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Wo vor 570 Jahren das Konzil tagte treffen nun die protestantischen Kirchen Europas zusammen: das Basler Münster.
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Zu ihrer Vollversammlung tritt die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) ab Donnerstag, 13. September, im Schweizerischen Basel zusammen. Bis 18. September diskutieren und entscheiden die VertreterInnen von 94 Mitgliedskirchen über die Ausrichtung der GEKE in den kommenden Jahren. Schwerpunktthemen sind dabei die Beziehungen der evangelischen Kirchen zum Vatikan – erstmals soll ein direkter Dialog zwischen Heiligem Stuhl und GEKE initiiert werden –, religiöse Pluralität sowie die Ethik der Reproduktionsmedizin. Bemerkenswert ist der Ort, an dem sich die Delegierten treffen: das Basler Münster war vor rund 570 Jahren Schauplatz des Basler Konzils. Der gastgebende Basler evangelisch-reformierte Kirchenpräsident Lukas Kundert spricht von der alle sechs Jahre stattfindenden Vollversammlung daher auch als „evangelischem Konzil“.

Bischof Bünker: Blick zurück auf 12 Jahre als GEKE-Generalsekretär

Österreich spielt für die Arbeit der GEKE eine entscheidende Rolle: Zwölf Jahre lang war der österreichische evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker Generalsekretär der Kirchengemeinschaft. Erst Anfang September übergab Bünker das Amt an seinen Nachfolger Mario Fischer. Der Sitz der GEKE allerdings soll in Wien bleiben. Auch darüber wird in Basel abgestimmt. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst für Österreich erinnerte Bünker in Rückblick auf seine Amtszeit an die vielen „Krisen“, die der Kontinent in zwölf Jahren durchlaufen hätte:  Bankenkrise, Staatsschuldenkrise, die sogenannte Flüchtlingskrise, die den „Zusammenhalt der europäischen Länder zwischen Nord und Süd, zwischen Ost und West“ als brüchig herausgestellt hätten. „Die Kirchengemeinschaft der evangelischen Kirchen hingegen ist vertieft und intensiviert worden.“

Erstmals offizielle Gespräche mit Vatikan

Bünker hebt dabei die Aktivitäten zum Reformationsjubiläum 2017 hervor, aber auch die Aufnahme des offiziellen Dialogs mit dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen. Am Sonntag, 16. September, werden GEKE-Präsident Gottfried Locher und Kardinal Kurt Koch ein entsprechendes Abkommen unterzeichnen. Bünker sieht darin einen entscheidenden Fortschritt: „Das Einheitsmodell der Leuenberger Konkordie – das Gründungsdokument der GEKE von 1973 – ist damit als Dialoggegenstand anerkannt.“ Die gute ökumenische Kooperation der evangelischen Kirchen in Österreich oder Deutschland mit der römisch-katholischen Kirche bilde dafür „einen förderlichen Boden und Rahmen. Auch GEKE-Präsident Locher betont in einer Aussendung den historischen Schritt: „Zum ersten Mal überhaupt beginnt der Vatikan einen Dialog mit einer regionalen, also nicht globalen Kirchengemeinschaft. Wir sind überzeugt, dass mit der ´Einheit in versöhnter Vielfalt´ ein sehr gutes Modell der kirchlichen Einheit vorliegt. Und wir wollen es weiterentwickeln und dabei auch von anderen Konfessionen lernen.“

Dokument über Pluralität in Europa

Als „anregend und herausfordernd zugleich“ sieht Bischof Bünker das von Expertinnen und Experten in einem mehrjährigen Arbeitsprozess erarbeitete Papier zur religiösen Pluralität in Europa, über das in Basel diskutiert werden soll. „Es kann eine Grundlage dafür bieten, wie evangelische Kirchen in ihren unterschiedlichen Kontexten auf die religiöse Pluralität eingehen und welchen Beitrag sie zum Zusammenleben mit verschiedenen Religionen leisten können.“ Dialog sei nur möglich, wenn die eigene Überzeugung nicht verschwiegen werde: Gerade im Betonen des eigenen evangelischen Glaubens werden Wege zu einem gedeihlichen Miteinander sichtbar.

Rund 200 TeilnehmerInnen

Am Sonntagabend, 16. September, wählt die Vollversammlung einen neuen Rat, das oberste Leitungsgremium der GEKE. Eine Kandidatin ist dabei auch die österreichische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler. Als Gastredner tritt am Samstag der Gründer der Gemeinschaft Sant’Egidio, Andrea Riccardi, auf. Die Laiengemeinschaft mit Sitz in Rom ist für die Unterhaltung von humanitären Korridoren, die Flüchtlingen die sichere Einreise nach Europa garantieren sollen, zuständig. Bereits seit Freitag, 7. September, läuft ein Stewardprogramm, bei dem 20 junge Studierende der Theologie sich mit den GEKE-Mitgliedskirchen befassen. Insgesamt werden nach Auskunft der GEKE knapp 200 Menschen zur Vollversammlung erwartet.

Über die GEKE

Der seit 1973 bestehenden Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) gehören 94 lutherische, methodistische, reformierte und unierte Kirchen aus über 30 Ländern Europas und Südamerikas an. Die GEKE vertritt damit insgesamt rund 50 Millionen ProtestantInnen. Die Vollversammlung bestimmt etwa alle sechs Jahre die Grundlinien der Arbeit. Der 13-köpfige Rat, geführt durch ein dreiköpfiges Präsidium, leitet zwischen den Vollversammlungen die Arbeit, die von der Geschäftsstelle in Wien koordiniert wird.