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Markus Rode, Leiter des Hilfswerks Open Doors in Deutschland, informiert über die aktuelle Lage verfolgter Christen.
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Markus Rode, Leiter des Hilfswerkes für verfolgte ChristenOpen Doors“ in Deutschland, zweiter Teil des Gesprächs über verfolgte Christen.

Herr Rode, Sie haben darüber berichtet, dass sich der radikale Islam vor allem in Afrika ausbreitet. Hat sich an dieser Lage etwas geändert?

Die Entwicklung, dass IS-Kämpfer nach Afrika, aber auch in den asiatischen Raum abwandern und sich dort mit bestehenden islamistischen Gruppierungen zusammenschließen, hat zugenommen. Diese neuformierten Gruppen agieren länderübergreifend und sind ein Grund dafür, dass auf dem Weltverfolgungsindex 2020 Länder auftauchen, in denen Christen bisher weitestgehend unbehelligt Leben konnten. Befeuert wird diese Entwicklung durch sogenannte „failed states“, das heißt Staaten, die von Krieg und Korruption so durchdrungen sind, dass kein gültiges Rechtssystem und somit auch kein Schutz für Christen bestehen. Diese Staaten stellen ein Sammelbecken für islamistische Gruppen dar. Die Regierungen sind nicht stark genug, gegen die Islamisierung von öffentlichen Schulen und Krankenhäusern und die Gewaltherrschaft der Islamisten vorzugehen.

Open Doors hilft Christen weltweit. In welcher Form wird den Christen in den einzelnen Ländern konkret und individuell geholfen?

Open Doors passt seine Projekte den jeweiligen Bedürfnissen der verfolgten Christen vor Ort an und setzt, wo möglich, einheimische Mitarbeiter ein, die am besten einschätzen können, wo und wie geholfen werden muss. Es geht Open Doors vor allem darum, verfolgte Christen zu stärken und zu ermutigen und spezifische Hilfsprojekte für ihre Situation zu entwickeln. Wichtig ist aber auch, die Anliegen und die Situation der verfolgten Christen international zu kommunizieren und zu Hilfe und Gebet aufzurufen.

Trotz Verfolgung wächst die Gemeinde Jesu weltweit, vor allem im fernen Osten und in islamisch geprägten Ländern – wie ist dieses besondere Phänomen zu erklären?

Aus menschlicher Sicht ist es nicht zu erklären, wieso in Gebieten, in denen Christen für ihren Glauben leiden müssen, immer mehr Menschen zu Jesus gehören wollen. Das ist nicht das Werk von Menschen, sondern des Heiligen Geistes. Jesus spricht immer wieder direkt durch Träume und Visionen zu den Menschen und stellt sich ihnen vor. Es gibt aber auch Konvertiten, die ihren Glauben mutig bezeugen und weitergeben. Sie wissen, was den Muslimen am meisten fehlt, da sie selbst dieser Religion angehört haben. Muslime sind enttäuscht von dem Zeugnis, dass der IS dem Islam ausgestellt hat. Viele sind auch beeindruckt von der Standhaftigkeit und dem Zeugnis der verfolgten Christen.

Worin liegt die Faszination des christlichen Glaubens, dass viele Menschen, trotz drohender Verfolgung, sich dafür entscheiden, mit Christen in Kontakt zu treten oder zum christlichen Glauben zu konvertieren?

Verfolgte Christen fallen den Menschen in ihrer Umgebung positiv auf, weil sie Liebe ausstrahlen und es schaffen, ihren Feinden zu vergeben. Das ist in den Kulturen, die von Vergeltung geprägt sind, etwas Besonderes. Jesus steht zu seinen Verheißungen und schenkt den Christen inneren Frieden und ein Licht, das in der Dunkelheit ihrer Umgebung leuchtet. Er gibt auch die Kraft dazu, Gewalt und Ungerechtigkeit zu ertragen und nicht mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Das alles kann nur Jesus Christus bewirken. Deshalb ist die erste Bitte der verfolgten Christen immer die nach Gebet, damit der Herr Jesus ihnen diese Kraft immer wieder aufs Neue schenkt.

Europas christliches Fundament scheint immer mehr zu bröckeln. Menschen mit christlichen Werten werden belächelt. Was können wir von den Menschen lernen, die in Ländern leben, in denen sie wegen ihres Glaubens verfolgt werden?

In allen Bereichen der Politik und Öffentlichkeit lässt sich in Europa Säkularisierung beobachten. Christen in Europa können deshalb von ihren Geschwistern in der Verfolgung lernen, sich mutig zu ihrem Glauben zu bekennen, vor allem dann, wenn wir uns durch gesellschaftliche Barrieren daran gehindert fühlen.

Mit welchen speziellen Projekten unterstützt Open Doors Menschen, die unter schwerster Verfolgung leiden?

Der Dienst von Open Doors ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Zum einen die geistliche Unterstützung der verfolgten Christen, damit sie im Glauben standhaft bleiben. Dazu zählen Ermutigung und Gebet. Gleichzeitig geht es auch um das Beschaffen von Bibeln oder die Ausbildung von Leitern. 2018 konnten 500 000 Christen an Schulungen mit gesunder biblischer Lehre teilnehmen. Soweit möglich, unterstützt Open Doors Christen auch materiell mit „Hilfe zur Selbsthilfe“-Projekten, z. B. mit kleinen Anschaffungen, wie z. B. einer Nähmaschine oder einer Fischzucht, mit denen die Familien sich dann selbst etwas verdienen können. Open Doors bietet aber auch Trauma-Seminare und Gefangenenhilfe an und hilft traumatisierten Kindern, die Schlimmes erleben mussten, dass sie wieder in den Schulalltag eingegliedert werden können.

Was können Sie denen empfehlen, die sich jetzt fragen, wie sie selbst konkret helfen könnten?

Mit dem Material von Open Doors kann jeder, der will, verfolgte Christen unterstützen. Das Hilfswerk informiert über konkrete Gebetsanliegen und ermöglicht die Zustellung von Ermutigungskarten an verfolgte Christen. Natürlich ist es auch möglich, Hilfsprojekte finanziell zu unterstützen. Man kann auch für verfolgte Christen einstehen, indem man Briefe an Politiker schreibt und sie bittet, sich auf ihren Reisen für verfolgte Christen einzusetzen.

Näheres dazu berichtet Markus Rode im Podcast. Es ist der zweite Teil eines Interviews zum Thema des Monats „Christenverfolgung heute“ im ERF Südtirol.