page-header
Anzeige

Das christliche Hilfswerk Open Doors hat den Weltverfolgungsindex 2020 veröffentlicht, die Rangliste der 50 Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Demnach hat die Gewalt gegen Christen und ihre Kirchen dramatisch zugenommen. Neben den 50 aufgeführten Ländern sind Christen in 23 weiteren Staaten mit einem hohen Maß von Verfolgung konfrontiert. Auffällig sind die weltweit zunehmende Kontrolle und Unterdrückung kirchlichen Lebens sowie die Zerstörung und Schließung von Kirchen und kirchlichen Einrichtungen, am stärksten in China. Insgesamt beobachtet Open Doors weit über 100 Länder und unterstützt seit 65 Jahren verfolgte Christen in über 60 Ländern durch umfangreiche Hilfsprojekte.

In den 50 Ländern des Weltverfolgungsindex Leben rund fünf Milliarden Menschen, darunter nach Angaben der World Christian Database und Schätzungen von Open Doors ca. 640 Millionen Christen. Etwa 260 Millionen von ihnen sind starker bis extremer Verfolgung ausgesetzt. Kirchliches Leben ist dort, wenn überhaupt, nur mit erheblichen Einschränkungen möglich. Besonders christliche Leiter werden ins Visier genommen und bedroht, verhaftet oder ermordet. Weite Teile der Bevölkerung begegnen Christen mit einer wachsenden Feindseligkeit. Im Bildungsbereich und der Arbeitswelt sowie im Umgang mit den Behörden erleben sie massive Schikanen. Im Berichtszeitraum vom 1. November 2018 bis 31. Oktober 2019 wurden fast 9.500 Kirchen und kirchliche Einrichtungen attackiert, zerstört oder geschlossen; im Vorjahr waren es 1.850.

Dem Regime in Nordkorea ist alles Christliche verhasst. Die Herrscherdynastie der Kims lässt sich wie Gott verehren. Die Zeitrechnung in Nordkorea basiert nicht auf der Geburt von Jesus Christus, sondern auf der von Staatsgründer Kim Il Sung. Unter dem heutigen Machthaber Kim Jong Un müssen zehntausende Christen in Straflagern schwerste Zwangsarbeit leisten sowie Folter erleiden.

Einheimische Christen in Afghanistan sind alle muslimischer Herkunft, es gibt keine Kirchen im Land. Weil der Abfall vom Islam als todeswürdiges Vergehen gilt, müssen sie äußerst vorsichtig sein, um nicht entdeckt und ermordet zu werden. Auch in Somalia können Christen ihren Glauben nur heimlich leben. Al-Shabaab-Anführer sowie Imame erklären öffentlich, dass es in Somalia keinen Platz für Christen und Kirchen gibt. Die Konflikte in Libyen erschweren zusätzlich das Leben der wenigen Christen. Christliche Flüchtlinge, die über Libyen nach Europa fliehen wollen, werden schikaniert, gefoltert und auch ermordet.

Das Ausmaß der Gewalt in Pakistan gegen Christen bleibt extrem hoch. Übergriffe gegen christliche Mädchen und Frauen sind an der Tagesordnung, die herrschenden Blasphemiegesetze zwingen die Christen zusätzlich zu größter Vorsicht. Wer eine Änderung dieser Gesetze auch nur erwägt, riskiert ermordet zu werden.

Trotz des Friedensabkommens zwischen Eritrea und Äthiopien gibt es kaum Verbesserungen für die eritreischen Christen. Das Regime ließ im Mai 2019 Hunderte von ihnen verhaften und verfügte im Juni plötzlich die Schließung und Beschlagnahmung von 22 christlich geführten Kliniken. Im Sudan ließ der langjährige und seit April 2019 abgesetzte Präsident Omar Al-Bashir wiederholt das Eigentum christlicher Gemeinden beschlagnahmen, Kirchengebäude zerstören und Pastoren und Pfarrer verhaften. Die Christen hoffen nun auf Besserungen, die von der neuen Regierung in Aussicht gestellt wurden.

Wie in den meisten der genannten Länder ist es Muslimen auch im Jemen verboten, den Islam zu verlassen. Wer es dennoch tut, riskiert sein Leben. Durch den Krieg ist der Einfluss islamistischer Gruppen gewachsen. Sie treiben die Verfolgung von Christen im Land voran, oftmals mit Unterstützung durch Regierungsbeamte und Behörden. In Iran ist der Islam Staatsreligion und die Scharia Rechtsgrundlage. Dennoch haben sich hunderttausende Muslime dem Glauben an Jesus Christus zugewandt. Sie treffen sich heimlich in Hauskirchen, die regelmäßig Ziel von Razzien sind. Leitern drohen langjährige Gefängnisstrafen und Folter. Im Berichtszeitraum verhafteten die Behörden 194 Christen, die meisten von ihnen Konvertiten, 114 davon in nur einer Woche kurz vor Weihnachten 2018. Viele christliche Konvertiten sind wegen der Verfolgung aus dem Land geflohen – auch nach Deutschland.

