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Bischof Chalupka (r.) bei der Pressekonferenz: "Bin beeindruckt von der Ernsthaftigkeit, mit der eine ganze Gemeinde, die ganze Region um Schladming, um das Leben des jungen Mannes kämpft".
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Ihre Empörung über den Umgang mit afghanischen Konvertiten in Österreich haben Vertreter der Evangelischen Kirche und der Diakonie am Dienstag, 12. November, bei einer Pressekonferenz in Wien aufmerksam gemacht. In Afghanistan seien Menschen, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, an Leib und Leben bedroht – wie auch ein erst jüngst gefälltes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bestätige. Dennoch würden sie häufig mit der Begründung abgeschoben, ihrer Konversion zum Christentum fehle die Glaubwürdigkeit. Anlass für die Pressekonferenz war der Fall des afghanischen Asylsuchenden Hossein K. Der Lehrling des Diakonissenkrankenhauses in Schladming war am Donnerstag, 7. November, bei einem Termin am Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) festgenommen worden. Ihm droht noch Dienstagabend die Abschiebung nach Afghanistan. Das ganze Wochenende über waren hunderte Menschen in Schladming zu Gebeten und Mahnwachen für Hossein K. zusammengekommen.

Diakonie-Direktorin Moser: Österreich muss Urteil des EGMR folgen

Einen Abschiebestopp für zum Christentum konvertierte Menschen aus Afghanistan forderte die evangelische Pfarrerin und Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser vor den Journalisten. Moser berief sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der erst am 5. November dahingehend entschieden hatte – mit der Begründung, eine solche Abschiebung verstoße gegen das Verbot der unmenschlichen Behandlung, Folter oder Todesstrafe nach Artikel 3 der Menschenrechtskonvention. „Österreich muss nun diesem Urteil folgen. Österreich muss anerkennen: Afghanen, die zum Christentum konvertiert sind oder bei denen auch nur der Verdacht entstehen könnte, sie seien konvertiert, sind Verfolgung ausgesetzt“, so Moser. Kritik äußerte Moser auch an Asylbescheiden, die Konvertiten zum einen mangelnde Glaubwürdigkeit unterstellten, und sie zum anderen dazu anhielten, „ihren Glauben in Afghanistan zu verstecken oder gar zu verleugnen“.

Synodenpräsident Krömer: Glaubensprüfungen erinnern an Zeit der Gegenreformation

Heftige Kritik an „Glaubensprüfungen“ durch die zuständigen Behörden äußerte der Präsident der evangelischen Synoden, Peter Krömer. „Das erinnert an die Zeit der Gegenreformation, wo Evangelische sich auch Glaubensprüfungen unterziehen mussten. Wenn sie diese nicht bestanden, wurden sie des Landes verwiesen.“ Mit den Prüfungen und der gängigen Praxis, Konversionen als unglaubwürdig einzustufen, würde das Urteil des jeweiligen Pfarrers oder der Pfarrerin als nicht relevant abgewiesen. Damit werde „die Arbeit der Amtsträgerinnen vonseiten der Gerichte in Misskredit gebracht.“ In einem Schreiben an Kultusminister Alexander Schallenberg habe er einen runden Tisch angeregt, an dem die zuständigen Behörden und betroffenen Kirchen über eine Änderung der aktuellen Praxis beraten sollten.

Bischof Chalupka: Mit Kirchenasyl soll Zeit gewonnen werden

Das Kirchenasyl, in dem sich auch Hossein K. Befand, sei „ein letzter, legitimer Versuch einer Pfarrgemeinde, Asylsuchenden durch zeitlich befristete Schutzgewährung beizustehen.“ Damit solle auf eine erneute sorgfältige Überprüfung ihrer Situation durch die Behörden hingewirkt werden. Der Evangelischen Kirche sei bewusst, dass damit „kein eigenes Recht begründet“ werde. Allerdings schaffen Pfarrgemeinden mit der Gewährung von Kirchenasyl Zeit für weitere Überprüfungen. Entscheidend sei Transparenz: „Auch im Fall von Hossein K. herrschte immer Klarheit, wo er sich aufhält. Es bestand kein Grund für die Schubhaft.“ Abschließend sprach Chalupka sein Unverständnis gegenüber der österreichischen Abschiebepraxis aus: „Wenn sich die österreichische Bundesregierung gegen Christenverfolgung stellt und zu ihrem Thema macht, dann kann es doch nicht sein, dass Christinnen und Christen durch die Abschiebung ganz bewusst der Verfolgung ausgesetzt werden.“

Bischof Krautwaschl: Verweis auf humanitäres Bleiberecht

Auch der römisch-katholische Bischof Wilhelm Krautwaschl richtete in einer Stellungnahme gegenüber dem Evangelischen Pressedienst seine tiefe Betroffenheit aus. Der steirische Diözeanbischof appelliert „an die Vernunft der Beteiligten, nicht einen wunderbar integrierten Menschen abzuschieben.“ Er verweist auf die Anwendung des humanitären Bleiberechts, um das sich die österreichischen katholischen Bischöfe seit Jahren bemühten.