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Thomas Schirrmacher während seines Vortrags.
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Es braucht nicht viel, um mit Muslimen ins Gespräch zu kommen. „Für einen gelingenden Dialog benötigt man lediglich eine gefüllte Teetasse oder zwei. Und man leistet durch diese Gastfreundschaft einen wichtigen politischen Beitrag zur Integration.“ Das sagte der stellvertretende Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz, Thomas Schirrmacher (Bonn), auf einem Studientag des „Netzwerks evangelischer Christen in Baden“ und der „ChristusBewegung Baden“ am 6. April in Pforzheim. Anlass war das „Gesprächspapier Christen und Muslime“ der Evangelischen Landeskirche in Baden. Es soll noch bis Ende 2019 diskutiert und 2020 verabschiedet werden. In einem Gutachten hatte Schirrmacher zuvor kritisiert, dass es wesentliche Themen, etwa die Frage nach dem Heil der Gläubigen, außer Acht lasse. Christliche Vorstellungen, etwa von Barmherzigkeit, würden unkritisch auf den Islam übertragen. Auf dem Studientag sagte er, dass nicht nur Christen mit einem relativistischen Wahrheitsverständnis im Dialog mit Muslimen seien: „Im weltweiten Maßstab sind es gerade solche Christen, die von der Wahrheit ihres eigenen Glaubens überzeugt sind, die am intensivsten den Dialog mit Muslimen führen.“

Warum Muslime für Mohammed beten

Schirrmacher warnte davor, bestehende Unterschiede in der Lehre einzuebnen, auch wenn sich Begriffe ähnelten. Die „DNA der beiden Religionen“ würden sich in vielen Bereichen grundsätzlich unterscheiden. Als Beispiel nannte er das Gottesbild: Der Kern des christlichen Glaubens sei die „größtmögliche Gottesnähe“, die man sich vorstellen kann. Für Muslime ist dagegen die Freiheit Gottes und damit auch die Sorge vor einer Vereinnahmung Gottes durch die Gläubigen vorherrschend. Dass Gott bzw. sein Geist im Herzen eines Menschen wohnt, sei für einen muslimischen Gläubigen undenkbar. Auch die christliche Vorstellung, in der Ewigkeit mit Gott und mit Jesus Mahlgemeinschaft zu haben, sei für Muslime äußerst befremdlich. „Das Leben nach dem Tod stellen sich Muslime zwar als ‚Paradies‘ vor, die Nähe Gottes spielt dabei aber keine Rolle.“ Viele Muslime würden regelmäßig für ihren Propheten Mohammed beten, da selbst er nicht wissen konnte, ob er einmal bei Gott sein werde.

Diskussionen münden in Streitgespräche

Der langjährige Leiter von OM Deutschland, Tobias Schultz (Mosbach), riet dringend davon ab, sich auf theologische Diskussionen über die Dreieinigkeit oder die Gottheit Jesu einzulassen. Der Denkrahmen der islamischen Lehre sei so anders, dass man durch Argumente allein kaum weiterkomme, sagte der Theologe und Islamkenner. „Diskussionen über die Lehre der beiden Religionen werden fast immer zum Streitgespräch, Geschichten der Bibel dagegen gehen ins Herz und können dort Veränderung bewirken.“ Er empfahl, aus der Bibel zu erzählen und gemeinsam darin zu lesen: Geschichten aus dem Alten Testament über die Schöpfung, den Sündenfall oder die Hoffnung auf Erlösung durch den Messias. Auch Wundergeschichten aus dem Neuen Testament über die besondere Autorität Jesu seien dafür gut geeignet