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Der Bericht soll das US-Außenministerium auf „Länder mit besorgniserregenden Entwicklungen“ hinweisen.
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Die Lage der Religionsfreiheit hat sich 2017 in vielen Ländern verschlechtert. Ein Grund ist das Erstarken autoritärer Systeme. Häufig wird sie zudem unter dem Vorwand eingeschränkt, Terrorismus bekämpfen zu wollen. Das geht aus dem Jahresbericht 2018 der US-Kommission für Internationale Religionsfreiheit (Washington) hervor. Der Bericht soll das US-Außenministerium auf „Länder mit besorgniserregenden Entwicklungen“ (CPC – countries of particular concern) hinweisen. Die Liste hat sich im Vergleich zu 2017 nicht verändert. Am stärksten missachtet wird die Religionsfreiheit demnach in 16 Staaten: China, Eritrea, Iran, Myanmar, Nordkorea, Saudi-Arabien, Sudan, Turkmenistan, Tadschikistan, Usbekistan, der Zentralafrikanischen Republik, Nigeria, Pakistan, Russland, Syrien und Vietnam. In weiteren zwölf Ländern seien die Verletzungen der Religionsfreiheit ernst, aber nicht so schwerwiegend, dass sie auf die CPC-Liste gehörten – nämlich in Afghanistan, Aserbaidschan, Ägypten, Bahrain, Kuba, Indien, Indonesien, Kasachstan, Laos, Malaysia, im Irak und in der Türkei. Zusätzlich stufte die Kommission die Terrorgruppen „Islamischer Staat“ (Syrien/Irak), Taliban (Afghanistan) und al-Shabaab (Somalia) erneut als „besorgniserregende Organisationen“ (EPC – entities of particular concern) ein. Der Vorsitzende der Kommission, Daniel Mark, sieht neben den negativen Entwicklungen jedoch auch Grund für Optimismus: Die Bedeutung des Grundrechts auf Religionsfreiheit werde heute mehr denn je gewürdigt, und schwere Verstöße würden weniger unbemerkt bleiben.

Pakistan: Gerichte verfolgen Großteil der Übergriffe auf Minderheiten nicht

Die religiösen Minderheiten in Pakistan haben dem Bericht zufolge weiterhin mit sozialer Ausgrenzung und Übergriffen durch radikale Muslime zu kämpfen. Die Regierung schütze sie zudem nicht angemessen. Politiker und Richter setzten sich nicht für die Rechte der religiösen Minderheiten ein. Stattdessen komme ein Großteil der verdächtigten Extremisten, die Anschläge auf Minderheiten verübten, aus der Untersuchungshaft frei oder werde erst gar nicht festgenommen. Im Februar 2017 habe der Senat immerhin ein Gesetz verabschiedet, das erstmals die Eheschließungen und das Familienrecht von Hindus formal anerkenne. Bezüglich eines ähnlichen Gesetzes für Christen sei es zu keinen wesentlichen Fortschritten gekommen. Nicht-Muslimen stünden nur zehn Sitzen im Parlament zu. Ein großes Problem sei nach wie vor das Blasphemiegesetz für religiöse Minderheiten. Etwa 100 Personen säßen gegenwärtig Haftstrafen wegen angeblichen Verstoßes gegen das Gesetz ab. Geschätzt 40 Prozent seien zu lebenslanger Haft oder zum Tode verurteilt, darunter die katholische Christin Asia Bibi.

Türkei: Inhaftierung von US-Pastor hat abschreckende Wirkung auf andere Christen

In der Türkei sieht das Gremium negative und positive Entwicklungen. Die Inhaftierung des US-Pastors Andrew Brunson im Oktober 2016 habe eine abschreckende Wirkung auf die Christen im Land gehabt. In den vergangenen Jahren seien etwa 100 Pastoren gezwungen worden, die Türkei wegen verweigerter Visaerneuerungen zu verlassen. Geplante Änderungen in den Bildungsplänen – etwa die Streichung der Evolutionslehre oder die Vermittlung des „Jihads“ als Ausdruck der Liebe zum Heimatlands – seien bezeichnend für eine Islamisierung. Gleichzeitig habe die Regierung in den vergangenen Jahre aber auch Schritte unternommen, ehemals enteignetes Eigentum an religiöse Minderheiten zurückzugeben. Seit 2011 habe die Regierung insgesamt 333 Liegenschaften und 1.500 Immobilien an religiösen Minderheiten zurückgegeben und für 21 Entschädigungen gezahlt. 2017 habe sie zudem die Betriebskosten von 379 Kirchen, 24 Kapellen und 39 Synagogen übernommen. Außerdem unterstütze sie den Wiederaufbau ausgewählter historischer Kirchen, wie etwa das griechisch-orthodoxe Kloster Sumela (Trabzon) oder die bulgarisch-orthodoxe Kirche Sankt Stefan (Istanbul).

Ägypten: 22 Übergriffe auf Kirchen im Jahr 2017

In Ägypten sind dem Bericht zufolge die Bedingungen weitgehend unverändert. Präsident Abdel Fattah al-Sisi setze seine Annäherungsversuche zur Förderung religiöser Toleranz fort und haben zum vierten Mal in Folge an der koptischen Weihnachtsmesse teilgenommen. Gleichzeitig gebe es mehr Blasphemie-Vorwürfe gegen Einzelpersonen. Außerdem könnten ehemalige Muslime bei einem Glaubenswechsel zum Christentum ihre Religionszugehörigkeit in ihren Dokumenten nach wie vor nicht ändern. In einigen Fällen seien Personen sogar verhaftet worden, nachdem bekannt geworden sei, dass sie konvertiert waren. Zudem habe es mehr als 120 Anschläge auf religiöse Minderheiten gegeben, darunter 22 auf Kirchen. Die überparteiliche und unabhängige US-Kommission für internationalen Religionsfreiheit wurde 1998 gegründet. Sie veröffentlicht jährlich einen Bericht, in dem die Missachtung von Religionsfreiheit sowie die Verfolgung und Ausgrenzung aufgrund religiöser Bekenntnisse aufgelistet werden. Die Empfehlungen fließen in die Erwägungen des US-Außenministeriums für seine Liste der „Länder mit besorgniserregenden Entwicklungen“ ein.