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In den kommenden fünf Jahren in Österreich unterwegs: Der ghanaische Pfarrer Stanley Lawer.
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Kurz vor Weihnachten war Stanley Lawer mit seiner Familie in Österreich eingetroffen, am Sonntag, 26. Jänner, wird der neue Pfarrer der ghanaischen Gemeinde in Wien-Simmering in sein Amt eingeführt. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst steckt Lawer seine Ziele für die fünfjährige Amtszeit in Österreich hoch: „Ich will, dass jeder der Arbeitsbereiche, für die ich nach Österreich gekommen bin, in den nächsten fünf Jahren ein höheres Level erreicht.“ Gemeint ist damit neben der Betreuung der ghanaischen Gemeinde in Wien auch die Übernahme von Bildungsagenden in Pfarrgemeinden und Schulen.

Der Nachfolger von Seth Adzokatse, der 2017 nach Ghana zurückgekehrt war, blickt auf zwölf Jahre als Pfarrer in seiner westafrikanischen Heimat zurück: „Ich hatte das Glück, in Gemeinden eingesetzt zu werden, in denen die Menschen unterschiedliche religiöse und kulturelle Lebenseinstellungen haben. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, zu verstehen, wie Menschen an verschiedenen Orten Gott und das Christentum verstehen“, so Lawer, der zunächst zwei Jahre in Asesewa im Osten des 28-Millionen-Einwohner-Staates arbeitete, ehe er für vier Jahre nach New Ningo nahe der Hauptstadt Accra kam. Es folgten Stationen in Ada Foah und Accra, wo er im letzten Jahr vor seiner Übersiedelung nach Österreich arbeitete.

Die stellte sowohl ihn als auch seine Familie – mit Lawer kamen seine Frau Philomena und ihre Söhne Barnabas und Azariah nach Wien – vor Herausforderungen: „Meine Familie hatte gemischte Gefühle, denn Ghana zu verlassen bedeutete für sie, Freunde und Familie für einige Jahre zu vermissen. Aber auch sie freuen sich auf das neue Umfeld.“ Besonders war der Umzug auch, weil er nur wenige Tage vor Weihnachten vonstatten ging, nachdem es über Monate hinweg Komplikationen mit den Einreisebehörden gegeben hatte: „Uns zu der Jahreszeit in einem neuen Umfeld wiederzufinden war für uns selbst eine Art Weihnachten“, erzählt Lawer, der Österreich nie zuvor besucht, sich aber bereits in Ghana intensiv auf das Land vorbereitet hat.

Schiefermair: „Schauen über den Tellerrand“ wesentliche Aufgabe

„Ökumenische Weltverantwortung wahrzunehmen gehört zum Selbstverständnis unserer evangelischen Kirche in Österreich“, sagte im Vorfeld der Amtseinführung Oberkirchenrat Karl Schiefermair. Er zeichnet auch für die Kooperation mit der Presbyterian Church in Ghana verantwortlich, im Rahmen derer Lawer die nächsten Jahre über in Österreich arbeitet. Mit dieser Partnerschaft wolle die österreichische Kirche „exemplarisch und in ausgewählten Projekten zeigen, dass sie diese Verantwortung ernst nimmt und mitträgt.“ Gerade für eine kleine mitteleuropäische Kirche sei das “Schauen über den Tellerrand” eine große und wesentliche Aufgabe.

Geist: „Besonders begabter Mensch mit Fingerspitzengefühl“

Die Amtseinführung vornehmen wird der Wiener evangelische Superintendent Matthias Geist. Er sagte gegenüber dem Evangelischen Pressedienst: „Die ghanaische Gemeinde ist Zeichen der weltweiten Vielfalt des evangelischen Lebens und repräsentiert das Gesicht weltweiter evangelischer Ökumene in Österreich und in Wien.“ Besonders betont Geist die „musikalisch einzigartige Gemeinschaft mit dem Ghana Minstrel Choir“ und die Bildungsarbeit, die im Zuge des Projekts in Schulen und Gemeinden geleistet wird: „Mit Stanley Lawer ist wieder ein ganz besonders begabter Mensch mit Fingerspitzengefühl in Wien und wird die Herzen der Wiener Evangelischen gewinnen.“

Ghanaisch-österreichische Kooperation seit 1994

Seit 1994 gibt es in der Evangelischen Kirche eine Pfarrstelle für kirchliche Partnerschaft, die mit Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem sogenannten globalen Süden – bislang immer Ghana – besetzt wird. Seit 2010 besteht darüber hinaus eine Projektpartnerschaft zwischen der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich und der Presbyterian Church of Ghana als „Ausdruck des Bekenntnisses der Kirche zur Einheit und zur weltweiten Verbindung unterschiedlicher Kirchen“, wie es in der entsprechenden Ordnung für die Pfarrstelle heißt. Zudem beteiligt sich die Evangelische Kirche über den Evangelischen Arbeitskreis für Weltmission an mehreren Projekten in Ghana.

Das westafrikanische Ghana ist mit etwa 240.000 Quadratkilometern rund dreimal so groß wie Österreich und hat mit 28 Millionen Menschen mehr als dreimal so viele Einwohner. Laut einer Studie von 2014 bekennen sich rund 77 Prozent davon zum Christentum, etwa 16 Prozent sind Muslime. Etwa die Hälfte der Christinnen und Christen gehören einer Pfingstkirche an, jeder sechste Christ ist Mitglied einer protestantischen Kirche.