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V.l.n.r.: Manfred Scheuer (Bischof der Diözese Linz), Henning Klingen (Moderation, Katholische Presseagentur Österreich), Isabella Guanzini (Professorin am Institut für Fundamentaltheologie und Dogmatik, Katholische Privat-Universität (KU) Linz).
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Die Katholische Kirche ist heute mehr denn je auf die Anderen - auf Andersdenkende und Andersglaubende - angewiesen. Das hat die Linzer Theologin Prof. Isabella Guanzini bei einem Vortrag am Dienstagabend in Linz betont. Wolle sie weiterhin katholisch sein, so müsse sie ein konfessionalistisch verengtes Verständnis von Katholizität überwinden und dieses auf seine biblische Bedeutung von universaler, umfassender Weite zurückführen. "Katholizität atmet in der frühchristlichen Erfahrung in einer spirituellen Atmosphäre, die keine geografische, ethnische, geschlechtliche oder soziologische Grenzziehung kennt." Erst im Zuge der Reformation sei es zu Grenzziehungen und Ausgrenzungen gekommen - und damit zu einer "Pervertierung der Idee des Katholizismus".

Der Vortrag Guanzinis fand im Rahmen einer Veranstaltung zum 350-Jahr-Jubiläum der Katholischen Privat-Universität Linz (KU) statt und stand unter dem Titel "Nicht ohne die Anderen. 'Katholizität' als symbolische Ressource für eine plurale Öffentlichkeit". Im Anschluss an den Vortrag diskutierte die Theologin ihre Thesen in einem Podiumsgespräch mit Bischof Manfred Scheuer.

Erst ein solcher, weiter Begriff von Katholizität mache die Kirche zukunftsfähig und auch kompatibel mit der Idee von Synodalität, die Papst Franziskus verfolge, führte Guanzini in ihrem Vortrag aus. Zu vermeiden gelte es aus kirchlicher wie theologischer Sicht, sich in den "Kulturkampf" um Identität und Werte hineinziehen zu lassen - in diesem nämlich werde "katholisch" ebenfalls instrumentalisiert zu einem "Kampfbegriff" und politisch u.a. von Traditionalisten und konservativen rechten Kräften aufgeladen, mahnte die Theologin. "Wir sollten diesen 'Identitätsreflex' nicht ignorieren" - denn dieser markiere zugleich die Gefahr, dass Kirche zu einer "Parallelwelt" degeneriere, "welche nicht mehr die Kraft hat, die Kultur zu prägen."

Als Leitmotive für ein zeitgemäßes Verständnis von Katholizität empfahl Guanzini daher, Katholizität "nicht ohne den anderen" zu denken und zu verstehen - also nicht ohne sich im Dialog mit Glaubenden, Nichtglaubenden, anderen Religionen zu bewegen -, dabei auch eigene Wahrheitsansprüche zu kontrollieren und gegebenenfalls zu revidieren, und sich für eine "Entsakralisierung" einzusetzen im Sinne einer Kritik jeder "sakralen Ideologie und Klerikalismus". Guanzini: "Hierbei geht es nicht nur um die demokratische Anerkennung des anderen, sondern um die Sprengung der Sakralität des Systems, das auf der zölibatären Männlichkeit des Priesters und auf der nicht evangelischen Unterscheidung zwischen Reinem und Unreinem beruht." Dies müsse dringend überwunden werden, schloss die Theologin.

Scheuer: Gegensätze heben aus Selbstbezogenheit

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion schloss sich Bischof Scheuer dem prinzipiellen Appell Guanzinis an, Katholizität kirchlich möglichst weit zu denken. Auch ein Kirchenvater wie Thomas von Aquin hätte seinen Begriff von Heil und Erlösung insofern "katholisch" verstanden, als er dieses Heil nie exklusiv gedacht habe, sondern immer hinzugefügt habe "nicht ohne die anderen". Daher nötige schon die theologische Basisvorstellung von Heil und Erlösung die Kirche dazu, dies nicht als exklusives Gut zu verstehen, sondern als umfassende Idee. Katholizität als inklusiven Begriff zu verstehen bedeute daher gerade in einer "Welt der Pluralität und der Gegensätze eine positive Spannung, die mich aus meiner Selbstbezogenheit herausheben kann", so der Bischof.

Im Blick auf den Synodalen Prozess, der ja auch zur Begegnung mit den Anderen, auch Andersdenkenden auffordert, räumte Scheuer ein, dass gerade in diesem Bereich "nicht alles gelungen" sei und die Gespräche teils "im binnenkirchlichen Bereich stecken geblieben" seien. Hier wäre ein weiter Begriff von Katholizität daher auch ein Korrektiv, das immer wieder herausfordere, neu auf die Andersdenkenden, Fernstehenden zuzugehen.

350 Jahre Katholische Privat-Universität

Die Katholische Privat-Universität Linz wurde im Jahr 2000 als erste österreichische Privatuniversität staatlich akkreditiert. Ihre Geschichte reicht indes weitaus länger zurück: Bereits 1672 gab es erste theologische Studien am Linzer Jesuiten-Kolleg. 1971 wurde die ehemalige Philosophisch-Theologische Lehranstalt Linz zur "Philosophisch-Theologischen Hochschule der Diözese Linz". 1978 wurde sie durch die vatikanische Bildungskongregation zunächst "ad experimentum", 1988 aber definitiv in den Rang einer Theologischen Fakultät erhoben. Als "Katholisch-Theologische Hochschule Linz/Theologische Fakultät" war sie damit berechtigt, akademische Grade zu verleihen.

Im Jahr 2000 folgte dann mit der staatlichen Akkreditierung die Umbenennung zur "Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz" und bis 2015 fachliche Erweiterungen und der Ausbau um Kunstwissenschaft und Philosophie als eigenständige Studienfächer. Im selben Jahr folgte die Gründung der Fakultät für Philosophie und für Kunstwissenschaft.