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Der WEA-Generalsekretär, Bischof Efraim Tendero.
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In der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA/New York) rumort es. Die Italienische, Spanische und die Maltesische Evangelische Allianz werfen dem evangelikalen Dachverband vor, zu unkritisch gegenüber der römisch-katholischen Kirche aufzutreten und eine zu starke ökumenische Haltung einzunehmen. Sollte sich die WEA künftig für eine „größere Einheit“ einsetzen, könnte das zu einer Zerstörung der Vereinigung führen. Wie die Allianzen in einem Offenen Brief schreiben, nehmen sie erhebliche Änderungen in der „theologischen DNA“ der WEA wahr. Der Dachverband sei de facto Teil der ökumenischen „Mainstream-Bewegung“. Dessen Haltung ähnele der des Weltkirchenrates. Die drei Allianzen erinnern daran, dass die WEA 1846 als Bollwerk gegen protestantischen theologischen Liberalismus, römischen Katholizismus und die östliche Orthodoxie gegründet worden sei. Sie betonen, dass sie für einen Dialog und für Kooperationen in sozialen und moralischen Frage seien. Aber bereits 2013 hätten die Vorsitzenden der Allianzen in Spanien, Italien, Frankreich und Polen nach der Wahl von Papst Franziskus einen Brief an die Europäische und die Weltallianz geschrieben, in dem man sich über unkritische Einschätzungen des Papstes durch manche Evangelikale besorgt gezeigt habe. So trete Franziskus für eine verstörend starke Marienverehrung ein. Er spreche auch über Ideen, die einer alten liberalen Theologie angehörten, etwa das persönliche Gewissen als höchste Instanz der Wahrheit oder das Wirken der Gnade in allen Menschen.

Was ist mit „größerer Einheit“ gemeint?

Kritik üben die Allianzen in ihrem aktuellen Brief ferner an einem Treffen von Vertretern der Weltchristenheit im Rahmen des „Global Christian Forum“ (Globales Christliches Forum/Straßburg) im Mai in Bossey bei Genf. Dem Forum gehören die vier Zusammenschlüsse Weltweite Evangelische Allianz, Weltkirchenrat, Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen und die Weltpfingstbewegung an. Bei dem Treffen sei es um die Frage der „größeren Einheit“ der Kirchen gegangen. Aus einer Pressemitteilung des Forums – so heißt es in dem Brief – gehe ferner hervor, dass die Partner an einer gemeinsamen Stellungnahme zu dem Thema arbeiteten. Man frage sich, was mit „größerer Einheit“ konkret gemeint sei. Größere Einheit würde auch bedeuten, dass man sich zur Einheit aller Getauften bekenne. Die Realität sei aber, dass die meisten Kirchenmitglieder zwar getauft seien, sich aber nicht persönlich für Christus einsetzten: „Wenn wir alle ,Brüder und Schwestern’ sind, wird Evangelisation, die von Evangelikalen in mehrheitlich römisch-katholischen und östlich-orthodoxen Kontexten durchgeführt wird, überflüssig.“

Wenn nur ein paar Leute Entscheidungen treffen, ist es kein Netzwerk mehr

Eine gemeinsame Stellungnahme zur größeren Einheit mit katholischen, orthodoxen und liberalen Kirchen könnte der erste Schritt zur Auflösung des 160 Jahre alten theologischen Konsenses der Weltallianz sein, warnen die Unterzeichner. Wenn „ein paar Leute“ eine Frage dieser Größenordnung allein entschieden, ohne mit den Christen zu diskutieren, die sie vertreten sollen, dann sei das der Anfang vom Ende des evangelikalen Netzwerks. Der WEA-Generalsekretär, Bischof Efraim Tendero (Manila/Philippinen), teilte am 7. Dezember in einer kurzen Antwort auf der Internetseite des Weltverbandes mit, dass man die Sorgen der Allianzen sehr ernst nehme. Eine gemeinsame Stellungnahme, wie sie in dem Brief beschrieben werde, sei nicht geplant. Die WEA schätze den Einsatz der evangelikalen Allianzen für die theologische Integrität und hoffe, „dass sie uns direkt kontaktieren werden, um mehr über unsere Pläne und Aktivitäten zu erfahren“.