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Ziel eines Schweigemarsches am 9. November: das Mahnmal für die Opfer der Shoah am Wiener Judenplatz.
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Zum Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Novemberpogrome des Jahres 1938 gegen die jüdische Bevölkerung in Wien veranstalten auch heuer mehrere christliche und jüdische Organisationen gemeinsam unter dem Titel „Mechaye Hametim – Der die Toten auferweckt“ eine Reihe von „Bedenktagen“. In Erinnerung an die Ereignisse am 9. und 10. November vor 80 Jahren finden bis 21. November zahlreiche Veranstaltungen statt. Im Zentrum steht ein ökumenischer Gottesdienst am Freitag, 9. November (19 Uhr) in der Wiener Ruprechtskirche, an dem hochrangige Repräsentanten der Kirchen teilnehmen werden. Redebeiträge kommen von Bischof Michael Bünker und Vertretern der römisch-katholischen sowie der orthodoxen Kirche. Anschließend ist ein Schweigegang zum Mahnmal für die jüdischen Opfer der Shoah auf dem Judenplatz vorgesehen. In der Nacht vom 9. auf den 10. November waren im ganzen nationalsozialistischen Deutschland in einer geplanten Aktion Synagogen, jüdische Einrichtungen und Geschäfte zerstört sowie Jüdinnen und Juden getötet, verletzt oder verschleppt worden.

Evangelische Akademie: Zur Geschichte des christlichen Antisemitismus

Dem jahrhundertealten christlichen Antijudaismus ist eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Von Gottesmördern und Brunnenvergiftern“ gewidmet. Am Mittwoch, 6. November (19 Uhr), tauschen sich dazu im Wiener Albert-Schweitzer-Haus die evangelische Religionspädagogin Julia Spichal, der Wiener Judaistik-Professor Gerhard Langer sowie Nikolaus Rappert, Pfarrer der orthodoxen deutschsprachigen Gemeinde in Wien, aus; es moderiert Martin Jäggle vom christlich-jüdischen Koordinierungsausschuss. Im Blickfeld liegen laut Ankündigung sowohl die Wurzeln eines der „ältesten Vorverurteilungskomplexe“ als auch dessen Wiederaufleben in den gegenwärtig wieder zunehmenden Formen des Antisemitismus.

Über die beiden „unverwechselbaren Berufungen“ von ChristInnen und JüdInnen spricht Martin Jäggle dann am Donnerstag, 8. November, um 19.30 Uhr im Gemeindezentrum der römisch-katholischen Pfarrgemeinde Gersthof. Der Wiener katholische Theologe wird dabei auf die jüdisch-orthodoxe Antwort auf das wegweisende Konzilsdokument „Nostra aetate“ eingehen, die von einer internationalen orthodoxen rabbinischen Kommission 50 Jahre nach dessen Erscheinen im Jahr 1965 erarbeitet wurde.

Nacht der Erinnerung in der Ruprechtskirche

In der Nacht vom 9. auf den 10. November findet nach dem ökumenischen Gottesdienst in der Ruprechtskirche auch eine „Nacht der Erinnerung“ mit kulturellen Akzenten statt. Die ganze Nacht über soll in Texten, Musik und Stille der Gewalt vor 80 Jahren gedacht werden. Margarete Rabow zeigt ihren Film „66.000“ und spricht über ihr Projekt „Schreiben gegen das Vergessen“, bei dem die Namen der 66.000 österreichischen Schoah-Opfer in der Prater-Hauptallee mit Kreide aufgeschrieben wurden. Liedermacher Hans Breuer (WanDeRer) singt jüdische Lieder von Vertreibung und Verfolgung. Das Programm endet um 6 Uhr.

Auch der Schule als Vertreibungsort wird gedacht: Am Dienstag, 13. November, um 18.30 Uhr spricht die römisch-katholische Theologin Renate Mercsanits im Theologie-Institutsgebäude der Universität Wien über vertriebene jüdische Lehrer und Schüler 1938 an Wiener Gymnasien.

Einen abschließenden Überblick über „das Novemberpogrom in Wien“ gibt am Mittwoch, 21. November, um 19 Uhr der Historiker Martin Krist im Bezirksmuseum Josefstadt. Dort wird am Sonntag, 4. November, auch die Ausstellung „Jüdische Josefstadt ab 1848“ eröffnet.