Bibel Wien

Neu auf YouTube: Die Bibel auf Wienerisch

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Vor kurzem wurden 14 „Gschichtn vom Jesus und seine Leit“ auf dem YouTube-Kanal der Evangelischen Kirche in Wien veröffentlicht. Umrahmt wird jedes Video mit typisch Wienerischer Musik, komponiert von Hans Schröpfer, gespielt von Sara Glanzer sowie Hans Schröpfer. Vor einigen Jahren hat Andreas Berghöfer aus Wien begonnen, Bibelgeschichten in die Wiener Mundart zu übertragen. „Das Wienerische ist meine Muttersprache, ich will die Geschichten so erzählen, wie ich tatsächlich im Alltag rede“, so Berghöfer. Er wolle Jesus möglichst vielen Menschen ohne besonderen kirchlichen Hintergrund bekannt machen, antwortet Berghöfer auf die Frage, was bzw. wen er mit seiner Übersetzung ins Wienerische erreichen wolle. „Ich wollte sehr einfach, verständlich schreiben und nicht nur für das durchschnittlich doch eher gut gebildete Kirchenpublikum.“

Bei der Textauswahl hat sich der pensionierte Hauptschullehrer auf narrative Texte aus dem Neuen Testament konzentriert. Das bekannte Gleichnis vom Verlorenen Sohn heißt bei ihm „Da Voda und seine zwaa Buam“. Weitere Geschichten tragen Titel wie „A Zööna kapiat wos wiaklich zööd“ und „Wia da Jesus di Kinda gsegnet hod“. Auch die Weihnachtsgeschichte auf Wienerisch zählt zum Repertoire. Als Lektor und damit Laienprediger in der Evangelischen Johanneskirche in Wien-Liesing beschäftigt sich Berghöfer seit vielen Jahren intensiv mit Bibeltexten.

„Wichtig ist mir, die Kernaussage des Berichts möglichst genau zu treffen“

Bei seinen Übersetzungen sei es ihm wichtig, nahe am Text zu bleiben, diesen aber verständlich ins Heute zu übertragen, erläutert Andreas Berghöfer. So zeigt er in seinen Texten nicht nur ein besonderes Feingefühl für die Übersetzung ins Wienerische, sondern auch für kleine, interpretierende Erweiterungen der Bibeltexte, durch die die vorgetragenen Geschichten anschaulicher für Hörende werden. „Ich male die biblischen Berichte aus, lese und erzähle auch, was meines Erachtens zwischen den Zeilen steht.“ Dabei versuche er, sich die Szene wie einen Film vorzustellen. „Natürlich ist das Interpretation“, ist er sich der Verantwortung seines Schaffens bewusst. „Aber sehr wichtig war und ist mir immer, die Kernaussage des Berichts möglichst genau zu treffen!“ Sprich: „Was wird über Jesus berichtet bzw. was sagt Jesus über sich selbst oder unser Zusammenleben?“ Das gelte besonders dann, wenn er den Rahmen modernisiere, „was ich fallweise gemacht habe“, so dass zum Beispiel aus einem König ein Firmenbesitzer werde. Im Grunde weiß sich Andreas Berghöfer in guter Tradition zum Reformator Martin Luther, der dem „Volk aufs Maul geschaut“ – so das berühmte Zitat Luthers – hat, um die Bibel in ein verständliches Deutsch zu übersetzen.

Als Kostprobe ein Auszug aus Berghöfers Übersetzung der „Speisung der 5.000“ (Markus 6,30-44):

Hod da Jesus gsogt: „Gebts doch iia eana wos zum essn.“ Hod ana drauf gsogt: „Des kaun si nii ausgee mit den, wos mia in da Kassa haum fia di Masse Leit. Nii im Leben geed si des aus!“ Hod da Jesus gsogt: „Schauts amoi noch, wos ibahaupt do is.“ Haums nochgschaut, und haum fünf Laben Brot auftriibn und zwa Fisch. Viilleicht haums glaubt: „Des is fian Jesus persönlich und fia uns, fia seine Mitoabeita: A schmole Jausn fia dreizeen Maun, oba immahin: Bessa ois nix.“ Oba da Jesus hod gauns wos aundas vuaghobt.

Besonders authentisch werden die Texte freilich, wenn Berghöfer sie selbst liest. Als Wiener liegen ihm der Wiener Dialekt und Sprachklang im Blut. Und wie sind die Reaktionen auf die „Gschichtn vom Jesus und seine Leit“? Fast durchwegs positiv, berichtet Berghöfer. Besonders freut er sich über Rückmeldungen wie die einer betagten Frau: „Ich habe das Gleichnis vom verlorenen Sohn wahrscheinlich schon 100 Mal gehört, aber es hat mich noch nie so berührt.“

Die Weihnachtsgeschichte auf Wienerisch