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Vor Journalisten zog Bünker unlängst Bilanz über seine Amtszeit und warf einen Blick in die Zukunft - seine persönliche und die der Kirche.
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Seinen Abschiedsgottesdienst als Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche feiert Michael Bünker am Samstag, 29. Juni, in Wien. Zu dem Festgottesdienst in der Lutherischen Stadtkirche in der Dorotheergasse werden zahlreiche prominente Gäste erwartet, darunter auch Bundespräsident Alexander van der Bellen. Der Gottesdienst beginnt um 15 Uhr.

Michael Bünker ist seit 2008 Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich, von 2007 bis 2018 war er zudem Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa. Davor war er Oberkirchenrat, Direktor der Evangelischen Religionspädagogischen Akademie und Pfarrer in Wien-Floridsdorf. Ende August tritt Bünker in den Ruhestand. Ihm folgt am 1. September Michael Chalupka im Bischofsamt nach. Der frühere Diakonie-Direktor wurde am 4. Mai von der Synode zum neuen Bischof gewählt.

Als Highlights seiner fast zwölfjährigen Amtszeit nannte Bünker in einem Gespräch mit Journalisten den europäischen Blick als Generalsekretär der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa, den Besuch in fast allen evangelischen Gemeinden Österreichs und das Jahr des Reformationsjubiläums 2017.

Der „europäische Blick“

Die Funktion in der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) „war sehr wichtig, weil es neu für mich war, für den Bischof einer kleinen Minderheitskirche in einem traditionell provinziellen Land wie Österreich, einen europäischen Blick gebracht hat, und für den bin ich sehr dankbar.“ Für die Zukunft wünsche er sich jedenfalls „mehr Europa“, nicht weniger, wie es viele forderten. Auch die Kirchen bräuchten diese „europäische Dimension“.

Fast alle evangelischen Gemeinden einmal besucht

Zugleich betont Bünker die Rückbindung an die rund 200 evangelischen Gemeinden in Österreich, die er fast alle zumindest einmal besucht habe: „Die Unterschiedlichkeit der evangelischen Gemeinden ist hier wirklich sehr groß. Eine Gemeinde im südlichen Burgenland zu vergleichen mit einer Großstadtgemeinde in Wien und die zu vergleichen mit Gmünd im Waldviertel oder Landeck im Westen Tirols – das geht fast nicht.“ Und doch seien alle Gemeinden getragen von zahlreichen Ehrenamtlichen, deren Engagement nicht zuletzt im Jahr der großen Flüchtlingsbewegungen 2015 gut sichtbar geworden sei: „Das finde ich großartig.“

„2017 war sensationell“

Ebenso großartig war für Bünker das Reformationsjubiläum vor zwei Jahren: „2017 war sensationell!“ Zum einen wegen der großen Zahl an Veranstaltungen, die nicht nur in Anbindung an die offizielle Kirche im ganzen Land stattfanden, zum anderen aber auch durch die Erfahrung, was Martin Luthers Thesenanschlag vor 500 Jahren für die Gegenwart bedeute: „Wir haben versucht zu zeigen, es gibt eine Form, Religion zu Leben, die weder die religiösen Menschen selber noch andere unterdrückt, sondern die Freiheit ermöglicht und fördert und die Verantwortung stärkt.“

Gelassener Blick in die Zukunft

Der Zukunft der Kirchen sieht Bünker positiv entgegen, auch wenn er eine Neudefinition des kirchlichen Selbstverständnisses erwartet – Stichwort Diaspora: „Wir gehen nicht mehr davon aus, die überwiegende Mehrheit in einem Land zu sein. Die Katholische Kirche in Österreich verabschiedet sich ja auch Zug um Zug davon.“ Die zahlenmäßige Minderheit stelle freilich vor neue Herausforderungen, weil man sie kombinieren müsse mit einem Engagement fürs Ganze in der Gesellschaft: „Die Kirchen wollen ja immer fürs Ganze etwas tun, nicht nur für die eigenen Leute.“

Seiner eigenen Zukunft sieht Bünker gelassen entgegen: „Luther schreibt an Melanchthon: Gott dienen wir am Besten durch Nichtstun! Ich lasse die Zukunft auf mich zukommen.“