Bei den größten Wahlen der Welt konnten rund 900 Millionen Wahlberechtigte in Indien ein neues Parlament bestimmen. Dabei hat die christenfeindliche hindu-nationalistische BJP unter Narendra Modi ihren Wahlsieg von 2014 wiederholt. Unter ihrer Herrschaft hat sich Indien auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors von Rang 28 auf 10 verschlechtert und gehört zu den Ländern, in denen es für Christen besonders gefährlich ist, ihren Glauben zu Leben. Die Verfolgung ist in den 29 Bundesstaaten unterschiedlich stark, acht von ihnen haben Anti-Bekehrungsgesetze eingeführt, die gegen nicht-Hindu-Religionen gerichtet sind.
Während der Wahlsieg der BJP von deutschen Wirtschaftsvertretern positiv bewertet wird, da sie sich von Modi weiterhin ein "stabiles und investitionsfreundliches Umfeld" erhoffen, warnt das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors vor einer weiteren Verschlechterung der Lage für Christen und religiöse Minderheiten. Ein Sprecher von Open Doors betont: "Seit 2014 haben hinduistische Extremisten ein Klima des Hasses und der Intoleranz gegenüber den religiösen Minderheiten Indiens geschaffen, vor allem im Blick auf die christlichen und muslimischen Gemeinschaften."
Übergriffe gegen Kirchen und Christen auf Höchststand
Lokale Partner des christlichen Hilfswerkes verzeichneten im ersten Quartal 2019 bereits 216 christenfeindliche Vorfälle, darunter zwei Morde, 11 Mordversuche, 45 Attacken auf Christen mit teils bleibenden Schäden sowie Angriffe auf 18 Gottesdienste mit mehreren hundert Besuchern. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2014 wurden 147 Gewalttaten gegen Christen registriert. Dies sind nur die an Open Doors gemeldeten Vorfälle. Ein Partner vor Ort berichtet: "Seitdem Polizeikräfte vermehrt unter Einfluss der Extremisten stehen, sind Morddrohungen und physische Gewalt gegen Christen nicht mehr nur in Dörfern verbreitet, wo oft die Regeln der Dorfältesten über dem offiziellen Gesetz stehen, sondern auch in Städten."
Neben der stetigen Zunahme von Gewalt gegen Christen seit 2014 werden religiöse Minderheiten durch Kampagnen zur Zwangsbekehrung zum hinduistischen Glauben zusätzlich unter Druck gesetzt. Dazu ein indischer Pastor: "Wir hoffen und beten, dass die internationale Gemeinschaft den Schutz religiöser Minderheiten gegenüber der indischen Regierung anspricht. Die könnte die indischen Gesetze und sogar Klauseln in der Verfassung ändern und so weitere Instrumente zur Verfolgung von Minderheiten schaffen."
Der Leiter von Open Doors Deutschland, Markus Rode, sagt: "Deshalb fordern wir von der neuen Regierung, dass sie die weitverbreitete Verfolgung von Christen und religiösen Minderheiten sofort unterbindet. Die Vertreibung von Christen aus ihren Dörfern muss aufhören, genauso wie die Unterdrückung der großen Anzahl von Dalits, die sich dem christlichen Glauben zugewendet haben. Die indische Regierung ist gefordert, die missbräuchliche Anwendung der Antikonversionsgesetze zu stoppen. Für Open Doors steht an erster Stelle das Gebet für die verfolgten Christen, um sie in ihrer Hoffnung zu stärken und dabei zu unterstützen, dass sie auf Gewalt mit der Botschaft des Friedens reagieren."
In dem aktuellen Bericht "We're Indians too: An analysis of escalating human rights violations against religious minority communities in India" gibt Open Doors Hinweise, wie die internationale Gemeinschaft zur Beendigung der Verfolgung von Christen und anderen religiösen Minderheiten in Indien beitragen könnte. Dazu gehören die Schaffung eines internationalen Überwachungsmechanismus zur Dokumentation von Gewalt, Intoleranz und Diskriminierung gegenüber den religiösen Minderheiten Indiens sowie verstärkte Interaktion ausländischer Botschafter mit Parlamentariern und nationalen Beamten in Bundesstaaten, in denen Anti-Konversionsgesetze bestehen.