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Der Herzschlag der Ungeborenen steht im Zentrum des Kampfes von Lebensschützern und Abtreibungsbefürwortern.
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Der nachgewiesene Herzschlag der Ungeborenen steht in den USA im Mittelpunkt der Auseinandersetzung um die Frage, bis zu welcher Frist eine Abtreibung gestattet sein darf. Nachdem im Bundesstaat Texas am 1. September ein Gesetz in Kraft trat, das in den meisten Fällen Abtreibungen nach der 6. Schwangerschaftswoche für unzulässig erklärt und zivilrechtliche Klagen ermöglicht, beendeten viele Kliniken das Angebot, Abtreibungen durchzuführen. Auf Veranlassung der Biden-Administration wurde in der Folge ein Bundesgericht aktiv, die in Texas geltende neue Regelung für verfassungswidrig zu erklären. Aber der juristische Ausgang bleibt ungewiss, da dieser Einspruch seinerseits mit einer einstweiligen Verfügung durch ein texanisches Gericht bekämpft wird.

Die äußerst liberale Abtreibungsgesetzgebung in den USA beruht auf den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in den Fällen Roe und Casey, die Spätabtreibungen bis zum Einsetzen der Wehen legalisieren. Einzelne Bundesstaaten, zuletzt eben Texas, haben dagegen deutlich strengere Richtlinien erlassen. Es könnte aber in absehbarer Zeit zu einer grundsätzlichen Wende kommen, wie die Senatorin Amy Sinclair, State Senate of Iowa, im Interview mit Glaube.at erläutert.

Sinclair hatte unter dem Schlagwort „Heartbeat Initiative“ im Jahr 2018 in ihrem Bundesstaat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das den Nachweis des Herzschlags eines ungeborenen Kindes als den Zeitpunkt definiert, nach dem in den meisten Fällen keine Abtreibung mehr durchgeführt werden darf. Diesen Ansatz im Sinn des Lebensschutzes definiert die republikanische Abgeordnete so:

„Vielen Menschen können das Konzept, dass Leben mit der Empfängnis beginnt, nur schwer fassen. Was aber ganz leicht zu verstehen ist, dass, wenn ein Herzschlag nachgewiesen wird, es sich um ein einzigartiges und eigenständiges Wesen handelt. Von dem Moment an, wo ein Herz zu schlagen beginnt bis zu dem Zeitpunkt, dass es nicht mehr schlägt, sprechen wir von einer eigenständigen Person, die von der Regierung erwarten kann, dass diese ihr individuelles Lebensrecht verteidigt.“

Doch es sind nicht nur Texas und Iowa, die bundesstaatliche Gesetzesregelungen erlassen haben, die legal mögliche Abtreibungen einschränken. Einen juristischen Showdown erwartet Sinclair im Dezember im Bundesstaat Mississippi. Das erläutert sie so:

„Vor einigen Jahren trat in Mississippi eine ähnliche gesetzliche Regelung in Kraft wie in vielen europäischen Ländern. Abtreibungen nach der 15. Schwangerschaftswoche wurden verboten. Der Fall Dobbs gegen Jackson Women's Health Organization ist jetzt beim Obersten Gerichtshof gelandet und dieser hat den Fall übernommen. Für Dezember ist die mündliche Anhörung angesetzt.

Dabei gibt es sehr wenig Kompromissmöglichkeiten. Die früheren maßgeblichen Entscheidungen des Supreme Court zur Abtreibungsfrage, Roe und Casey, werden klar herausgefordert. Das ist schwarz-weiß, mit kaum einer Grauzone dazwischen.“

Die Karten werden also neu gemischt und es ist durchaus im Bereich der Möglichkeit, dass der Supreme Court eine grundsätzlich andere Entscheidung als seinerzeit im Fall Roe gegen Wade trifft, wenn er sich erneut mit der Frage beschäftigen muss, ob und in welchen Fällen Abtreibungen legal sein dürfen. Und die entscheidende juristische Frage ist hier, ob das Oberste Bundesgericht oder Höchstgerichte der Bundesstaaten hierbei das letzte Wort haben sollen.
Die aktuellen Auseinandersetzungen zwischen dem Höchstgericht in Texas und dem Supreme Court in Washington könnten also nur ein Vorspiel sein, denn die juristische Argumentation auf der der Oberste Gerichtshof in den Fällen Roe und Casey aufgebaut hat, ist ins Wanken geraten. Und auf Grund der veränderten Zusammensetzung zwischen konservativen und liberalen Höchstrichtern scheint vieles wieder offen. Senatorin Sinclair jedenfalls hält alles für möglich:
„Meiner Meinung nach werden diese früheren Erkenntnisse bestätigt – oder sie fallen. Und wenn der Oberste Gerichtshof sie aufhebt, dann werden alle Gesetze zu Abtreibungsfragen auf die Ebene der Bundesstaaten zurückverlagert, wie es vor 1973 der Fall war. Das ist eine Wasserscheide und falls der Supreme Court dem Bundesstaat Mississippi Recht gibt, dann wird das eine großartige Möglichkeit eröffnen, das Recht auf Leben in allen Bundesstaaten zu verteidigen.“

Für den nächsten „Marsch fürs Leben“, der am 16. Oktober 2021 in Wien stattfindet, gibt die Senatorin Amy Sinclair ein Grußwort, in dem die Bedeutung des Herzschlags der Ungeborenen betont wird. Der Marsch für den Lebensschutz beginnt um 13:30 Uhr am Stephansplatz.

Der Herzschlag der Ungeborenen | Abtreibungsverbote in Texas und Mississippi