jedoch erst beantwortet werden, wenn der Akkreditierungsantrag gemäß §2 PUG mit den damit verbundenen Voraussetzungen vorliegt. Die erforderliche Akkreditierung erfolgt durch die AQ Austria.

GLAUBE.at Schulfach Ethikunterricht vs. Religionsunterricht: Wie stehen Sie dazu?

Sebastian Kurz Wir wollen einen verpflichtenden Ethikunterricht für all jene Schüler, die ohne Bekenntnis sind oder die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben. Ziel des Ethikunterrichts ist es, ein gemeinsames ethisches Fundament zu schaffen, auf dessen Basis ein respektvoller und toleranter Umgang miteinander möglich ist. Insbesondere vor dem Hintergrund einer zunehmend pluralistischen Gesellschaft ist es zentral, die Vermittlung von Grundwerten und das Wissen über verschiedene Religionen sicherzustellen.

ETHIK IN MEDIZIN UND FORSCHUNG

GLAUBE.at Befürworten Sie die Erzeugung von Mischwesen (Mensch/Tier), um Organe für Transplantationen zu züchten?

Sebastian Kurz Eingriffe in die Keimbahn von Embryonen oder von entwicklungsfähigen Zellen sind in Österreich verboten. Das Verbot von genetischen Manipulationen - egal zu welchem Zweck - soll so bleiben wie es ist. Das Fortpflanzungsmedizingesetz und das Gentechnikgesetz enthalten dazu ganz konkrete Bestimmungen und auch einzelne eng beschränkte Ausnahmen. Eine Änderung ist nicht erforderlich.

GLAUBE.at Wie stehen Sie zur Leihmutterschaft? Befürworten Sie eine Legalisierung in Österreich?

Sebastian Kurz Die Leihmutterschaft ist in mehreren Ländern Europas und so auch in Österreich verboten. Aus Sicht der Volkspartei trägt die geltende Rechtslage Medizin-ethischen Standards bestmöglich Rechnung und verhindert, dass die Geburt kommerzialisiert und ein Kind zur Ware wird. Die Bestimmungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes wurden auch von der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bestätigt. Die geltende rechtliche Regelung hält Risiken für alle Beteiligten so gering wie möglich. Das soll auch weiterhin so bleiben.

EHE UND FAMILIE

GLAUBE.at Es gibt Studien (z.B. Coleman, P. (2011) Abortion and mental health: quantitative synthesis and analysis of research published 1995-2009. The British Journal of Psychiatry), die negative Folgen nach einer Abtreibung nachweisen. Zudem gibt es Fachkräfte sowie Organisationen (wie z.B. auch SaveOne), die täglich mit Menschen in Kontakt treten, die unter den Folgen einer Abtreibung leiden. Zu sagen, dass es keine negativen Folgen gibt oder dass Post-Abortion-Syndrom nicht existiert, ist unverständlich. Planen Sie Einrichtungs- und Beratungsstellen finanziell besser zu fördern, welche Schwangere in Krisensituationen helfen sowie Beratungs- und Unterstützungsangebote für Frauen und Familien nach einer Abtreibung bieten?

Sebastian Kurz Als Volkspartei haben wir eine uneingeschränkte Achtung vor dem menschlichen Leben – dem geborenen und dem ungeborenen. Wir vertreten daher die Position, dass Politik und Gesellschaft jene Bedingungen zu schaffen haben, die Mut zum Kind machen und so Abtreibungen vorbeugen. Im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten wollen wir daher Maßnahmen unterstützen, mit denen werdenden Eltern in Konfliktsituationen bestmögliche Beratung und Hilfestellung geboten wird – ganz besonders in Fällen geistig oder körperlich behinderter Kinder.

GLAUBE.at Welchen Wert hat das klassische Familienbild (Vater, Mutter, Kinder) für Sie persönlich? Was wollen Sie tun, damit Österreich familien- und kinderfreundlicher wird?

Sebastian Kurz Das Leitbild der Volkspartei sind Familien mit Kindern (Vater, Mutter, Kinder). Wir schreiben den Menschen aber nicht vor, wie sie zu leben haben. Wir respektieren und anerkennen daher auch andere Formen des Zusammenlebens, in denen Verantwortung und Sorge füreinander getragen wird und die einen Beitrag zu einer stabilen und verantwortungsbewussten Gesellschaft leisten. Mit dem Familienbonus haben wir die größte steuerliche Entlastung geschaffen, die es für Familien in unserem Land je gegeben hat.

