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Der Generalsekretär der Asiatischen Evangelischen Allianz, Richard Howell.
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Der Generalsekretär der Asiatischen Evangelischen Allianz, Richard Howell (Neu Delhi/Indien), hat vor einem wachsenden hinduistischen Nationalismus gewarnt. Er sprach am 13. November beim 5. ökumenischen Kongress „Christenverfolgung heute“ in Schwäbisch Gmünd. Howell leitet ein theologisches Seminar in Neu Delhi, das besonders von zum Christentum übergetretenen Hindus sowie einigen Muslimen besucht wird. Die Regierung unter Premierminister Narendra Modi sei geprägt von der Hindutva-Lehre, wonach Muslime und Christen nur toleriert werden können, wenn sie sich dem Hinduismus als Leitkultur unterwerfen. Howell bezeichnete diese Lehre als „gewalttätige Ideologie“. Die maßgeblichen Politiker des Landes stünden hinter ihr. Der Ministerpräsident des Bundesstaates Uttar Pradesh, Yogi Adityanath, etwa habe eine Erklärung abgegeben, dass bis 2021 alle Christen Indien verlassen sollen. Howell: „Die von Toleranz geprägte Hindu-Tradition zerfällt immer mehr.“ Der politische Hinduismus und religiös motivierte Gewalt nähmen zu. 2017 habe es bereits 200 Angriffe auf Christen gegeben, 2016 seien es 216 gewesen. Radikale Hindus hassten nicht die Arbeit, die Christen tun, sondern ihre Identität: „Sie sind verfolgt aufgrund ihres Glaubens an Jesus Christus.“ Auch Muslime seien betroffen. Beide Religionen seien in Indien Außenseiter und auf die „Gnade“ der Hindus angewiesen. Die Bundesstaaten Karnataka, Madhya Pradesh, Chhattisgarh und Tamil Nadu seien für Christen am gefährlichsten. Von den 1,25 Milliarden Einwohnern Indiens sind 82 Prozent Hindus, zwölf Prozent Muslime und mindestens drei Prozent Christen. Die Übrigen sind meist Anhänger von Natur- und Stammesreligionen.

Ex-Muslim: „Dass ich jetzt vor Ihnen stehe, ist ein Wunder Gottes“

Der Leiter eines Schulungszentrums für christliche Führungskräfte in Uganda, der Ex-Muslim Umar Mulinde, berichtete auf dem Kongress, wie er am 24. Dezember 2011 von radikalen Muslimen mit einer hochgiftigen Säure angegriffen und lebensgefährlich verletzt wurde: „Dass ich jetzt vor Ihnen stehe, ist ein Wunder Gottes.“ Ihm zufolge gibt es viele Muslime, „die Christen verfolgen und glauben, sie dienen wirklich Gott dabei“. Mulinde – er arbeitet heute als Pastor – ist als Muslim aufgewachsen und hat den Koran studiert: „Es gibt im Koran 75 Verse, die die Enthauptung ansprechen und fordern, und über 100 Verse, in denen es um die Ermordung von Nichtmuslimen geht.“

Erzbischof Vanags: Christen müssen bereit sein, gehasst zu werden

Der Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland, Janis Vanags (Riga), sagte in einer Bibelarbeit, dass ein Christ bereit sein müsse, gehasst, beschimpft und zum Tode verurteilt zu werden. Er fragte die Besucher, ob sie dazu bereit seien. Die richtige Reaktion sei ein liebendes Herz und die Liebe zu Christus. Dann werde es auch leichter, die eigenen Feinde zu lieben. Vanags wurde zu Sowjetzeiten selbst wegen seines Glaubens diskriminiert. Während der kommunistischen Besetzung seines Landes (bis 1991) verlor er seine Stelle als Chemielehrer in Riga, als die Schuldirektorin erfahren hatte, dass er Gottesdienste besucht. Daraufhin musste er die Kanalisation in der lettischen Hauptstadt reinigen. Illegal studierte er Theologie.

Landesbischof Frank Otfried July: Wir gehören in Christus zusammen

Der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), richtete einen schriftlichen Gruß an die Teilnehmer. Nach seinen Worten ist die EKD gemeinsam mit der römisch-katholischen Kirche bemüht, die Situation der bedrängten und verfolgten Christen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein besonderes Anliegen sei es ihm, nach Deutschland geflohenen Christen ein neues geistliches Zuhause zu schaffen: „Gerade hier sehe ich die Chance für eine ganz neue Art der Ökumene in unseren Ortsgemeinden.“ Der württembergische Landesbischof Frank Otfried July (Stuttgart) lobte in seinem schriftlichen Grußwort das „ökumenische Miteinander“ von orientalischen, orthodoxen, evangelischen, römisch-katholischen und pfingstkirchlichen Christen auf dem Kongress: „Wir gehören in Christus zusammen. Und wir sprechen am besten mit einer Stimme.“

Erzbischof Ludwig Schick: Christenverfolgung wird oft bewusst verschwiegen

Der katholische Erzbischof Ludwig Schick (Bamberg) schrieb, dass Christenverfolgung oft unbemerkt von der Öffentlichkeit bleibe und bewusst verschwiegen werde. Da Christen sich nicht mit gleichen Mitteln wehrten, mit denen sie bedrängt werden, würden sie von den Medien oft nicht wahrgenommen. Andere Religionsgruppen, etwa die Rohingyas in Myanmar seien viel stärker präsent: „Tatsache ist trotzdem, dass die Christen die am meisten verfolgte Glaubensgemeinschaft der Welt sind.“ Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) bedauerte in seinem schriftlichen Grußwort, dass die freie Ausübung des Glaubens in vielen Staaten unter anderem durch religiösen Fundamentalismus und die Vermischung von Politik und Religion gefährdet sei. Das sei ein beklagenswerter Zustand, der so nicht akzeptiert werden dürfe.

Kongress startete 2009 mit zehn Kooperationspartnern

Veranstalter des Kongresses vom 12. bis 15. November mit rund 500 Teilnehmern sind das Christliche Gästezentrum Schönblick in Schwäbisch Gmünd und die Evangelische Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) in Zusammenarbeit mit 35 evangelischen und katholischen Hilfswerken sowie Menschenrechtsorganisationen – so vielen wie noch nie. Der erste Kongress startete 2009 mit zehn Kooperationspartnern und 250 Teilnehmern. Er will für bedrängte und verfolgte Christen eintreten und ihnen eine Stimme geben. Unter den Referenten sind deswegen auch betroffene Christen, die aus ihren Heimatländern berichten, in denen Verfolgung aus Glaubensgründen zum Alltag gehört.