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Die Koalition aus Religionsgemeinschaften und religiösen Organisationen will in Zukunft vom UNO-Standort Wien aus stärker in der internationale Konfliktlösung mitwirken.
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Eine UNO-Koalition religiöser Organisationen hat sich am Montag, 7. Oktober, am Sitz der UNO-Organisationen in Wien konstituiert. In einer Podiumsdiskussion am Montagabend forderten Vertreter christlicher, jüdischer und muslimischer Gemeinschaften, die Religionen künftig in Konfliktlösungen einzubinden. Religionen müssten „als Teil der Lösung vieler Konflikte“ gesehen werden, lautete der Tenor.

In der Debatte über Kooperationsfelder von Spiritualität und Justiz betonten die Referenten die Bedeutung des Dialogs und verwiesen auf den engen Kontext zwischen Spiritualität bzw. Religion und Recht. Der evangelische Pfarrer Markus Fellinger, der seit Jahren in der Gefangenenseelsorge tätig ist, bezeichnete das Gefängnis als „multikulturellen Ort“. Bis in die Hafträume hinein seien dort diverse Kulturen vereint. Es gelte, überkonfessionell zu denken. „Wir tun uns sehr schwer, mit dieser multikulturellen Pluralität umzugehen.“

Dzemal Sibljakovic, Leiter der islamischen Gefängnisseelsorge in Österreich und früherer Lehrer, meinte: „Als multikultureller Ort kommt eine Schule oft nahe an eine Haftanstalt heran.“ Es sei problematisch, Religionen immer nur im Zusammenhang mit Problemen heranzuziehen. Der gebürtige Bosnier plädierte für „Rechtmäßigkeit der Religion in einem Rechtsstaat“. Spiritueller Zugang habe einen Mehrwert.

John Clark von der Jüdischen Liberalen Gemeinde in Wien (Reformsynagoge) legte ein Plädoyer für den Dialog ab. „Aus der Vielfalt beziehen wir Stärke. Zusammenhalt gibt Kraft.“ Die einzelnen Gemeinschaften sollten ihre Individualität behalten, doch zugleich miteinander einen Dialog führen, so Clark.

Die Bedeutung des Dialogs hob auch der Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft, Gerhard Weißgrab, hervor. Er rief zum Miteinander auf: „Bei Problemen gibt es keine Alternative zum Dialog.“ Dass mehrere Religionen existieren und diese unterschiedliche Bereiche und Aspekte aufweisen, sei zu akzeptieren. Zur Religionsfreiheit gehöre auch der Atheismus, also die Freiheit von Religion.

Der römisch-katholische Weihbischof Franz Scharl sagte in Erinnerung an Worte von Papst Franziskus, das Seelische und das Geistige müssten sich entwickeln, in der Realität aber in konkrete Dinge umgesetzt werden. Der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner bezeichnete „das Recht als eine geerdete Form der Liebe“. Recht und Spiritualität gehörten zusammen.

Elmar Kuhn, Leiter von „Christen in Not“ in Österreich und Mitorganisator des Symposiums, machte geltend, die Justiz müsse sich um Opfer und Täter kümmern. UNO-Programme müssten für die Menschen gemacht werden. Die Plattform „Coalition of faith based Organizations“ will laut Kuhn mehr sein als eine von den Vereinten Nationen anerkannte NGO, sondern sich in die UNO-Arbeit aktiv einbringen.

Nach Renata K. Nelson vom „König Abdullah Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“ (KAICIID) werde im KAICIID ein Aktionsplan für Religionsführer ausgearbeitet. Es gehe hierbei um die Bearbeitung von Ideen „von unten nach oben“ sowie den Austausch von Erfahrung, von Best Practices, so die Expertin für Konfliktmanagement und Friedensbildung.

Zeitgleich mit der Tagung in Wien fand eine weitere am Sitz der Vereinten Nationen in New York statt. Die Initiatoren der Plattform hoffen, dass ihre Anliegen in die im April 2020 geplante UNO-Konferenz zum Thema Strafrecht in Kyoto einfließen. Es geht hierbei um Behandlung von Gefangenen, Achtung der Menschenwürde auch religiöser Gefangener und Toleranz für unterschiedliche Religionsbekenntnisse.