FLÜCHTLINGSKRISE UND INTEGRATION

GLAUBE.at Sollen NPOs Flüchtlinge im Mittelmeer retten und in europäische Häfen bringen?

Sebastian Kurz Die Rettung auf hoher See, die lückenlos funktionieren muss, soll künftig stärker durch die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX gemeinsam mit den nationalen Küstenwachen sichergestellt werden. Klar ist: Wer in Seenot ist, muss gerettet werden. Die Rettung von schiffbrüchigen Migranten darf aber nicht automatisch mit einer Weiterreise nach Europa verbunden sein. Daher sollen Migranten nach ihrer Rettung nicht nach Europa, sondern zurück in ihre Herkunfts- oder sichere Transitländer gebracht werden.

GLAUBE.at Sprechen Sie sich dafür aus, dass zum Christentum konvertierte Asylwerber definitiv nicht abgeschoben werden, wenn die Kirche die Rechtmäßigkeit der Konversion bestätigt?

Sebastian Kurz Im Rahmen der Einzelfallprüfung von Asylverfahren müssen alle möglichen Asylgründe geprüft werden. Klar ist aber, dass die Entscheidung über Asyl oder ein humanitäres Bleiberecht unabhängig von der Politik von den Behörden und Gerichten gefällt werden. Gleichzeitig ist es notwendig, die zuständigen Personen aber bestmöglich auf religiöse Themen zu sensibilisieren.

GESUNDHEIT UND PFLEGE

GLAUBE.at Soll der Schutz der Gewissensfreiheit von Menschen im Gesundheitsbereich gesetzlich verankert werden (bspw. wenn ein Arzt oder Hebamme keine Abtreibung durchführen möchte)?

Sebastian Kurz Wir bekennen uns zur Gewissenfreiheit des Einzelnen, die Gewissensklausel ist auch gesetzlich verankert. Wir halten an der geltenden Rechtslage in Österreich fest und sehen derzeit keinen Änderungsbedarf.

GLAUBE.at Wie stehen Sie zur aktiven Sterbehilfe?

Sebastian Kurz Wir haben uneingeschränkte Achtung vor dem menschlichen Leben – dem geborenen und dem ungeborenen. Unser Menschenbild gebietet trotz aller medizinischen Machbarkeit Respekt vor dem Tod. Die Menschen müssen ein Recht auf ein menschenwürdiges Sterben in unserem Land haben. Ein Patient und Angehörige haben ein Recht darauf, die Anwendung aussichtsloser medizin-technischer Methoden abzulehnen. Aktive Sterbehilfe lehnen wir aber klar ab und wollen stattdessen das Palleativ- und Hospizwesen stärken.

GLAUBENS- UND GEWISSENSFREIHEIT

GLAUBE.at Würden Sie einen Gesetzesentwurf, der den Karfreitag als allgemeinen Feiertag einführt, zustimmen?

Sebastian Kurz Infolge des EuGH-Urteils wurde im engen Austausch mit Religionsvertretern eine Neuordnung des Karfreitags diskutiert. Die Bundesregierung hat sich auf eine Lösung geeinigt, die möglichst nah an der bisherigen Regelung ist: Künftig gibt es einen „persönlichen Feiertag“ mit Rechtsanspruch, der im Rahmen des bestehenden Urlaubskontingents beansprucht werden kann und mit dem weiterhin die Religionsausübung ermöglicht wird. Diese Lösung schafft Rechtssicherheit und Gerechtigkeit im Sinne des EUGH-Urteils.

GLAUBE.at Wo sehen Sie die Religionsfreiheit in Österreich gefährdet?

Sebastian Kurz Die Religionsfreiheit ist in Österreich verfassungsrechtlich geschützt. Wir bekennen uns auch zum friedlichen Neben- und Miteinander der Religionen in unserem Land. Grundvoraussetzung muss dabei aber die Beachtung der österreichischen Gesetze und unserer Werte des Zusammenlebens sein. Extremistische Strömungen wie etwa den Politischen Islam lehnen wir daher entschieden ab.

GLEICHWERTIGKEIT UND CHANCENGLEICHHEIT

GLAUBE.at Welche Maßnahmen fordern Sie, um die Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zu verbessern?

Sebastian Kurz Hier gilt es an mehreren Punkten anzusetzen, vor allem aber müssen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mehr in den Mittelpunkt stellen. Auch mit dem mit September in Kraft getretenen Papamonat haben wir eine wichtige Maßnahme umgesetzt. Zusätzlich ist es natürlich wichtig, dass es mehr Bewusstseinsbildung bei den Unternehmen gibt, dass Frauen für die gleiche Arbeit auch gleichwertig entlohnt werden. Nicht zuletzt müssen wir dafür sorgen, dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen.

