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Die EKD hält an der Übersetzung des Vaterunsers fest. Hintergrund ist eine von Papst Franziskus angestoßene Debatte. Er hatte die in Deutschland verwendete Fassung der Vaterunser-Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“ (Matthäus 6,13a) als „keine gute Übersetzung“ bezeichnet. Es sei nicht Gott, der den Menschen in Versuchung stürze, um zu sehen, wie er falle, so der Papst: „Ein Vater tut so etwas nicht; ein Vater hilft sofort wieder aufzustehen. Wer dich in Versuchung führt, ist Satan.“ Die EKD teilte auf ihrer Facebook-Seite mit, dass das Gebet in dieser Form auch in der Lutherbibel 2017 enthalten ist: „Und dabei bleiben wir auch.“ Die Evangelische Nachrichtenagentur idea bat den evangelischen Theologieprofessor und früheren thüringischen Landesbischof Prof. Christoph Kähler (Leipzig) – er leitete die Revision der Lutherbibel 2017 – um eine Einschätzung. Er weist in seinem Beitrag die Kritik von Papst Franziskus zurück. Der Wortlaut des Vaterunsers „Und führe uns nicht in Versuchung“ sei „keine Frage der richtigen Übersetzung, sondern der angemessenen Deutung“. Die Formulierung sei in den deutschsprachigen Gemeinden schon in der Zeit vor dem Reformator Martin Luther (1483–1546) nachweisbar und gebe den griechischen Text, in dem das Neuen Testament überliefert ist, korrekt wieder. Manche modernen Bibelübertragungen versuchten, das Gemeinte zu deuten und fügten dann dem griechischen Ausgangstext etwas hinzu, was darin nicht enthalten sei – etwa die „Gute Nachricht Bibel“ (1997): „Lass uns nicht in Gefahr kommen, dir untreu zu werden.“

Gott lässt Versuchungen zu

Zur „angemessenen Deutung“ biblischer Stellen gehöre vor allem, andere Bibeltexte zur Erläuterung heranzuziehen – etwa die Versuchung Christi durch den Teufel in der Wüste (Matthäus 4,1-11), die Gott zugelassen habe. Prof. Kähler schreibt: „Das Geheimnis, dass der gütige Vater seinem Sohn und seinen Menschenkindern Leiden nicht erspart, kann und darf klagend ins Gebet genommen werden, also auch in das Vaterunser. Eine Änderung des Wortlauts aber erspart niemandem die dunklen Stunden und Erfahrungen, die sich daraus ergeben, dass Gott solche Versuchungen zulässt.“ Kähler zitiert ferner die Erläuterung Luthers zu dieser Bitte im Kleinen Katechismus. Der Reformator habe dort festgehalten, dass Gott zwar keinen versuche, aber Christen bäten in diesem Gebet, so Luther, „dass uns Gott behüte und erhalte, damit uns der Teufel, die Welt und unser Fleisch nicht betrüge und verführe in Missglauben, Verzweiflung und andere große Schande und Laster; und wenn wir damit angefochten würden, dass wir doch endlich gewinnen und den Sieg behalten.“

Die Stellungnahme von Professor Kähler im Wortlaut finden Sie hier.