Indien und China sind die bevölkerungsreichsten Länder und gleichzeitig die aktivsten im Bereich digitaler Überwachung. Indien zählte erstmals 2019 zu den zehn für Christen gefährlichsten Ländern der Welt. Die hindu-nationalistische Regierung unter Premierminister Modi ist nach der Wahl im Mai 2019 weiter an der Macht und lässt extremistische Hindus weitgehend straffrei gegen Christen agieren. Open Doors hat mehr als 440 gewaltsame und hassmotivierte Übergriffe gegen Christen registriert.

Weltweite Trends und Entwicklungen

Durch eine zunehmende digitale Überwachung, Verhaftungen sowie Einschüchterung von Christen, wie in China (Rang 23), versuchen immer mehr Regimes das kirchliche Leben zu ersticken. In den Kirchen in China werden Kameras und zunehmend biometrische Gesichtserkennung eingesetzt. Die kommunistische Partei verlangt absolute Unterordnung und ließ im vergangenen Jahr mehr als 5.500 Kirchen und kirchliche Einrichtungen schließen.

In afrikanischen Ländern südlich der Sahara führen islamische Extremisten regelrecht Krieg gegen christliche Gemeinden. Die blutigen Überfälle auf Gottesdienste in Burkina Faso (Rang 28), wo mindestens 50 Christen ermordet wurden, bringen das für religiöse Toleranz bekannte Land erstmals auf den Weltverfolgungsindex. Der vorsitzende Bischof für Burkina Faso und Niger, Laurent Birfuoré Dabiré, warnte eindringlich: „Wenn die Welt weiterhin nichts tut, wird es hier bald keine Christen mehr geben.“ Im Norden wurden Dorfbewohner mit Kreuzen ausgesondert und ermordet. Kirchen, Schulen und christliche NGOs wurden angegriffen oder aus Angst geschlossen. Ähnlich ist die Lage in weiteren Staaten der Region, darunter Mali (Rang 29).

Auch Christen in Asien leiden unter dem militanten Islamismus. Die Lage in Bangladesch (von Rang 48 im Vorjahr auf 38) und Sri Lanka (von 46 auf 30) hat sich deshalb verschlechtert. Auf Sri Lanka haben bei Anschlägen auf Ostergottesdienste und Hotels im April 2019 etwa 250 Menschen ihr Leben verloren, die meisten davon Christen.

Wegen der Unsicherheit im Irak und der Bedrohung durch schiitische Milizen zögern Christen, in ihr Land zurückzukehren. Ihre Zahl hat innerhalb nur einer Generation um 87 % abgenommen. Ähnlich ist die Situation in Syrien. Zusätzlich droht Christen durch den Einmarsch der Türkei in Nordostsyrien ihre Vertreibung. Dank der Hilfe von Christen weltweit stemmen sich die Gemeinden in Syrien und dem Irak gegen ihre Auslöschung.

Die Fürsprache von Christen und Politikern weltweit hat nach einer konstruierten Blasphemieanklage und mehr als acht Jahren Haft zum Freispruch der pakistanischen Christin Asia Bibi geführt. Aus Kanada teilte sie mit, sie habe denen vergeben, die sie ins Gefängnis gebracht und ihren Tod gefordert hatten. Sie bat darum, auch die nicht zu vergessen, „die schon jahrelang im Gefängnis leiden“.

Verfolgte Christen brauchen wesentlich entschlossenere Unterstützung

„Die Religionsfreiheit weltweit nimmt ab. Am Beispiel von Asia Bibi wird deutlich, dass dagegen internationale Bemühungen viel bewirken können. Wenn Regierungen Christen das Recht verweigern, ihren Glauben zu leben, und sie stattdessen verfolgen, müssen wir uns zu ihrer Stimme machen“, sagt der Leiter von Open Doors Deutschland, Markus Rode. „Das gilt auch für christliche Konvertiten in unserem eigenen Land, denen vom BAMF und Verwaltungsgerichten immer seltener Asylschutz erteilt wird. Eine Abschiebung in Länder wie Iran und Afghanistan ist unverantwortlich. Die Bundesregierung muss Abschiebungen von Konvertiten sofort stoppen und sich wesentlich entschlossener für verfolgte Christen einsetzen.“

Weltverfolgungsindex 2020: Newcomers - Neu auf dem Index