GLAUBE.at Wie stehen Sie dazu, wenn bereits Kinder geschlechtsneutral erzogen werden, oder brauchen wir klare Männer- und Frauenbilder?

Sebastian Kurz Als Volkspartei bekennen wir uns zur Wahlfreiheit. Das gilt auch für Eltern hinsichtlich der Art ihrer Kindererziehung. Das Kindeswohl muss jedoch zu jeder Zeit im Mittelpunkt stehen. Nur so kann eine ungehinderte Entfaltung und Entwicklung zu eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten unserer Kinder sichergestellt werden.

KINDER UND JUGENDLICHE

GLAUBE.at Adoptiveltern dürfen laut der jetzigen Gesetzgebung ein Kind erst nach 6 Monaten adoptieren. Mit 3 Monaten kann ein Kind Eltern als seine Bezugspersonen von anderen Personen deutlich unterscheiden? Bis dahin dürfen die leiblichen Eltern jederzeit ihr Kind zurückfordern. Sollte diese Zeitspanne zum Wohl der Kinder auf 3 Monate reduziert werden?

Sebastian Kurz Eine Adoption ist grundsätzlich eine sehr sensible Angelegenheit für alle Beteiligten, bei der es so behutsam wie möglich vorzugehen gilt. Ein Kind zur Adoption freizugeben, ist eine äußerst weitreichende Entscheidung von großer Tragweite für das weitere Leben, sodass die in der Praxis vorgesehenen 6 Monate durchaus angebracht scheinen und sich auch bewährt haben. An erster Stelle müssen die Rechte des Kindes stehen, nicht die der Adoptiveltern.

GLAUBE.at Pornografische Inhalte werden Kindern und Jugendlichen über neue Medien immer leichter zugänglich. Wie wollen Sie den Schutz für Kinder in den Medien erhöhen?

Sebastian Kurz Digitalisierung ist eine Chance für junge Menschen, wenngleich Herausforderungen und Gefahren, wie z.B. unerlaubter Konsum von pornografischen Inhalten, Cyber-Mobbing etc. damit einhergehen. Wir müssen daher bereits früher – am besten im Kindergarten – bei einem verantwortungsvollen Umgang mit Medien ansetzen und die Medienkompetenz der Kinder im Sinne eines umfassenden Verständnisses stärken. Dazu gehört auch, dass sich Eltern bewusst mit den Gefahren für ihre Kinder im Internet auseinandersetzen.

LEBENSSCHUTZ UND MENSCHENWÜRDE

GLAUBE.at Die Bürgerinitiative #Fairändern wurde von über 60.000 Österreichern unterschrieben. Derzeit wird #Fairändern im Petitionsausschuss des Parlaments behandelt und beinhaltet 6 Punkte:

  • Offizielle Statistik und anonyme Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen
  • Hinweispflicht des Arztes auf Unterstützungs- und Beratungsangebote für schwangere Frauen 
  • Bedenkfrist zwischen Anmeldung und Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs von mindestens 3 Tagen
  • Informationskampagne über Adoption/Pflege als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch
  • Beendigung der Diskriminierung von behinderten Kindern vor der Geburt
  • Breitgefächertes Beratungs- und Unterstützungsangebot für Eltern, die ein Kind mit Behinderung erwarten.

Welche der 6 Punkte von #Fairändern sollen Ihrer Meinung nach umgesetzt werden? Bitte um eine kurze Stellungnahme zu jedem der 6 Punkte.

Sebastian Kurz Wir wollen eine vorurteilsfreie Diskussion über diese Petition mit Betroffenen und Experten. Die Möglichkeit behinderte Kinder außerhalb der Fristenregelung bis zur Geburt abtreiben zu können, ist kritisch zu hinterfragen. Änderungen bei der Fristenlösung selbst sind kein Thema. Wir müssen aber werdende Eltern durch verbesserte Rahmenbedingungen und Beratung unterstützen. Wir wollen Frauen in Entscheidungssituationen nicht allein lassen.

