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Der Karfreitag zeigt die Verletzlichkeit des Menschen auf. Und ist gerade deshalb für die ganze Gesellschaft wichtig.
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„Der Ball ist jetzt wieder bei der Politik, aber auch bei den privaten Arbeitgebern und den Arbeitgebern der öffentlichen Hand“, sagt Bischof Michael Chalupka in Reaktion auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), der den Antrag der betroffenen Kirchen auf Gesetzesprüfung am Donnerstag, 12. März, aus formalen Gründen zurückgewiesen hat und inhaltlich keine Entscheidung getroffen hat.

„Der VfGH sieht den Karfreitag als reine Frage des Arbeitsrechts. Daher muss es Ziel sein, Lösungen auf Ebene der Sozialpartner und auf betrieblicher Ebene zu finden und möglichst viele Arbeitgeber dafür zu gewinnen, den Karfreitag frei zu geben“, betont der evangelisch-lutherische Bischof. Die Entscheidung des VfGH sei für die Evangelische Kirche schmerzlich, weil sie „wieder einmal“ nicht gehört wurde und ihr selbst jegliches Recht abgesprochen wurde zu klagen.

Karfreitag zeigt Verletzlichkeit auf

Gerade derzeit „spüren wir alle, wie verletzlich der Mensch ist“, sagt Chalupka weiter. Durch die Coronakrise aber auch die Not der Menschen an den Grenzen Europas werde diese Verletzlichkeit deutlich. Chalupka: „Nicht nur der Einzelne, sondern auch unsere Art und Weise des Zusammenlebens und des Wirtschaftens erweisen sich als weniger stabil als gedacht.“ Die Verletzlichkeit und die Verwundbarkeit der menschlichen Existenz würden sonst gerne verdrängt und ausgeblendet. Dabei entstehe der Eindruck, dass nur das Starke und der Erfolg zählten. In Zeiten der Prosperität und des normalen Alltags sei hingegen der Karfreitag ein Tag, der diese Verletzlichkeit aufzeige: „Der Karfreitag erinnert uns an unsere Endlichkeit und daran, wie sehr wir angesichts unserer Schwäche auf andere angewiesen sind, wie sehr wir auf einander verwiesen sind. Deshalb hat der Karfreitag auch eine Bedeutung für das Ganze der Gesellschaft“, so der Bischof wörtlich. Für Christinnen und Christen sei das Bedenken des Leidens und Sterbens Jesu eng damit verbunden, „das Leiden in dieser Welt zu spüren, hin- statt wegzusehen und die Erfahrung der Versöhnung in Christus ins Zentrum zu stellen“.

Den Evangelischen Kirchen sei mit dem Karfreitag nicht nur ein freier Tag genommen worden, sondern ein „Symbol des Erinnerns, ein Denkmal, das an die Zeiten der Diskriminierung und Verfolgung der Protestanten erinnert und gezeigt hat, dass sie als Minderheit willkommen und als wertvoller Teil der Republik gesehen werden“, unterstreicht der Bischof. Hier sei die Bundesregierung gefordert, „Zeichen der Wertschätzung“ zu setzen.

Chalupka erinnert daran, dass die Evangelische Kirche im vergangenen Jahr rund um die Karfreitagsdebatte „enorm viel Solidarität“ erfahren habe. Auch einige private Arbeitgeber und einige Arbeitgeber der öffentlichen Hand haben den Karfreitag allen freigegeben. Chalupka: „Ich appelliere an die Sozialpartner, diesen Weg weiter zu gehen, und freue mich über jeden einzelnen, der auch in diesem Jahr den Karfreitag freigeben wird.“