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Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July.
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In der Evangelischen Landeskirche in Württemberg haben sich bisher 324 Pfarrer, Vikare und Theologiestudenten verpflichtet, homosexuelle Partnerschaften weder zu segnen noch zu trauen (Stand 27. November). Darunter sind auch Dekane und ehemalige Mitglieder der Kirchenleitung. Die Theologen unterzeichneten eine Stellungnahme, die an Landesbischof Frank Otfried July (Stuttgart), das Kollegium des Oberkirchenrates und die Landessynode gesandt wurde. Die Synode wird auf ihrer Tagung am 29. November in Stuttgart in geheimer Abstimmung entscheiden, ob sie homosexuelle Lebensgemeinschaften segnen oder trauen wird. Dazu liegen zwei Gesetzentwürfe vor. Der linksliberale Gesprächskreis „Offene Kirche“ fordert, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften ab dem 1. Januar kirchlich getraut werden können. Der Oberkirchenrat ist gegen eine Trauung, spricht sich aber dafür aus, dass die rund 1.300 württembergischen Kirchengemeinden künftig selbst darüber bestimmen können, ob sie solche Partnerschaften in Gottesdiensten öffentlich segnen.

Unterzeichner: Wir sind in unserem Gewissen an die Bibel gebunden

Die Stellungnahme verantwortet ein Initiativkreis. Er besteht unter anderen aus dem Pfarrerehepaar Friederike und Matthias Deuschle (Herrenberg-Kuppingen) sowie ihren Kollegen Martin Flaig (Gärtringen), Heidi Fuchs (Nufringen), Michael Lang (Jettingen-Unterjettingen) und Sabine Schmalzhaf (Gäufelden). Wie Matthias Deuschle auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea mitteilte, gehören zu den Unterzeichnern 190 aktive Pfarrer, 75 Ruhestandspfarrer und 15 Vikare. Die Theologen sehen sich der Erklärung zufolge von der Bibel her „nicht dazu ermächtigt“, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen oder zu trauen: „Da wir in unserem Gewissen an die Schrift gebunden sind, werden wir unabhängig von der Entscheidung der Synode weder das eine noch das andere tun.“ Zugleich betonen die Unterzeichner, dass es wichtig sei, in der Seelsorge jedem offen und wertschätzend zu begegnen: „Dies gilt selbstverständlich auch für gleichgeschlechtlich empfindende Menschen, ganz unabhängig davon, wie sie ihre Sexualität Leben.“

Kommt ohne Kompromiss die Segnung „außerhalb der kirchlichen Ordnung“?

Aber auch Befürworter einer Segenshandlung wandten sich an die Synode, darunter der Ephorus (Leiter) des Evangelischen Stifts Tübingen, der Kirchenhistoriker Prof. Volker Henning Drecoll. Er vertritt in seinem Schreiben die Ansicht, dass es ein „starkes, negatives Signal“ wäre, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare nicht zu ermöglichen: „Negativ, weil in unserer heutigen Gesellschaft die Ehe auch für Gleichgeschlechtliche möglich ist.“ Im Blick auf den Kompromissvorschlag, die Entscheidung über eine Segnung dem jeweiligen Pfarrer zu überlassen, schreibt Drecoll: „Sollte dieser oder ein ähnlicher Kompromiss nicht gefunden werden, ist zu befürchten, dass die Lebenswirklichkeit eben ihren Gang geht – neben oder ganz außerhalb der kirchlichen Ordnung.“