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Beim traditionellen Ökumenischen Empfang rief Kardinal Christoph Schönborn dazu auf, das Verbindende vor das Trennende zu stellen.
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Kardinal Christoph Schönborn betonte einmal mehr die Verantwortung der Kirchen, das Verbindende vor das Trennende zu stellen, sich gemeinsam für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen und den Menschen Hoffnung zu vermitteln. Das sei angesichts des bevorstehenden Wahljahres in Österreich von größter Bedeutung, so Schönborn beim traditionellen Ökumenischen Empfang Dienstagabend, 31. Jänner, im Wiener Erzbischöflichen Palais, bei dem der Kardinal auch über Österreich hinaus zum globalen Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit aufrief und zum Gebet einlud.

Kardinal Schönborn berichtete den Vertretern und Vertreterinnen der verschiedenen Kirchen beim Empfang zudem vom Synodalen Prozess in der Katholischen Kirche. Bisher sei es in erster Linie darum gegangen, einander zuzuhören – zuerst auf lokaler Ebene, dann in den Diözesen, auf Österreich-Ebene, auf kontinentaler Ebene und schließlich im vergangenen Herbst in Rom bei der Bischofssynode auf Weltkirche-Ebene. Die Teilnahme von mehr als 50 Frauen sei dabei eine große Bereicherung gewesen. Im Herbst 2024 werden die Beratungen in Rom fortgesetzt

Ein großes Anliegen sei die Unterscheidung der Geister, so Schönborn weiter. Freilich brauche es letztlich für Entscheidungen auch Autorität. Der Kardinal thematisierte mehrmals diese Spannung zwischen Synodalität und Hierarchie, eine Spannung, die aber vereinbar sei, wie er sich überzeugt zeigte. Und ebenso sprach der Kardinal von der Spannung zwischen den verbindlichen kirchlichen Vorgaben und der Frage: „Welche Bewegung erwartet der Heilige Geist von uns?“ Schönborn verwies auf Papst Franziskus, der selbst immer wieder betont habe, dass die im Westen so viel diskutierten „heißen Eisen“ wie der Pflichtzölibat, die Ordination von Frauen oder das Thema Homosexualität nicht an erster Stelle stünden. Das wichtigste Thema sei die Verkündigung des Evangeliums.

Synodenpräsidentin Monjencs über die Arbeit der evangelischen Synoden

Über die Arbeit in den evangelischen Synoden berichtete die neue Präsidentin der Synode A.B. und Generalsynode A.u.H.B., Ingrid Monjencs. Sie ist die erste Frau an der Spitze der evangelisch-lutherischen Synode bzw. der gemeinsamen Synode von lutherischer und reformierter Kirche. Monjencs wies vor den Vertreter:innen der verschiedenen Kirchen darauf hin, dass die evangelische Synode als höchstes gesetzgebendes Gremium wesentliche Entscheidungen für das kirchliche Leben treffe, Entscheidungen würden oft intensiv „debattiert und erarbeitet“. „Unsere Kirche regelt ihre Angelegenheiten selbst“, bekräftigte die Synodenpräsidentin. Dahinter stehe eine „wunderschöne“ Kirchenverfassung, an der immer wieder „da und dort modelliert und gearbeitet“ werde. Die Synode, die je zur Hälfte mit geistlichen und weltlichen Vertreter:innen besetzt sei, befasse sich mit Themen wie der Verantwortung gegenüber der Schöpfung ebenso wie mit finanziellen Angelegenheiten oder etwa dem Stellenplan der Pfarrerinnen und Pfarrer.

Initiativen von Pro Oriente

Im Rahmen des Empfangs stellte der Präsident der Stiftung „Pro Oriente“, Alfons Kloss, drei internationale ökumenische Konferenzen vor, die Pro Oriente im Rahmen des Synodalen Prozesses im Herbst 2022 in Rom gemeinsam mit dem Institut für Ökumenische Studien der Päpstlichen Universität St. Thomas von Aquin (Angelicum) organisierte. Mehr als 150 Expertinnen und Experten aus den orthodoxen und orientalischen Kirchen präsentierten dort synodale Theologien, praktische Erfahrungen und unterschiedliche Ausdrücke von Spiritualität in den verschiedenen Kirchen, um diese für den von Papst Franziskus initiierten Synodalen Prozess der katholischen Kirche fruchtbar zu machen. Zusätzlich wurde der Film „Listening to the East“ produziert, der die Vielfalt synodaler Praktiken und Strukturen im Leben der orthodoxen und orientalischen Kirchen einem breiten Publikum näherbringen soll.

Viola Raheb, evangelische Theologin und als Expertin bei Pro Oriente für Wissenschaftskommunikation zuständig, stellte das Projekt „Healing of Wounded Memories“ („Heilung verletzter Erinnerungen“) vor. Von 9. bis 11. November 2023 fand in Wien eine erste internationale Konferenz statt, an der rund 50 Teilnehmende aus Europa, den USA und dem Nahen Osten Aspekte einer Theologie der Versöhnung reflektierten und zugleich konkrete geopolitische Konfliktfelder in der Ukraine, in Südosteuropa und im Nahen Osten in den Blick nahmen. 2024 und 2025 werden regionale Workshops in besagten Regionen stattfinden. Die Ergebnisse dieser Workshops sollen dann in einer großen Abschlusskonferenz in Wien 2025 oder 2026 zusammengeführt werden. Bei der Konzeption des Projekts habe man noch nicht wissen können, dass es nun in den behandelten Regionen Kriege gebe und so zu den alten Wunden immer wieder neue hinzugefügt würden, sagte Raheb. Umso wichtiger sei das Projekt, über das sie auch einen kurzen Film präsentierte.

Kirchliche Vielfalt in Österreich

Der Einladung Schönborns waren die Vertreterinnen und Vertreter aller in Österreich anerkannten Kirchen gefolgt. Gekommen waren u.a. der armenisch-apostolische Bischof und Vorsitzende des Ökumenischen Rates in Österreich, Tiran Petrosyan, der koptische Bischof Anba Gabriel, der russisch-orthodoxe Bischof Aleksij Zanochkin, die evangelische Synodenpräsidentin Ingrid Monjencs, die evangelische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler, die evangelisch-methodistische Pastorin Esther Handschin und Superintendent Stefan Schröckenfuchs, Domdekan Rudolf Prokschi, der syrisch-orthodoxe Chorepiskopus Emanuel Aydin und der griechisch-orthodoxe Archimandrit Athanasisus Buk. Weiters auch der römisch-katholische Weihbischof Franz Scharl, der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nikolae Dura, der anglikanische Kanonikus Patrick Curran, Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa, Pastor Walter Klimt von den Baptisten, der Vorsitzende der Freikirchen in Österreich, Pastor Franz Gollartz, und Pfarrer Ninos Babisha von der Assyrischen Kirche des Ostens.

Vor dem Empfang fand in der armenisch-apostolischen Kirche in Wien-Landstraße eine ökumenische Vesper statt, der Bischof Tiran Petrosyan vorstand. Dabei rief der rumänisch-orthodoxe Theologe Ioan Moga in seiner Predigt zur Überwindung der Trägheit in der Ökumene auf.