GLAUBE.at In Deutschland wird von Gesundheitsminister Jens Spahn eine Studie (vgl. Coleman, P. (2011) Abortion and mental health: quantitative synthesis and analysis of research published 1995-2009. The British Journal of Psychiatry) zu den psychologischen Folgen eines Schwangerschaftsabbruches in Auftrag gegeben. Es gibt internationale Studien, die ein erhöhtes Risiko für psychologische Folgen und Substanzmissbrauch nach einer Abtreibung aufzeigen*. Eine anonyme Statistik zu der Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen und eine dazugehörige Motivforschung ist der erste Schritt, Handlungsbedarf aufzuzeigen und das bereitgestellte Unterstützungs- und Beratungsangebot anzupassen.

Würden Sie eine anonyme Statistik und Motivforschung unterstützen?

Sebastian Kurz Wir unterstützen die Einführung einer anonymen, bundesweiten Statistik zu Schwangerschaftsabbrüchen. Unser Anliegen ist es, nicht nur Klarheit über die Anzahl von Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich zu schaffen, sondern vor allem auch die Gründe für diesen Schritt zu evaluieren. Denn dadurch wird es uns möglich, die Unterstützungsangebote für Frauen noch gezielter auszubauen und insbesondere verbesserte Rahmenbedingungen für schwangere Frauen zu schaffen.

SCHUTZ FÜR VERFOLGTE CHRISTEN

GLAUBE.at Wie wollen Sie verfolgte Christen in Österreich (bspw. Gewalt, Mobbing, bewusste Fehler beim Dolmetschen von Asylanträgen) unterstützen?

Sebastian Kurz Gewalt gegen Andersgläubige hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. Intoleranz, egal ob schon lange in Österreich vorhanden oder neu hinzugekommen, muss konsequent bekämpft werden.

GLAUBE.at Wie wollen Sie sich für die Rechte verfolgter Christen sowie anderer religiöser Minderheiten einsetzen?

Sebastian Kurz Weltweit werden rund 200 Millionen Christen verfolgt. Damit sind sie die meistverfolgte religiöse Gruppe. Als christlich-soziale Partei sehen wir uns in der Verantwortung, den bedrohten Christen mit gezielter Hilfe in ihren Herkunftsländern beizustehen. Die letzte Bundesregierung hat etwa konkrete Projekte im Volumen von einer Million Euro für verfolgte Christen im Nahen Osten beschlossen. Darüber hinaus wollen wir die Rolle des EU-Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit auch außerhalb der EU stärken.

SENIORINNEN UND ALTERSVORSORGE

GLAUBE.at Welche Maßnahmen wollen Sie im Kampf gegen Altersarmut aktuell setzen?

Sebastian Kurz Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, hat es sich verdient, seinen Lebensabend in Würde zu verbringen. Wir haben daher in der letzten Bundesregierung die deutliche Anhebung der Mindestpension umgesetzt. Darüber hinaus werden Bezieherinnen und Bezieher kleiner und mittlerer Pensionen von einer erst Ende August 2019 beschlossenen sozial gestaffelten Pensionserhöhung profitieren. Damit wird die soziale Absicherung und weitere Verbesserung der Lebenssituation der Seniorinnen und Senioren möglich.

GLAUBE.at Wie wollen Sie die Altenpflege unterstützen, um die zunehmenden Aufgaben zu bewältigen?

Sebastian Kurz Wir wollen das Pflegesystem weiterzuentwickeln und die pflegebedürftigen Menschen und ihre betreuenden Angehörigen nachhaltig unterstützen. Der erste Schritt ist, dass wir Präventionsmaßnahmen ausbauen und gleichzeitig die Pflege zu Hause, im Pflegeheim und in ambulanten Einrichtungen besser absichern. Insbesondere pflegende Angehörige – die meisten davon Frauen – wollen wir stärker unterstützen. Für eine langfristige und nachhaltige Finanzerung wollen wir eine Pflegeversicherung einführen.

SICHERHEIT UND KRIMINALITÄT

GLAUBE.at Im Antisemitismusbericht vom „Forum gegen Antisemitismus“ ist ein deutlicher Anstieg von antisemitischen Vorfällen in Österreich zu sehen (Beschimpfungen/Bedrohungen, Internet/Social Media, Briefe/Anrufe).
Wie will Ihre Partei gegen den steigenden Antisemitismus vorgehen?

Sebastian Kurz Österreich hat eine besondere historische Verantwortung, jüdisches Leben zu schützen. Umso erfreulicher ist, dass wir während der EU-Präsidentschaft Österreichs mit einer großen Antisemitismuskonferenz neue Dynamik in die Debatte bringen konnten. Auf unsere Initiative hin wurde erstmals eine Erklärung zur Bekämpfung von Antisemitismus angenommen, die nun konsequent umgesetzt werden muss. Ein Wiedererstarken des Antisemitismus in Österreich und Europa müssen wir mit aller Kraft verhindern.

