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Das Eingangsgebäude zum KZ Mauthausen.
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Humanität fällt nicht vom Himmel. Sie muss erarbeitet, gebildet, erstritten, erkämpft werden.“ Das betonte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker im Rahmen eines ökumenischen Wortgottesdienstes anlässlich der Befreiungsfeier in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen am Sonntag, 5. Mai. An dem Ort, an dem während der Herrschaft der Nationalsozialisten rund 100.000 Menschen ihr Leben verloren, zitierte Bünker den NS-Gauleiter von Thüringen, Franz Sauckel. Der hatte gemeint, man wolle „die letzten Schlacken unserer Humanitätsduselei“ ablegen. Sauckel, so Bünker, „wusste, wovon er sprach, denn er hielt sich nicht nur wie viele Nazis für einen der ‚Herrenmenschen‘, sondern setzte diese verbrecherische Überzeugung in die schreckliche Wirklichkeit um.“

Auch heute sei Humanität nicht selbstverständlich: „Wie bleibt man ein Mensch, wenn man ausgegrenzt wird, zum Sündenbock gemacht, mit Vorurteilen punziert und anonym einer Gruppe zugerechnet, der man alles Unglück zuschreiben kann?“ Jeder und jede sei unersetzlich und von unermesslichem Wert, so Bünker. Das erkenne man auch „am Namen, an der unverwechselbaren, einmaligen Person, die einen Namen trägt. Gott hat unser aller Namen in die Fläche seiner Hand geschrieben.“

Gemeinsam mit Bünker feierten in Mauthausen der römisch-katholische Bischof der Diözese Linz, Manfred Scheuer, und der griechisch-orthodoxe Bischofsvikar Ioannis Nikolitsis. Im Anschluss an den Gottesdienst fand am ehemaligen Appellplatz des Lagers eine gemeinsame Befreiungsfeier mit Gedenkreden von VertreterInnen nationaler Opferorganisationen aus Weißrussland, Luxemburg, Slowenien und Österreich statt. Das Schwerpunktthema der diesjährigen Feiern lautete „Niemals Nummer. Immer Mensch.“

Das ehemalige nationalsozialistische Konzentrationslager Mauthausen bestand seit 1938. In den folgenden Jahren wurden auf dem ganzen Gebiet Österreichs – der damaligen Ostmark – Außenlager errichtet, in denen Häftlinge vorwiegend für die Rüstungsindustrie eingesetzt wurden. HistorikerInnen gehen von insgesamt rund 200.000 Gefangenen aus, die bis Kriegsende in Mauthausen interniert waren, rund 100.000 Menschen kamen ums Leben. Im Mai 1945 wurden die verbleibenden Gefangenen von der US-Armee befreit.