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Was die „Leuenberger Konkordie“ von 1973 für die Ökumene von heute bedeuten könne, damit befasste sich der evangelisch-lutherische Altbischof Michael Bünker beim diesjährigen Jahresempfang des Ökumenischen Forums christlicher Kirchen in der Steiermark. Im Plenarsaal des Landtags im Zentrum von Graz hielt Bünker am 22. November vor politischen und kirchlichen Vertreter:innen eine vielbeachtete Festrede mit dem Thema „50 Jahre Leuenberger Konkordie. Ein Modell für Eucharistische Gastfreundschaft in der Ökumene“. Trotz mancher Unterschiede hätten die verschiedenen Kirchen mehr gemeinsam, als sie trenne, betonte der Altbischof.

In seinem Festvortrag erinnerte Bünker, von 2008 bis 2019 Bischof der Evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich, an die Überwindung eines jahrhundertealten innerevangelischen Konflikts: Vor 50 Jahren, 1973, wurde nach mehrjähriger Vorarbeit die Leuenberger Konkordie unterzeichnet. Damit wurde eine fast 450 Jahre dauernde Spaltung zwischen Lutheranern und Reformierten endgültig beendet. Der Grundgedanke war, dass die Unterschiede wohl bestehen blieben, aber die Kirchen nicht mehr trennten. „Das scheint mir eine grundlegend wichtige Einsicht zu sein“, betonte der Altbischof. „Nicht jeder Unterschied trennt“, die meisten Unterschiede seien einfach Zeichen der Vielfalt und des Reichtums. Aus der „Leuenberger Kirchengemeinschaft“ wurde 2003 die „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“ (GEKE). In einer Kirchengemeinschaft sind Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft möglich, die Ämter werden gegenseitig anerkannt. Bünker war von 2006 bis 2018 Generalsekretär der GEKE, in Österreich gehören die drei evangelischen Mitgliedskirchen (Evangelische Kirche A.B., Evangelische Kirche H.B. und die Evangelisch-methodistische Kirche) der GEKE an.

Weil sie sich ihrer Verantwortung für die Ökumene aller christlichen Kirchen bewusst sei und ihre Kirchengemeinschaft als Beitrag zur größeren Ökumene verstehe, führe die GEKE ökumenische Dialoge weiterhin mit großem Einsatz. Hier erwähnte Bünker die Gespräche mit den Baptisten, mit den orthodoxen Kirchen Europas und mit der Anglikanischen Kirche. Besonders hob er hervor, dass seit der letzten Vollversammlung in Basel 2018 die GEKE auch offiziell einen Dialog mit der Römisch-katholischen Kirche führe. Bei den Differenzen, die bis heute nicht überwunden werden konnten, spiele das Abendmahl, die Eucharistie, eine zentrale Rolle, erinnerte der Altbischof.

Plädoyer für eucharistische Gastfreundschaft

Warum evangelische und römisch-katholische Gläubige nicht gemeinsam Abendmahl feiern können, liege am unterschiedlichen Amtsverständnis. „Trotzdem würde ich meinen – und da freue ich mich, dass wir derselben Meinung sind – dass eucharistische Gastfreundschaft möglich sein sollte“, sagte Bünker. Etwa im Hinblick auf gemischtkonfessionelle Familien, immerhin hätten mehr als 80% der Evangelischen in Österreich nicht-evangelische Partner oder Partnerinnen, viele davon römisch-katholisch. Bünkers Appell, „und deswegen spreche ich mich dafür aus, im Sinne der Gastfreundschaft für diese Christen und Christinnen die Eucharistie zu öffnen“, wurde mit spontanem Applaus bedacht.

Bünker wies auf das Motto der GEKE „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“ hin. Jeder dieser Begriffe sei wichtig, im Blick auf Konflikte in vielen Ländern wie auch in der Kirche. Er zitierte Papst Franziskus, der bei seinem Besuch in der Lutherischen Kirche in Rom im November 2015 klare Worte fand: „Im festen Blick auf Jesus sind wir berufen, vereint in den Unterschieden voranzugehen, es gibt keinen anderen Weg, um eins zu werden. Das ist der Weg Jesu.“ Bünker schloss mit den Worten, dass es für die Ökumene wichtig sei, „dass wir uns darauf besinnen: Wir haben mehr gemeinsam als uns unterscheidet, und nicht alles, was uns unterscheidet, muss uns trennen.“