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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fordert, Kinderlose in der Pflege- und Rentenversicherung stärker zur Kasse zu bitten.
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Familien klagen zu Recht über hohe finanzielle Belastungen. Sie werden in den Sozialversicherungen gegenüber Kinderlosen stark benachteiligt. Das schreibt die Wochenzeitung „Welt am Sonntag“ (Ausgabe vom 18. November). Die Ursache für die Schieflage sei, dass Eltern fast genauso hohe Beiträge zu Renten- und Pflegeversicherung zahlen müssen wie Alleinstehende und Paare ohne Kinder. Nach Berechnungen des Deutschen Familienverbandes könne ein Ehepaar mit einem Kind schon bei einem Bruttoeinkommen von 30.000 Euro pro Jahr das Existenzminimum nicht mehr aus eigener Kraft bestreiten. Auch eine Familie mit einem Haushaltseinkommen von 50.000 Euro rutsche „in die akute Problemzone“, wenn sie mehr als drei Kinder habe. Von einer solchen Mittelschichtfamilie verlange der Staat so viel an Steuern und Abgaben, dass nicht einmal das Existenzminimum übrigbleibe. „Viel mehr als das Lebensnotwendige ist für eine Familie in diesem Einkommensbereich aufgrund der hohen Abgabenbelastung auch schon bei zwei oder drei Kindern nicht mehr drin“, schreibt das Blatt.

Spahn fordert Entlastung der Familien

Anlass für den Artikel ist die Forderung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Kinderlose in der Pflege- und Rentenversicherung stärker zur Kasse zu bitten. Der Politiker hatte in der vergangenen Woche erklärt, die derzeitige Entlastung von Familien bei Steuern und Abgaben berücksichtige nicht ausreichend, was Eltern für ihre Kinder leisten. Deshalb brauche es „einen faireren Ausgleich dieser Lasten, etwa durch geringe Beiträge für Eltern in der Sozialversicherung“.

Familienverband: Eltern werden doppelt belastet

Die Folgen der Benachteiligung von Familien seien dramatisch, sagte die Sozialrechtsexpertin Anne Lenze (Darmstadt) gegenüber der Welt am Sonntag. So komme Deutschland trotz der Halbierung der Arbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren „bei der Bekämpfung der Kinderarmut nicht voran“. Jedes sechste Kind sei heute auf Sozialleistungen angewiesen. In den 1960er Jahren sei es nur jedes 75. Kind gewesen. Spahns Forderung wird auch vom Deutschen Familienverband unterstützt. Der Präsident des Verbands, Klaus Zeh (Nordhausen), erklärte, Eltern würden vom gegenwärtigen Beitragssystem doppelt belastet, „und zwar mit den Kosten der Kindererziehung und gleichzeitig mit den Beiträgen in die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung“.

Hoffnung auf das Bundesverfassungsgericht

Die Belastung der Familien sei auch Gegenstand von drei Klagen, die derzeit beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe lägen, berichtet die Welt am Sonntag. Über sie werde voraussichtlich schon bald entschieden. Die Chancen stünden nicht schlecht, dass das Gericht den Gesetzgeber zu einer stärkeren Entlastung der Familien zwingen werde. „Schon mehrfach hat Karlsruhe Änderungen zugunsten von Familien im Sozialsystem angemahnt“, schreibt die Zeitung.