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Der 1. Vorsitzende der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung (GGE), Henning Dobers.
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Der Heilige Geist ist in der evangelischen Kirche lange sträflich vernachlässigt worden. Diese Ansicht vertritt der Vorsitzende der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung (GGE) innerhalb der Evangelischen Kirche, Pfarrer Henning Dobers (Hannoversch Münden), in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Ihm zufolge hat die evangelische Kirche in den vergangenen 200 Jahren „eine sehr große Nähe zum Rationalismus und eine große Distanz zu allem entwickelt, was übernatürlich ist und sich unserer Kontrolle entzieht“. Heute gebe es aber eine viel größere Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist als noch vor 20 Jahren. Die Geistliche Gemeinde-Erneuerung ermutige dazu, sich dem Heiligen Geist zu öffnen und die im Neuen Testament beschriebenen Geistesgaben zu praktizieren. Dabei gehe es nicht um dramatische Effekte. Die Gabenvielfalt des Heiligen Geistes könne auch auf ganz nüchterne Weise erfahren werden. Seine Frucht sei Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Keuschheit. Dabei gehe es vor allem um eine Veränderung des Charakters. So würden durch die Kraft Gottes Jähzornige milder und misstrauische Menschen offener. Veränderungen seien ein lebenslanger Prozess: „Auch ein Mann wie Apostel Petrus war nicht von jetzt auf gleich fromm. Er hatte schwerste charakterliche Rückfälle, ist aber immer wieder aufgestanden.“

Mit der Zungenrede wurde manchmal „Schindluder“ betrieben

Ferner äußerte sich Dobers zur Gnadengabe der Zungenrede. Damit sei manchmal Schindluder betrieben worden, weil sie „charakterlich unreif praktiziert“ worden sei. Wichtig sei, dass man bei ihrem Gebrauch den Verstand nicht ausschalte. Wenn in einer Gebetsgemeinschaft jemand anfange, in Sprachen zu beten, müsse immer dafür gesorgt sein, dass diese auch übersetzt werden. Ähnlich verhalte es sich mit der Gabe der Prophetie. Wenn jemand sage „Der Herr hat mir gesagt“, müsse das durch andere Christen geprüft werden. Gaben dürften nicht als Waffe eingesetzt werden – etwa mit dem Satz: „Du bist nicht geheilt worden, weil du nicht genug geglaubt hast.“ Solche Aussagen hätten eine schlimme Wirkung auf den Betroffenen.

Charismatiker werden „immer als gewisse Bedrohung wahrgenommen“

Nach Dobers Worten hat die GGE in der EKD viel erreicht. So sei die von der GGE wiederentdeckte Segnung von Kranken heute Bestandteil vieler Gottesdienstordnungen. Auch die von der GGE angeschobenen Glaubensgrundkurse gebe es heute fast flächendeckend. Zudem werde das Wort „Lobpreis“ heute nicht mehr verschämt in den Mund genommen. Allerdings würden Charismatiker „immer als gewisse Bedrohung wahrgenommen“. Sie seien offen dafür, „dass der Heilige Geist unsere Pläne über den Haufen wirft“. Dies wirke auf manche Leute wie Chaos. Die GGE repräsentiert die Anfang der 60er Jahre entstandene charismatische Bewegung in den evangelischen Landeskirchen. 1979 konstituierte sie sich unter der Leitung des Hamburger Pfarrers Wolfram Kopfermann als Verein. Etwa 10.000 Menschen in Deutschland zählen sich zu den Freunden der GGE.