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Im Überraschungsprogramm für Michael Bünker gab es auch ein Gespräch mit der Ö1-Journalistin Renata Schmidtkunz.
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Auf den feierlichen Gottesdienst in der Lutherischen Stadtkirche folgte in den Abendstunden des Samstags, 29. Juni, mit einem sommerlichen Fest unter Kastanienbäumen der zweite Teil der Abschieds von Michael Bünker aus dem Bischofsamt. Im gut gefüllten Garten sowie im Festsaal des Schutzhauses „Zur Zukunft“ – eine vielleicht nicht ganz zufällige Anspielung auf den baldigen Ruhestand – auf der Schmelz in Wien blickten zahlreiche Weggefährtinnen und Gefährten Bünkers auf dessen zwölfjährige Amtszeit zurück.

Heinz Fischer: Wichtige Stimme der Evangelischen in Österreich und Europa

In kurzen Videobotschaften richteten sich zahlreiche VertreterInnen aus Kirchen, Politik, Medien und Zivilgesellschaft an den scheidenden Bischof. Der frühere Bundespräsident Heinz Fischer würdigte Bünker als „wichtige Stimme der Evangelischen in Österreich und Europa.“ Im Rückblick dürfe er über Bünker sagen: „Er hat es gut gemacht.“ Beeindruckt zeigte sich Fischer von Bünkers Fähigkeit, zuhören zu können, und von seiner „toleranten Haltung mit festen Positionen“.

Die Journalistin Saskia Jungnikl erinnerte sich an den Interviewpartner und Freund Michael Bünker: „Er beantwortet Fragen nicht nur, sondern hinterfragt sie. Damit ist man selbst gefordert.“ Zugleich eröffneten sich dadurch neue Sichtweisen, „man wächst selber ein Stück weit“.

Oberkirchenrat Schiefermair: „Richtiger Mann zur richtigen Zeit“

Oberkirchenrat Karl Schiefermair betonte Bünkers Präsenz in der Öffentlichkeit: „Er war immer er selbst, ob im Burgtheater oder auf den Kanzeln einer kleinen Toleranzgemeinde. Er war der richtige Mann zur richtigen Zeit.“ Seine „unglaublichen Kenntnisse“ habe er „nicht als Besserwisser rübergebracht, sondern als einer, der mit diesem Wissen Lösungen findet“.

Als „Kosmopoliten“ bezeichnete der reformierte Landesuperintendent Thomas Hennefeld den scheidenden Bischof: „Er hat gesagt, die Reformation ist eine Weltbürgerin, und ich habe ihn selbst auch als Weltbürger erlebt.“ Ihm sei die vertrauensvolle Zusammenarbeit aller drei evangelischer Kirchen zu verdanken. Das unterstreicht auch der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs. „Wir haben viele Gründe dankbar zu sein, was Michael Bünker in seinen Dienst getan und durch seine Haltung bewirkt hat“, schreibt er in einem Brief an den scheidenden Bischof. Die evangelische Kirchengemeinschaft werde dadurch in Österreich „in vermutlich einzigartiger Weise“ gelebt.

Die Ungarin Klara Tarr, früheres Mitglied im Präsidium der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa, bezeichnete Bünker als „Bischof für alle“, der immer „geistreiche Leichtigkeit“ eingebracht habe. Für die Diakonie war er „Schutz und Schild“, als Schirmherr habe Bünker der Hilfsorganisation Brot für die Welt „international ein Gesicht gegeben“, sagte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. Zugleich habe Bünker als Bischof einer Kirche in der Diaspora gezeigt, wie man „als Minderheit da sein kann für das Ganze in der Gesellschaft“. Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitee Österreich und Leitender Sekretär des ÖGB, hob Bünkers Bereitschaft zur öffentlichen Stellungnahme hervor: „Es hat mich froh gemacht, dass mein Bischof Stellung bezieht. Weil es wichtig war, auch wenn es um schwierige Themen ging.“

Für Erheiterung unter den Gästen sorgten Bünkers Enkel, die vor allem über die gemeinsamen Urlaube mit Bünker in den Kärntner Alpen mit Angeln und Pilzesammeln erzählten: „Lieber Opa, ich wünsch mir von dir, dass du so witzig bleibst aber mehr Ruhe hast und mit uns in den Urlaub fährst.“

Karl Schwarz: „Ehrenprimas der globalen Christenheit“

In einer launigen, an Robert Musils Mann ohne Eigenschaften angelehnten Laudatio träumte der Kirchenrechtler und Kirchenhistoriker Karl Schwarz – in einem wohl mehr als nur halb ironischen Zitat von Musils „Parallelaktion“ – von einer „konfessionspatriotischen Aktion“ mit dem Ziel, „Bünker als Ehrenprimas der globalen Christenheit auszuloben“. Schwarz abschließend: „Robert Musil würde von dir gesagt haben, dass du eine interessante Persönlichkeit bist und ein Mann großen Formats.“

„Ich wollte unbedingt Mathematik studieren, habe aber festgestellt, dass ich dazu nicht begabt genug bin. Es hat gerade für die Theologie gereicht“, gestand Bünker selbst in einem kurzen Podiumsgespräch mit der Ö1-Journalistin Renata Schmidtkunz, die wie Bünker aus einer Kärntner Pfarrersfamilie stammt und aktuell die Sendereihe „Im Gespräch“ gestaltet. Beeindruckt zeigte sich Schmidtkunz insbesondere von Bünkers umfangreicher Publikationsliste, die in dem Sammelband „Glauben im Rhythmus der Hoffnung“ verzeichnet sind, der im Schutzhaus auf der Schmelz ebenfalls präsentiert wurde. Wann er DIE ZEIT fände, all diese Texte zu schreiben? „Die Texte entstehen so wie die Äpfel, die vom Baum fallen, wenn die Zeit reif ist“, meinte Bünker schmunzelnd. Einen Anhaltspunkt, wie das Schreiben neben allen Terminen und Pflichten geschehen könne, lieferte vielleicht Bünkers Antwort auf die Frage, ob das Große und Ganze oder das Detail mehr Aufmerksamkeit erforderten: „Wer nicht auf die Steine blickt wird stolpern, wer nur auf die Steine schaut sieht die Sterne nicht.“ Eine längere Ausgabe des Gesprächs mit Bünker werde im Herbst in ihrer Sendereihe auf Ö1 zu hören sein, kündigte Schmidtkunz an.

Ein kurzer Video-Spot hielt Höhepunkte von Bünkers Wirken als evangelisch-lutherischer Bischof fest, die auch hinter die Kulissen der täglichen Arbeit im Amt blicken ließen. So wurden nicht nur Treffen mit Bundespräsidenten ins Bild gerückt, sondern auch musikalische Auftritte, das mit Martin Luther sprichwörtlich gewordene Pflanzen eines Bäumchens, oder die Vorbereitungen auf das Reformationsjubiläum 2017.

Durch den Abend führte Moderatorin Daniela Philipp. Für die musikalische Unterhaltung der rund 400 Gäste im Schutzhaus sorgten ein Jazztrio und Bläser der Popakademie der Johann Sebastian Bach Musikschule. Den Schlusspunkt des Abends setzte aber Bünker selbst: Am Schlagzeug sorgte er gemeinsam mit seiner Band Kreuzweh für einen schwungvollen Ausklang. Zuvor danke er seiner Frau, seinen Kindern, Enkelkindern und Schwiegerkindern: „Gott sei Dank gibt es kein Zölibat in der evangelischen Kirche“. Besonderer Dank galt auch seiner Assistentin Dagmar Kloiber-Böhme und seiner Referentin Charlotte Matthias, die ihn über viele Jahre beruflich unterstützten. An seinem Nachfolger Michael Chalupka gerichtet meinte Bünker, als Bischof dürfe man „für eine wunderbare Kirche in einem wunderbaren Land“ tätig sein.