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Interview mit Beate Meinl-Reisinger "NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum" (NEOS).
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Das Interview von GLAUBE.at über christliche Werte in der Politik mit Beate Meinl-Reisinger, Spitzenkandidatin der Partei "NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum" (NEOS), ist Teil des Leitfadens "Christliche Wahlprüfsteine 2019".

AUSSENPOLITIK UND EUROPA

GLAUBE.at Österreich unterhält viele Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern wie Iran und Saudi-Arabien. Die islamische Republik Iran gilt beispielsweise als größter Sponsor des weltweiten Terrors und negiert das Existenzrecht Israels.
Welche Außenpolitik gedenken Sie gegenüber dem Iran und Saudi-Arabien zu verfolgen?

Beate Meinl-Reisinger Bei der Außenpolitik steht für NEOS im Zentrum, dass diese europäisch einheitlich sein muss. Nur durch ein einiges Auftreten gegenüber anderen Akteuren kann Europa etwas erreichen. Der Atom-Deal war bezüglich des Umgangs mit dem Iran ein großer Fortschritt, weil er Regeln aufstellt, deren Verletzung klare Konsequenzen nach sich zieht. Europa muss seine Werte in der Welt bewerben und verteidigen. Mit schwierigen Gesprächspartnern braucht es viel Dialog und das Einwirken der Internationalen Gemeinschaft im Sinne des Friedens und der Menschenrechte. NEOS engagiert sich dafür, dass das in der Politik der EU abgebildet ist. So setzen wir uns für eine gemeinsame Rüstungsexportkontrolle ein, die verhindern soll, dass Staaten, die in gewaltsame Auseinandersetzungen involviert sind, die Menschenrechte nicht achten, die Völkerrecht verletzen keine Waffen mehr aus Europa erhalten. 

GLAUBE.at Stichwort Brexit: Was wollen Sie machen, um die Einheit Europas in einer Zeit des wiedererstarkenden Nationalismus zu fördern?

Beate Meinl-Reisinger Damit Europa endlich die Erwartungen der europäischen Bevölkerung erfüllen kann, muss es demokratischer, handlungsfähiger und bürgernäher werden. NEOS wollen daher einen mutigen Schritt in die Zukunft wagen. Denn nur ein Europa, das souverän und handlungsfähig ist, kann unseren Lebensstil sichern. Dazu brauchen wir grundlegende Reformen der Europäischen Union, weg von kleinstaatlichen Streitereien, hin zu den Vereinigten Staaten von Europa! Wir fordern die Einberufung eines Europäischen Konvents mit breiter Bürger_innenbeteiligung. So bestehen die besten Chancen, nationalistisch-engstirnige Widerstände und politische Blockaden zu überwinden. 

BILDUNG UND WISSENSCHAFT

GLAUBE.at Befürworten Sie die Errichtung einer christlichen Privatuniversität in Österreich? Konkret: Wie stehen Sie zur Anerkennung des öffentlichen Status von Campus Danubia als Privatuniversität?

Beate Meinl-Reisinger Die generelle Fragmentierung des österreichischen Hochschulraums, an dem nicht zuletzt die Bundesländer beteiligt sind, sehen wir problematisch. Undurchsichtige und keiner Kontrolle unterliegende Finanzierungsströme unterlaufen ganz grundsätzlich die bundesweite Hochschulstrategie. NEOS fordert eine deutlichere Offenlegung und Transparenz, um hier überhaupt einmal eine Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

GLAUBE.at Schulfach Ethikunterricht vs. Religionsunterricht: Wie stehen Sie dazu?

Beate Meinl-Reisinger In einer zunehmend fragmentierten Gesellschaft erreichen traditionelle Formen der Wertevermittlung nur mehr einen Teil der Kinder und Jugendlichen. Ein Unterrichtsfach „Ethik und Religionen“ ist ein wichtiger Träger für eine pluralistische, offene und demokratische Gesellschaft. Wissen über Religionen stärkt junge Menschen in ihrer autonomen Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit. Auch wenn Religion Privatsache ist, ist die Auseinandersetzung mit Religionen im schulischen Kontext notwendig. Sie stärkt das wechselseitige Verständnis in unserer pluralistischen Gesellschaft. Politische und weltanschaulich-religiöse Unabhängigkeit sind wichtige Anforderungen, die auch mit laufenden Evaluierungen zu gewährleisten sind. Hierfür braucht es natürlich eine eigene Ausbildung.

ETHIK IN MEDIZIN UND FORSCHUNG

GLAUBE.at Befürworten Sie die Erzeugung von Mischwesen (Mensch/Tier), um Organe für Transplantationen zu züchten?

Beate Meinl-Reisinger Diese Frage spielt auf die japanische Forschung an, die sich damit beschäftigt, Tiere mit menschlichen Organen zu züchten. Die japanische Regierung hob ein Verbot dieser Forschung auf, da nicht davon auszugehen ist, dass diese zur Züchtung von Mensch-Tier-Chimären führen würde. Diese Forschung befindet sich bisher noch in der Nische und ist nicht gerade die zentrale Ethikdebatte, die Österreich im Moment beschäftigt. Sollte das hier ein Thema werden, gilt es natürlich, die ethischen Implikationen solcher Forschung eingehend mit Expert_innen zu beleuchten, bevor hier eine Entscheidung getroffen werden kann.

GLAUBE.at Wie stehen Sie zur Leihmutterschaft? Befürworten Sie eine Legalisierung in Österreich?

Beate Meinl-Reisinger Wir sehen vor allem die kommerzielle Leihmutterschaft sehr kritisch und ethisch höchst bedenklich. In Österreich gibt es gute Gründe für ein Verbot - ethischer, medizinischer und vor allem auch rechtlicher Natur.

EHE UND FAMILIE

GLAUBE.at Es gibt Studien (z.B. Coleman, P. (2011) Abortion and mental health: quantitative synthesis and analysis of research published 1995-2009. The British Journal of Psychiatry), die negative Folgen nach einer Abtreibung nachweisen. Zudem gibt es Fachkräfte sowie Organisationen (wie z.B. auch SaveOne), die täglich mit Menschen in Kontakt treten, die unter den Folgen einer Abtreibung leiden. Zu sagen, dass es keine negativen Folgen gibt oder dass Post-Abortion-Syndrom nicht existiert, ist unverständlich. Planen Sie Einrichtungs- und Beratungsstellen finanziell besser zu fördern, welche Schwangere in Krisensituationen helfen sowie Beratungs- und Unterstützungsangebote für Frauen und Familien nach einer Abtreibung bieten?

Beate Meinl-Reisinger Eine Schwangerschaft abzubrechen stellt für betroffene Frauen häufig eine große körperliche und psychische Belastung dar. Das Ziel muss es deshalb sein, die Anzahl der ungewollten Schwangerschaften zu reduzieren. Selbstverständlich sind wir für die ausreichende Finanzierung von Beratungs- und Betreuungseinrichtungen durch medizinisches und psychologisches Personal. Wir sind fest davon überzeugt, dass ein Ausbau von sexueller Bildung & leichterer Zugang zu Verhütung dringend notwendig sind, damit es erst gar nicht soweit kommt. Körperliche Selbstbestimmung und Integrität sind unbedingt zu schützen – daher muss es für Frauen einen sicheren Zugang zum Schwangerschaftsabbruch geben, und das am besten in jedem öffentlichen Krankenhaus

GLAUBE.at Welchen Wert hat das klassische Familienbild (Vater, Mutter, Kinder) für Sie persönlich? Was wollen Sie tun, damit Österreich familien- und kinderfreundlicher wird?

Beate Meinl-Reisinger Das klassische Familienbild hat niemals die Realitäten und die Vielfalt der Gesellschaft abgedeckt. Biographien, Lebensentwürfe und damit entstehende Bedürfnisse sind unterschiedlich. In einer liberalen und demokratischen Gesellschaft im 21. Jahrhundert dürfen gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Alleinerzieher_innen, Patchworkfamilien etc. nicht schlechter gestellt sein als andere. Eine Familie besteht nicht zwingend nur aus Vater, Mutter und Kindern, sondern aus Menschen, die Verantwortung für einander übernehmen.  Damit Österreich familienfreundlicher wird, gibt es viele denkbare Maßnahmen in unterschiedlichen Politikbereichen. Ein Beispiel wäre die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch einen Ausbau der Kinderbetreuungsplätze in städtischen, vor allem aber auch in ländlichen Gebieten. Kinder brauchen außerdem Platz zum Spielen, Platz um sich zu entfalten. Wir setzen uns dafür für ausreichend Parks, Spielanlagen etc. ein. Weiters unterstützen wir Maßnahmen, damit die Möglichkeit der Väterkarenz mehr ausgeschöpft wird, damit auch Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen können und Eltern sich die Betreuungszeiten gleichberechtigt und selbstbestimmt aufteilen können.

FLÜCHTLINGSKRISE UND INTEGRATION

GLAUBE.at Sollen NPOs Flüchtlinge im Mittelmeer retten und in europäische Häfen bringen?

Beate Meinl-Reisinger Die Rettung von Personen, die aus dem einen oder anderen Grund auf europäischem Seegebiet in Seenot geraten sind, muss geordnet und mit klarer Zuständigkeit organisiert werden. Wir wollen einen zivilen europäischen Seenotrettungsdienst, in den auch NGOs eingegliedert werden, die Seenotrettung betreiben. Alle müssen sich an Regeln halten (Personen müssen registriert werden etc.). Gerettete Personen sollen künftig durch ein europäisch einheitliches, schnelles Asylverfahren gehen und werden bei negativem Bescheid rückgeführt. Damit Personen in Staaten wie Libyen vor Tod, Folter und Vergewaltigung sicher sind, soll die EU die Kosten für die dortigen Flüchtlingslager übernehmen, sofern diese dem UNHCR übergeben werden. Dieser kann aus den Camps direkt die schwächsten und hilfebedürftigsten Personen in Staaten bringen, in denen sie einen Asylantrag stellen können, wie das bereits jetzt der Fall ist, damit sie dafür nicht in ein Boot steigen müssen.

GLAUBE.at Sprechen Sie sich dafür aus, dass zum Christentum konvertierte Asylwerber definitiv nicht abgeschoben werden, wenn die Kirche die Rechtmäßigkeit der Konversion bestätigt?

Beate Meinl-Reisinger Wenn Menschen in ihrer Heimat - etwa aufgrund ihres (neuen) Glaubens -  Verfolgung droht, sollen sie in Österreich Schutz bekommen. Dies gilt für alle Religionen gleichermaßen.

GESUNDHEIT UND PFLEGE

GLAUBE.at Soll der Schutz der Gewissensfreiheit von Menschen im Gesundheitsbereich gesetzlich verankert werden (bspw. wenn ein Arzt oder Hebamme keine Abtreibung durchführen möchte)?

Beate Meinl-Reisinger Die derzeitige gesetzliche Lage ist aus unser Sicht ausreichend, da niemand zu diesen Eingriffen gezwungen werden kann.

GLAUBE.at Wie stehen Sie zur aktiven Sterbehilfe?

Beate Meinl-Reisinger Einer so komplexen und sensiblen Frage stellt man sich nicht mit Denkverboten, sondern in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs.

GLAUBENS- UND GEWISSENSFREIHEIT

GLAUBE.at Würden Sie einen Gesetzesentwurf, der den Karfreitag als allgemeinen Feiertag einführt, zustimmen?

Beate Meinl-Reisinger Der Karfreitag wurde von einem gesetzlichen zu einem persönlichen Feiertag und zählt jetzt als Urlaubstag. Es gibt keine Mehrheiten für einen besseren Kompromiss, darum wird die aktuelle Regelung mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehen bleiben.

GLAUBE.at Wo sehen Sie die Religionsfreiheit in Österreich gefährdet?

Beate Meinl-Reisinger Die Religionsfreiheit gewährleistet, sich ab der Religionsmündigkeit seine Religion oder Weltanschauung selbst aussuchen zu dürfen oder frei von Religion zu sein. Hier kann ein Ethik- und Religionenunterricht hilfreich sein.

GLEICHWERTIGKEIT UND CHANCENGLEICHHEIT

GLAUBE.at Welche Maßnahmen fordern Sie, um die Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zu verbessern?

Beate Meinl-Reisinger Eine moderne Familienpolitik muss Rahmenbedingungen schaffen, die es allen Elternteilen ermöglicht, eine stärkere Rolle im Familienleben einnehmen zu können. Frauen müssen gleichberechtigte Möglichkeiten haben, am Arbeitsmarkt zu partizipieren. Ein wesentlicher Schlüssel, um dieser Thematik zu begegnen, ist ein gleichberechtigter Karenzanspruch für beide Elternteile. Die Steuerpolitik und der Lastenausgleich beeinflussen die ökonomische und soziale Sicherheit von Familien bzw. Kindern. Eine entsprechende Infrastruktur mit vielen Kinderbetreuungsplätzen ist eine wesentliche Maßnahme um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu fördern.

GLAUBE.at Wie stehen Sie dazu, wenn bereits Kinder geschlechtsneutral erzogen werden, oder brauchen wir klare Männer- und Frauenbilder?

Beate Meinl-Reisinger Die Erziehung der Kinder obliegt, insofern nicht gegen Gesetze verstoßen wird, den Eltern.

KINDER UND JUGENDLICHE

GLAUBE.at Adoptiveltern dürfen laut der jetzigen Gesetzgebung ein Kind erst nach 6 Monaten adoptieren. Mit 3 Monaten kann ein Kind Eltern als seine Bezugspersonen von anderen Personen deutlich unterscheiden? Bis dahin dürfen die leiblichen Eltern jederzeit ihr Kind zurückfordern. Sollte diese Zeitspanne zum Wohl der Kinder auf 3 Monate reduziert werden?

Beate Meinl-Reisinger In diesem Bereich sehen wir keinen Anlass für eine Gesetzesänderung. 

GLAUBE.at Pornografische Inhalte werden Kindern und Jugendlichen über neue Medien immer leichter zugänglich. Wie wollen Sie den Schutz für Kinder in den Medien erhöhen?

Beate Meinl-Reisinger Wir begreifen die Digitalisierung als Chance, ohne ihre Risiken zu übersehen. Themen wie „Fake News“ oder Cybermobbing müssen als mögliche Gefahren ernstgenommen und thematisiert werden. Wir fordern hier einen starken Fokus auf das Thema Medienkompetenz in den Schulen und der Lehrer_innenausbildung.

LEBENSSCHUTZ UND MENSCHENWÜRDE

GLAUBE.at Die Bürgerinitiative #Fairändern wurde von über 60.000 Österreichern unterschrieben. Derzeit wird #Fairändern im Petitionsausschuss des Parlaments behandelt und beinhaltet 6 Punkte:

  • Offizielle Statistik und anonyme Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen
  • Hinweispflicht des Arztes auf Unterstützungs- und Beratungsangebote für schwangere Frauen 
  • Bedenkfrist zwischen Anmeldung und Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs von mindestens 3 Tagen
  • Informationskampagne über Adoption/Pflege als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch
  • Beendigung der Diskriminierung von behinderten Kindern vor der Geburt
  • Breitgefächertes Beratungs- und Unterstützungsangebot für Eltern, die ein Kind mit Behinderung erwarten.

Welche der 6 Punkte von #Fairändern sollen Ihrer Meinung nach umgesetzt werden? Bitte um eine kurze Stellungnahme zu jedem der 6 Punkte.

Beate Meinl-Reisinger Die Petition #fairändern fordert unter anderem die Abschaffung der embryopathischen Indikation, also den medizinisch herbeigeführten Abbruch einer Schwangerschaft nach der 12. Woche, der unter bestimmten Bedingungen straffrei bleibt. NEOS positioniert sich gegen diese Petition. Die Abschaffung der embryopatischen Indikation würde die Zahl der Abtreibungen sogar erhöhen, weil dann im Zweifel über eine Embryopathie jedenfalls eine Abtreibung innerhalb der 12-Wochen-Frist vorgenommen würde. Für ein Ziel der Verringerung der Zahl der Abtreibungen wäre die Forderung der Petition daher kontraproduktiv.

GLAUBE.at Eine Schwangerschaft abzubrechen stellt für betroffene Frauen häufig eine große körperliche und psychische Belastung dar. Das Ziel muss es deshalb sein, die Anzahl der ungewollten Schwangerschaften zu reduzieren. Selbstverständlich sind wir für die ausreichende Finanzierung von Beratungs- und Betreuungseinrichtungen durch medizinisches und psychologisches Personal. Wir sind fest davon überzeugt, dass ein Ausbau von sexueller Bildung & leichterer Zugang zu Verhütung dringend notwendig sind, damit es erst gar nicht soweit kommt. Körperliche Selbstbestimmung und Integrität sind unbedingt zu schützen – daher muss es für Frauen einen sicheren Zugang zum Schwangerschaftsabbruch geben, und das am besten in jedem öffentlichen Krankenhaus.

Beate Meinl-Reisinger Zur Schaffung eines umfassenden Unterstützungsangebots für Frauen bedarf es weder einer Statistik noch einer Motivforschung.

SCHUTZ FÜR VERFOLGTE CHRISTEN

GLAUBE.at Wie wollen Sie verfolgte Christen in Österreich (bspw. Gewalt, Mobbing, bewusste Fehler beim Dolmetschen von Asylanträgen) unterstützen?

Beate Meinl-Reisinger Gerade was die Qualität und Verfügbarkeit von Dolmetschleistungen bei behördlichen und gerichtlichen Verfahren, insbesondere bei Asylverfahren, anbelangt, gibt es dringenden Handlungsbedarf. Wir weisen seit Jahren auf die bestehenden Missstände hin und werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass die Ressourcen für ausreichend qualifizierte Dolmetscher_innnen zur Verfügung gestellt werden. Auch bei Gewalt und Mobbing braucht es dringend Maßnahmen, um diese Probleme erst gar nicht aufkommen zu lassen.

GLAUBE.at Wie wollen Sie sich für die Rechte verfolgter Christen sowie anderer religiöser Minderheiten einsetzen?

Beate Meinl-Reisinger Aus unserer Sicht ist es notwendig, auch als Parlament mit einer Stimme entschieden gegen die Verfolgung von religiösen Minderheiten aufzutreten. Wir haben daher entsprechende parlamentarische Anträge dazu immer unterstützt. Darüber hinaus ist es aus unserer Sicht entscheidend, sich für den Erhalt des Rechtsstaats und für ein funktionierendes Asylsystem einzusetzen, sodass denjenigen, die in ihrer Heimat keinen Schutz vor Verfolgung bekommen, woanders ein Leben in Sicherheit ermöglicht wird.

SENIORINNEN UND ALTERSVORSORGE

GLAUBE.at Welche Maßnahmen wollen Sie im Kampf gegen Altersarmut aktuell setzen?

Beate Meinl-Reisinger Angesichts des geringen tatsächlichen Pensionierungsalters (59 Jahre), ist die wichtigste Maßnahme gegen Altersarmut ein verstärkter Anreiz für längeres Arbeiten. Denn jedes Jahr bringt eine um min. 5% höhere Pension. Zudem fordern wir seit langem das automatische Pensionsbeitragssplitting (mit opt-out), weil dieses speziell die Frauenpensionen erhöht. Darüber hinaus sollen stärkere Sparanreize für die betriebliche und private Pensionsvorsorge geschaffen werden.

GLAUBE.at Wie wollen Sie die Altenpflege unterstützen, um die zunehmenden Aufgaben zu bewältigen?

Beate Meinl-Reisinger Grundsätzlich setzen wir bei der Pflege verstärkt auf die Pflege zuhause und eine bessere Eingliederung in die Primärversorgung. Teil unser Pflegestrategie ist zudem die Prävention und frühestmögliche Präventionsgespräche, um Pflege im besten Fall von vornherein zu vermeiden. Eine ausführliche Pflege-Strategie haben wir zudem in unserem Pflege-Programm-Prozess im ersten Halbjahr 2019 erarbeitet.

SICHERHEIT UND KRIMINALITÄT

GLAUBE.at Im Antisemitismusbericht vom „Forum gegen Antisemitismus“ ist ein deutlicher Anstieg von antisemitischen Vorfällen in Österreich zu sehen (Beschimpfungen/Bedrohungen, Internet/Social Media, Briefe/Anrufe).
Wie will Ihre Partei gegen den steigenden Antisemitismus vorgehen?

Beate Meinl-Reisinger Wir verurteilen rassistisch motivierte Handlungen auf das schärfste und unabhängig davon, von welchen Gruppen sie ausgehen. Die Verurteilungen wegen Verhetzung stiegen in den letzten Jahren stark an. Diese Entwicklung sehen wir aber nicht nur negativ, da sie zeigen, dass die Strafverfolgung funktioniert und Taten Konsequenzen haben. Gleichzeitig fordern wir größere Anstrengungen im Bereich der Prävention und Verfolgung von rassistischen Vorfällen im Internet. Hier darf es keine straffreien Räume geben.

GLAUBE.at Welche Maßnahmen fordern Sie für eine höhere Sicherheit in Österreich?

Beate Meinl-Reisinger Die Polizei ist nur das erste Glied in der Sicherheitskette. Das Zweite ist die Justiz und die hat zu wenig Ressourcen. Nur wenn die Gerichte ausreichend ausgestattet sind, können die aufgeklärten Fälle auch rasch und rechtsstaatlich erledigt und Straftäter zur Verantwortung gezogen werden. Effektiv sind Strafen auch nur, wenn der Strafvollzug und die Bewährungshilfe gut funktionieren. Nur wenn alle diese Glieder stark sind, verhindern wir Rückfälle und machen die Gesellschaft wirklich sicherer.

UMWELT- UND KLIMASCHUTZ

GLAUBE.at Klimawandel: Wie stehen Sie zu einer CO2-Steuer? Wie wollen Sie klimaneutrale Mobilität erreichen?

Beate Meinl-Reisinger Wir NEOS setzen uns schon lange für eine aufkommensneutrale CO2-Steuer ein. Sie ist der fairste und effizienteste Weg, um die Emission von Treibhausgasen zu verringern und schafft Anreize für klimafreundliche Innovationen und Investitionen. Wesentlich ist, dass sie aufkommensneutral gestaltet wird. Das bedeutet, dass die Gesamtsteuerbelastung, die in Österreich bereits massiv ist, nicht erhöht wird. Die CO2-Steuer soll schrittweise eingeführt werden, damit Konsument_innen und Wirtschaft Planungssicherheit haben und ihre Verhaltensmuster und Prozesse anpassen können. Um klimaneutrale Mobilität zu fördern wollen wir einerseits den Ausbau des öffentlichen Verkehrs stärken, die Fahrradinfrastruktur ausbauen (fast die Hälfte der Autofahrten in Österreich sind in Fahrraddistanz oder auch zu Fuß leicht zu erreichen) und klimaschonende Individualmobilität (E-Autos, Wasserstoff) fördern. Vor allem ist es aber auch wichtig endlich den Transit von der Straße auf die Schiene zu bringen.

GLAUBE.at Hunderttausende Jugendliche gehen für Klimaschutz auf die Straßen: Wie reagieren Sie auf „Friday for Future“?

Beate Meinl-Reisinger Die jungen Menschen haben jeden Grund zu protestieren und wir unterstützen ihr Anliegen, konkrete Handlungen für den Klimaschutz zu fordern. Tatsache ist: Die letzten Regierungen haben dieses Thema komplett verschlafen und viel zu wenig getan. Gerade die kommenden Generationen betrifft der Klimawandel am meisten. Wir NEOS werden auch dafür sorgen, dass wir auf diese Herausforderung auch die richtigen Antworten geben: Eine Ökologisierung des Steuersystems, Innovation, sauberes und nachhaltiges Wirtschaften, Investition in nachhaltige Infrastruktur, Forschung und Ausbildungen. Also wollen wir den Enthusiasmus dieser jungen Menschen unterstützen, um wirklich Schritte in die richtige Richtung zu setzen.

WIRTSCHAFT UND ARBEITSMARKT

GLAUBE.at Welche Jobs sind aus Ihrer Sicht Auslaufmodelle? Welche Jobs haben Zukunft? Welche konkreten Maßnahmen empfehlen Sie, um den Standort Österreich zu stärken?

Beate Meinl-Reisinger Die oft diskutierten Jobverluste auf Grund der Digitalisierung finden eigentlich selten statt. Was wir sehen ist, dass sich einzelne Jobprofile dynamisch verändern. Um mit diesem Wandel Schritt halten zu können, müssen sich Menschen in Zukunft kontinuierlich fort- und weiterbilden. Derzeit ist das allerdings oftmals nur bei Menschen mit hoher formaler Bildung der Fall. Wir fordern daher geförderte Ansparmöglichkeiten bis zu einem Betrag von 5.000 Euro in fünf Jahren für alle Erwerbstätigen.

GLAUBE.at Wie kann die Jugendarbeitslosigkeit erfolgreich bekämpft werden?

Beate Meinl-Reisinger Das beste Mittel gegen Jugendarbeitslosigkeit ist Bildung. Hier müssen wir bereits im Kindergarten ansetzen.

GLAUBE.at Vielen Dank für das Interview, Frau Meinl-Reisinger!


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Anlässlich der bevorstehenden Österreichischen Nationalratswahl befragte GLAUBE.at die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der wahlwerbenden Parteien. Ein parteiunabhängiges Expertengremium definierte hierzu im Vorfeld 15 relevante Themenbereiche zu denen Christinnen und Christen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Kirchen jeweils zwei Fragestellungen erarbeiteten.

Folgende 18 Kirchen und Organisationen sind Partner der christlichen Wahlprüfsteine: