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Die Landshuter Staatsanwaltschaft will eine höchstinstanzliche gerichtliche Klärung zur Strafbarkeit des Kirchenasyls.
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Die Landshuter Staatsanwaltschaft will eine höchstinstanzliche gerichtliche Klärung zur Strafbarkeit des Kirchenasyls. Ein Sprecher der Behörde bestätigte am Montag einen entsprechenden Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vom Wochenende. Geklärt werden soll, ob ein Asylbewerber ohne Aufenthaltstitel in kirchlicher Obhut belangt werden kann, obwohl die Behörden keine Zwangsmaßnahmen wie einen Haftbefehl angewandt haben.

Möglich macht die Klärung der Freispruch eines Asylbewerbers aus Nigeria, der 2016 für mehrere Monate in einer Freisinger Pfarrei Unterschlupf gefunden hatte. Das Freisinger Amtsgericht erkannte vergangenen Freitag auf Freispruch. Die Staatsanwaltschaft prüft nun eine Sprungrevision beim Oberlandesgericht München, will dazu aber erst noch das schriftliche Urteil abwarten. Prinzipiell kommt als Rechtsmittel auch Berufung infrage, dann würde das Landgericht auch die Tatsachen noch einmal prüfen und nicht nur die Rechtsgründe. Allerdings sind die Tatsachen in diesem Fall aus Sicht der Staatsanwaltschaft unstrittig.

Ein Urteil des Oberlandesgerichts könnte den Umgang der Justiz und der Polizei mit Kirchenasyl in Bayern entscheidend verändern. Die Staatsanwaltschaften sagen, sie seien durch das Legalitätsprinzip prinzipiell zu Ermittlungen gezwungen. In dem Freisinger Verfahren gab die Ausländerbehörde zu Protokoll, sie habe keinen Haftbefehl beantragt, weil es eine Weisung gebe, die betroffenen Flüchtlinge nicht mit Gewalt aus dem Kirchenasyl zu holen. Dahinter steht eine 2015 vom Präsidenten des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit den beiden großen Kirchen getroffene Vereinbarung. Aus ihr geht hervor, dass das BAMF Kirchenasyl in Ausnahmefällen respektiert.

Asylhelferkreise werfen der bayerischen Justiz und der Staatsregierung vor, dass sie sich an diese Vereinbarung seit einem Jahr offenbar nicht mehr gebunden fühlt. In keinem anderen Bundesland gebe es wegen Kirchenasyl so viele staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren. Für Schlagzeilen sorgte, als in diesem Frühjahr bekannt wurde, dass die drei bayerischen Generalstaatsanwaltschaften im Herbst 2016 ein schärferes Vorgehen gegen Pfarrer und Kirchenvorstände bei Kirchenasyl verabredet hatten.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) deutete indes bei einer Veranstaltung in Kempten im August an, dass er "radikale Schritte" gegen für das Kirchenasyl Verantwortliche angesichts der wenigen Fälle für nicht gerechtfertigt halte. Dazu zählten auch Ermittlungsverfahren. In der Praxis werden diese nach Auskunft der Kirchen fast immer wegen Geringfügigkeit eingestellt. Umgekehrt erhalten die meisten Flüchtlinge im Kirchenasyl nach erneuter rechtlicher Prüfung ihres Verfahrens einen Aufenthaltstitel.