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Reinhard Kummer übergibt Versöhnungsbrief der Freikirchen in Österreich an Kardinal Christoph Schönborn.
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Kardinal Christoph Schönborn sprach anlässlich des traditionellen ökumenischen Empfang am 21. Januar 2020 in Wien von einer neuen „Qualität der Ökumene“. Es gehe immer weniger um christliche Denominationen, sondern immer um Christus und das Christsein. So erinnerte er in seiner Ansprache an sein ökumenisches Verständnis nach seiner Ernennung zum Bischof im Jahr 1991 in einem ORF-Interview: „Die Ökumene gleicht einem Rad mit vielen Speichen, die für die verschiedenen Kirchen stehen und dessen Mitte Jesus Christus ist. Je näher wir Jesus Christus unserer Mitte sind, desto näher sind wir einander.“

Der Wiener Erzbischof erinnerte auch an die 150-Jahr Feier der Baptisten in Österreich, an welcher er teilgenommen hatte und zeigte sich sehr dankbar für das Wirken dieser Kirche. Bei den Feierlichkeiten im November sprach sich Schönborn im Hinblick auf die Täuferbewegung für eine Gewissenserforschung der katholischen und evangelischen Kirche aus, welche die Freikirchler von Anfang an verfolgt hatten. "Vergebt uns", so der Kardinal wörtlich zu den Vertretern der Freikirchen.

Reinhard Kummer, Vorsitzender des Rates der "Freikirchen in Österreich" sowie Vorstandsvorsitzender der Mennonitischen Freikirche Österreich griff die Entschuldigung beim Ökumenischen Empfang auf. Er überreichte dem Kardinal einen offiziellen Brief, welcher wesentlich zur weiteren Vertiefung der Beziehungen zwischen den Freikirchen und den etablierten Kirchen im Land beitragen soll. "Ja wir vergeben", zitierte Kummer aus dem Brief an den Kardinal. Die Worte des Kardinals haben die Freikirchen „sehr bewegt“, so Reinhard Kummer. Die Freikirchen seien sich im Hinblick auf deren Umgang mit anderen Kirchen bewusst, dass es oftmals eine "freikirchliche Arroganz" gegeben habe, für die man sich nun ebenfalls entschuldige. „Alle Christen und Kirchen müssten sich gemeinsam den Herausforderungen der säkularen Gesellschaft stellen und gemeinsam das Evangelium verkünden“, so Kummer.

Der Brief im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Kardinal Schönborn.

Ihre klaren Worte „vergebt uns, was unsere Kirche den Täufern in der Reformationszeit angetan hat“ im Rahmen des Festgottesdienstes anlässlich der 150 Jahr-Feier der Baptistengemeinde Mollardgasse, eben dort, am 23. November 2019, wollen wir gerne mit „Ja, wir vergeben“ beantworten.

Dankbar haben wir schon 1998 Ihre Bemühungen zur Überwindung historischer Schuld wahrgenommen. Damals hat Pastor Horst Fischer, von den Baptisten, auch schon mit Vergebung geantwortet, und rund um die Aufarbeitung der Täufergeschichte ist von verschiedenen Seiten Vergebung zum Ausdruck gebracht worden. Durch die Jahre sind herzliche Beziehungen zwischen unseren Traditionen gewachsen, und wir drücken unseren Dank und unsere Freude darüber aus, dass historische Belastungen mit Hilfe des Heiligen Geistes durch hingebungsvolle Diener unseres Herrn Jesus Christus, abgebaut werden können.

Uns ist schmerzhaft bewusst, dass manchen Begegnungen mit anderen Traditionen, unsererseits mit freikirchlicher Arroganz begegnet worden ist, was Verletzungen und Distanzierungen verursacht hat. Deswegen sagen auch wir „vergebt uns“.

In respektvollem Umgang im Geiste unseres Herrn Jesus Christus wollen wir uns gemeinsam mit Ihnen, Herr Kardinal, und mit allen christlichen Traditionen den Herausforderungen einer zunehmend säkularen Gesellschaft stellen und das Evangelium von Jesus Christus verkündigen.

Wir grüßen dankbar und herzlich mit Eph 6,23.24

„Friede sei den Brüdern und Liebe mit Glauben von Gott, dem Vater und dem Herrn Jesus Christus.
Die Gnade sei mit allen, die unsren Herrn Jesus Christus lieb haben, unwandelbar!“

Für den Rat der Freikirchen in Österreich
Reinhard Kummer, Vorsitzender

Ökumenischer Empfang: Freikirchen in Österreich setzen Zeichen der Versöhnung