page-header
v.l.n.r.: Gerhild Herrgesell, Gisela Malekpour, Birgit Meindl-Dröthandl, Dieter Beck und Günter Köber bei der Amtseinführung durch Bischof Michael Bünker.
Anzeige

Starke Frauenfiguren standen am internationalen Frauentag im Mittelpunkt des Eröffnungsgottesdienstes der Synode der Evangelisch-lutherischen Kirche. Bei der Feier in der Wiener Donaucitykirche wiesen am Freitag, 8. März, Oberkirchenrätin Gerhild Herrgesell und Gisela Malekpour, Vizepräsidentin der Synode und niederösterreichische Superintendentialkuratorin, auf die Bedeutung der Gleichstellung von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen hin: „Gott traut uns zu, die gläserne Decke auf der Karriereleiter zu durchstoßen. Es sind Menschen, die uns daran hindern“, sagte Malekpour. Eine vielfältige Entwicklung zu einer pluralen Gesellschaft sei nur möglich, „wenn alle, ohne Ansehen von Geschlecht, Hautfarbe, sexueller Ausrichtung oder Herkunft, die Chance bekommen, ihre Fähigkeiten zum Wohle aller einzubringen“. Gott bestärke „uns Frauen mit seiner Zusage, für uns selbst, die Menschen und das Gute einzustehen“.

Zuvor hatten Herrgesell und Malekpour in einem Streifzug durch Bibel und Geschichte an Frauen erinnert, die sich getraut hätten, „Dinge zu sagen oder zu tun, die nicht der Linie entsprachen, die die jeweils Mächtigen vorgaben“. Dadurch hätten sie vieles zur Veränderung in Gesellschaft und Kirche beigetragen, wie Herrgesell betonte. Die Rede war dabei etwa von der antinationalsozialistischen Widerstandskämpferin Sophie Scholl, der Grazer Theologin Margarete Hoffer, die als eine der ersten Frauen in Österreich Theologie studierte und jüdische Menschen rettete, der „außergewöhnlichen“ Theologin Dorothee Sölle, „die sich nie abbringen ließ vom eigenen Weg“ oder von Maria von Magdala, die trotz aller Anfeindungen an ihrem Glauben festhielt und zur Zeugin der Auferstehung Jesu wurde.

„Vieles dieser mutigen, einsatzbereiten und bedingungslosen Nachfolge findet man heute bei vielen Frauen bei ihrer engagierten Arbeit und ihrem Einsatz in und für unsere Pfarrgemeinden“, unterstrich Herrgesell. Sie besuchten Alte und Kranke, inkludierten Menschen mit besonderen Bedürfnissen, setzten sich für Haftentlassene oder Flüchtlinge ein, hielten Gottesdienste, organisierten Sitzungen und leiteten Gremien.

Im Rahmen des Gottesdienstes wurden die im Dezember neu gewählten Mitglieder des Oberkirchenrates – Dieter Beck, Gerhild Herrgesell und Günter Köber – sowie die Mitglieder des Synodenpräsidiums – Gisela Malekpour und Birgit Meindl-Dröthandl – durch Bischof Michael Bünker in ihre Ämter eingeführt. Synodenpräsident Peter Krömer konnte aufgrund einer kurzfristigen Erkrankung nicht am Gottesdienst teilnehmen.

„Ins Präsidium der Synode und in den Oberkirchenrat kommen Menschen durch Wahl, dadurch dass sie gewählt werden und sich wählen lassen“, sagte Bischof Michael Bünker, dem bei der Amtseinführung Pfarrerin Marianne Fliegenschnee, Superintendentialkuratorin Petra Mandl und Oberkirchenrat Klaus Heussler assistierten. Viele Evangelische hätten in der Geschichte „keine Wahl“ gehabt, erinnerte der Bischof, wenn sie vor die Alternative „Glaube oder Heimat“ gestellt wurden. Flucht, Vertreibung und Migrationserfahrungen begleiteten zahlreiche evangelische Familien. „Diese Erinnerung tragen wir mit uns und in uns, sie lässt uns eintreten für religiöse Vielfalt, Toleranz und gegenseitige Anerkennung. Sie kann uns sensibel machen für Minderheiten“, sagte der Bischof, und in Anspielung auf die aktuelle Debatte um den Karfreitag meinte er: „Uns wird das Mindere der Minderheit bewusst, wenn man uns als vernachlässigbare Minderheit behandelt.“

Die Liturgie des Gottesdienstes gestaltete Oberkirchenrätin Ingrid Bachler. Musikalische Beiträge kamen vom Bläserquartett der Johann Sebastian Bach Musikschule Wien mit Jakob Gollien, Alexander Jank, Thomas Zsivkovits und Martin Grünzweig. An der Orgel war Diözesankantorin Yasuko Yamamoto zu hören.