GLAUBE.at Welche Maßnahmen fordern Sie für eine höhere Sicherheit in Österreich?

Sebastian Kurz Unsere Polizistinnen und Polizisten sind das Rückgrat der Sicherheit in Österreich. Wir wollen die sichtbare Präsenz der Polizei im öffentlichen Raum erhöhen, um der Bevölkerung wieder mehr Sicherheit zu geben. Um die Handlungsfähigkeit der Polizei sicherzustellen, braucht es jedes Jahr ausreichend neue Polizistinnen und Polizisten. Daher wollen wir den eingeschlagenen Weg fortführen und bei der Polizei weiter zusätzliche Planstellen und Ausbildungsplätze schaffen.

UMWELT- UND KLIMASCHUTZ

GLAUBE.at Klimawandel: Wie stehen Sie zu einer CO2-Steuer? Wie wollen Sie klimaneutrale Mobilität erreichen?

Sebastian Kurz Es gibt bereits jetzt schon CO2-abhängige Abgaben, zB die MöSt oder NoVa. Darüber hinausgehende nationale CO2-Steuermodelle lehnen wir ab, weil sie speziell den ländlichen Raum und sozial Schwächere belasten. Wir wollen eines der ersten Länder Europas sein, das bei der Mobilität auf erneuerbare Energie & Innovation baut – sei es durch Elektrizität, Wasserstoff oder biogene Kraftstoffe. Weiters wollen wir flächendeckenden, leistbaren öffentlichen Verkehr sicherstellen – im urbanen und im ländlichen Raum.

GLAUBE.at Hunderttausende Jugendliche gehen für Klimaschutz auf die Straßen: Wie reagieren Sie auf „Friday for Future“?

Sebastian Kurz Wir anerkennen den Einsatz der Schülerinnen und Schüler für den Schutz unseres Klimas. Unsere größten Errungenschaften bringen uns wenig, wenn wir dabei unseren Planeten und unsere Umwelt zerstören. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass gerade jene, um deren Zukunft es bei dieser Frage geht, ihre Stimme erheben. Unabhängig vom Inhalt der erhobenen Forderungen ist aber wichtig, das Demonstrationsrecht nicht gegen die Schulpflicht auszuspielen und hier auf gutes Zeitmanagement zu achten.

WIRTSCHAFT UND ARBEITSMARKT

GLAUBE.at Welche Jobs sind aus Ihrer Sicht Auslaufmodelle? Welche Jobs haben Zukunft? Welche konkreten Maßnahmen empfehlen Sie, um den Standort Österreich zu stärken?

Sebastian Kurz Die Digitalisierung und Globalisierung haben die Arbeitswelt massiv verändert. Das bringt auch Ängste und Sorgen mit sich. Diese nehmen wir ernst, verstecken uns aber nicht vor den Herausforderungen, sondern wollen sie aktiv in Chancen umwandeln. Nur so können wir sicherstellen, dass die Arbeitsplätze der Zukunft auch in Österreich entstehen und hier für Wohlstand sorgen. Gleichzeitig müssen wir alles daran setzen, dass der Standort Österreich für heimische und internationale Unternehmen attraktiv bleibt.

GLAUBE.at Wie kann die Jugendarbeitslosigkeit erfolgreich bekämpft werden?

Sebastian Kurz Österreich blickt im internationalen Vergleich auf eine vergleichsweise niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Grund dafür ist nicht zuletzt unser Erfolgsrezept der dualen Ausbildung, um das uns viele Länder beneiden. Damit wir in Zukunft noch mehr Jugendliche in Beschäftigung bringen, müssen wir die Veränderungen der Arbeitswelt bereits in der Ausbildung stärker berücksichtigen.  Dabei gilt es vor allem die Lehre attraktiver zu machen, z.B. durch Fokus auf Digitalisierung.

GLAUBE.at Vielen Dank für das Interview, Herr Kurz!


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Anlässlich der bevorstehenden Österreichischen Nationalratswahl befragte GLAUBE.at die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der wahlwerbenden Parteien. Ein parteiunabhängiges Expertengremium definierte hierzu im Vorfeld 15 relevante Themenbereiche zu denen Christinnen und Christen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Kirchen jeweils zwei Fragestellungen erarbeiteten.

Folgende 18 Kirchen und Organisationen sind Partner der christlichen Wahlprüfsteine: