Über 50.000 Menschen mit Down-Syndrom (Trisomie 21) Leben in Deutschland. Eine Betroffene hat jetzt ein riesiges Medienecho ausgelöst und die Debatte um Abtreibungen neu belebt, die 18-jährige Natalie Dedreux aus Köln. Sie hatte in der ARD-Sendung „Wahlarena“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Spätabtreibungen befragt. In Zeitungsberichten war daraufhin vom „emotionalsten Wahlkampf-Moment“ die Rede. Dedreux konfrontierte die Kanzlerin damit, dass neun von zehn ungeborenen Kindern mit Down-Syndrom abgetrieben werden, und fragte: „Wieso darf man Babys mit Down-Syndrom bis kurz vor der Geburt noch abtreiben?“ Unter lautem Applaus sagte sie: „Ich will nicht abgetrieben werden, sondern auf der Welt bleiben.“ Die Kanzlerin zeigte sich zwar gerührt, blieb aber eine Antwort auf die Frage schuldig. Sie verwies darauf, dass auf Initiative der Unionsparteien eine verpflichtende Beratung bei Spätabtreibungen eingeführt worden sei: „Es war unglaublich schwer, dafür eine Mehrheit zu bekommen.“ Vertreterinnen der Lebensrechtsbewegung und des Arbeitskreises Down-Syndrom Deutschland begrüßten gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea den couragierten Auftritt der jungen Frau, die in einem Café der Caritas und als Redakteurin bei einem Magazin für Menschen mit Down-Syndrom arbeitet.
Bundesverband Lebensrecht: Merkel vermeidet Aussage zur Spätabtreibung
Die Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht, Alexandra Maria Linder (Weuspert/Sauerland), sagte, die Kanzlerin habe der jungen Frau zwar freundlich geantwortet, aber eine grundsätzliche Aussage zum Thema Spätabtreibung geschickt vermieden. Die von Merkel erwähnte Pflicht zur Beratung sei zwar eine Verbesserung, jedoch garantiere auch diese Regelung keinen umfassenden Schutz für die ungeborenen Kinder. Die medizinische Indikation mit möglicher Abtreibung bis zur Geburt greife auch, wenn es um eine – natürlich mit Belastung verbundene, aber gut behandelbare – Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, einen Klumpfuß oder eine sogenannte „Mehrlingsreduktion“ vollkommen gesunder Kinder gehe. Faktisch gibt es laut Linder keinen Unterschied zwischen einer Abtreibung in der elften Woche und einer ab der 23. Woche (Spätabtreibung). Allerdings wage kaum noch jemand, das zu sagen und die notwendige Konsequenz zu benennen, um alle Kinder umfassend zu schützen und ihre Menschenwürde zu achten. Dazu dürfte der Gesetzgeber die vorgeburtliche Kindstötung grundsätzlich nicht zulassen, so Linder. Dafür setzt sich auch der „Marsch für das Leben“ ein, der am 16. September in Berlin stattfindet. Zu der Demonstration werden Tausende Teilnehmer erwartet.
„Was gibt uns das Recht, Menschen mit Down-Syndrom das Lebensrecht abzusprechen?“
Die Geschäftsführerin des Arbeitskreises Down-Syndrom Deutschland, Rita Lawrenz (Bielefeld), sagte, das Beispiel von Dedreux zeige, zu was Betroffene fähig seien, wenn man sie entsprechend fördere. Diese Menschen zeichne eine innere Ausgeglichenheit und Zufriedenheit aus, wenn sie das Gefühl hätten, willkommen zu sein. Lawrenz – selbst Mutter eines 32-jährigen Sohnes mit Down-Syndrom – fragt: „Was gibt uns das Recht, ihnen das Lebensrecht abzusprechen? Sie leben genauso gerne wie alle andere Menschen.“ Lawrenz fordert eine verstärkte Aufklärung über das Down-Syndrom und über Hilfen für Betroffene, damit sich mehr Eltern gegen eine Abtreibung entscheiden. Bei entsprechender Förderung könnten diese Menschen ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen. Man müsse auch mehr darüber informieren, was bei einer Spätabtreibung geschehe, nämlich dass ein voll entwickeltes Kind im Mutterleib getötet werde.