page-header
Traditioneller Fackelzug für verfolgte Christen in der Wiener Innenstadt - Weihbischof Scharl: "Verfolgte Brüder und Schwestern nicht vergessen" - Außenminister in Grußwort: "Gravierende systematische Menschenrechtsverletzungen bis hin zum Genozid"
Anzeige

Mit einem Fackelzug von der Oper durch die Wiener Innenstadt bis zum Stephansdom haben am Dienstagabend hunderte Vertreter der verschiedensten christlichen Kirchen und Organisationen auf die weltweite Christenverfolgung aufmerksam gemacht. Angekündigt wurde die Veranstaltung u.a. über die Medieninitiative Glaubensimpulse von IM Österreich. "Wir setzen ein Zeichen, dass wir unsere verfolgten Brüder und Schwestern nicht vergessen", so der Wiener Weihbischof Franz Scharl. Außenminister und VP-Chef Sebastian Kurz versprach in einem beim Marsch verlesenen Grußwort, sich künftig im Rahmen der heimischen Politik wie auch auf EU-Ebene verstärkt für weltweite Religionsfreiheit einzusetzen. "Der Schutz von Christen muss einen stärkeren Bezug für unser außenpolitisches Handeln erhalten, bilateral und auf EU Ebene", so Kurz wörtlich.

Die Situation von Christen und anderen religiösen Minderheiten sei vor allem in Asien und im Nahen Osten besorgniserregend, unterstrich der Außenminister in seiner Botschaft. Gravierende systematische Menschenrechtsverletzungen bis hin zum Genozid an chaldäischen, syrischen, assyrischen, melkitischen und armenischen Christen, Jesiden, Turkmenen, Schiiten, Sunniten und vielen anderen religiösen und ethnischen Minderheiten hätten die Natur des Konfliktes im Nahen Osten dramatisch geändert. Österreich setze sich daher dafür ein, "dass Kriegsverbrechen und alle gravierenden Menschenrechtsverletzungen untersucht und die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft gezogen werden", stellte der Außenminister in den Raum.

Österreich habe zudem eine lange Tradition humanitären Engagements und unterstütze in diesem Sinn die diesbezüglichen Anstrengungen der internationalen Staatengemeinschaft. Bei den Hilfsleistungen gehe es Österreich insbesondere um die Stabilisierung von Krisenregionen und damit um die Bekämpfung der Ursachen von Flucht und Migration. Kurz wörtlich: "Die Hilfe vor Ort soll vor allem zur Schaffung eines Umfeldes zur Rückkehr und Reintegration von Flüchtlingen und intern Vertriebenen beitragen."

Helmut Kukacka, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV), zeigte sich am Rande des Fackelzuges im "Kathpress"-Interview erfreut über die Ankündigungen des Außenministers. Den Worten müssten nun freilich Taten folgen, so Kukacka in Richtung der kommenden Regierung. Der AKV-Präsident bedauerte zugleich, dass der Einsatz gegen Christenverfolgung in Österreich wie in ganz Europa nur ein Randthema sei. Es fehle in der Bevölkerung schlicht die persönliche Betroffenheit, "dass so etwa heute überhaupt noch möglich ist". Freilich sei es in vielen Ländern tragische Realität.

Wallner: "Westen sieht untätig zu"

In die gleiche Kerbe schlug auch "Missio"-Nationaldirektor P. Karl Wallner. "Heute werden Christen weltweit verfolgt wie nie zuvor. Und das Tragische ist, der Westen sieht untätig zu", so Wallner wörtlich. Der Glaube in Europa sei schwach geworden. Wallner: "Aus dem Glauben an Christus sind ein säkularer Humanismus, ein naiver Tolerantismus und verharmlosender Pazifismus entsprungen." Christenverfolgung sei aber "blutige Wirklichkeit", so der "Missio"-Nationaldirektor. Sein Gewissen verbiete es ihm, zu schweigen.

Kurt Igler von der NGO "Open Doors" wies auf die besonders dramatische Situation der Konvertiten hin. Vor allem in muslimischen Ländern hätten diese nicht nur die Mehrheitsgesellschaft als solche gegen sich sondern würden oftmals sogar von den eigenen Familien mit dem Tod bedroht. Igler wies u.a. auf den Iran hin, wo es seiner Aussage nach inzwischen bis zu eine Million Untergrundchristen gibt.

Die VP-Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler ortete beim Fackelzug einen Zusammenhang zwischen der mangelnden Reaktion Europas auf die Christenverfolgung und der Abneigung der europäischen Eliten gegenüber christlichen Positionen in der Öffentlichkeit. Ein Beispiel dafür seien die Hasspostings, denen Kardinal Christoph Schönborn ausgesetzt war, als er sich kritisch zum VfGH-Erkenntnis zur Ehe zu Wort meldete, so Kugler.

Das "Dokumentationsarchiv der Intoleranz gegen Christen in Europa" habe eine Liste von 42 Gesetzen in 15 europäischen Ländern veröffentlicht, die die Ausübung von Religionsfreiheit, Gewissensfreiheit oder Elternrechten für Christen einschränken, erinnerte Kugler. Und die OSZE habe die Mitgliedsstaaten bereits im Jahr 2011 aufgefordert, relevante Gesetzesbereiche auf diese Thematik hin zu überprüfen. "Leider ist dies noch nicht geschehen, und sogar bei christlich-geprägten Entscheidungsträgern noch nicht wirklich angekommen", kritisierte Kugler.

Der traditionelle Fackelzug wurde von der Plattform "Solidarität mit verfolgten Christen" veranstaltet. In dieser sind u.a. die NGOs "Kirche in Not", "open doors", "Christian Solidarity International-Österreich", die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) und das "Dokumentationsarchiv der Intoleranz gegen Christen in Europa" vertreten. Am Fackelzug nahm auch die österreichische OSZE-Sonderbeauftragte im Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung, Prof. Ingeborg Gabriel, teil.

Abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit einem ökumenischen Gottesdienst im Stephansdom, dem Mittelschüler-Kartellverband (MKV)-Seelsorger Pfarrer Gregor Jansen vorstand.