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Erziehung von Teenagern hat viel mit Verständnis und Loslassen zu tun.
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In dieser letzten Folge der Reihe „Wer fordert, der fördert“ im aktuellen Thema-des-Monats-Podcast des ERF Südtirol bietet Bestsellerautor, Psychotherapeut und Familienberater Reinhold Ruthe wieder eine Vielzahl an praktischen Tipps für Eltern und Erzieher. Der erfahrene Berater weiß aus unzähligen Gesprächen, wie herausfordernd das Zusammenleben mit Kindern in der Pubertät sein kann. Er weiß aber auch, worauf zu achten ist, um auch in dieser Entwicklungsphase unserer Kinder ein einigermaßen harmonisches Zusammenleben zu garantieren.

Hilfreich ist in jedem Fall, wenn Eltern sich gedanklich zurückversetzen in DIE ZEIT, als sie selbst in dieser Phase ihres Lebens waren. Wenn sie sich daran erinnern, wie sie sich damals gefühlt oder rebelliert haben, hilft das auch, ihre Kinder zu verstehen. Sich seiner Gefühle und inneren Konflikte bewusst zu machen, kann also tatsächlich helfen, die Gefühle und inneren Konflikte der eigenen Kinder besser zu verstehen und mit mehr Verständnis und Barmherzigkeit darauf zu reagieren.

Wer über die Zusammenhänge und Schwierigkeiten, die dieses Alter mit sich bringt, informiert ist, kann Teenagern „Brücken bauen“ und dazu beitragen, eine liebevolle, ehrliche und authentische Atmosphäre zu schaffen, die von gegenseitigem Vertrauen geprägt ist. Es bringt nichts, den Kindern klarzumachen „Du kannst mir alles sagen.“ und gleichzeitig eigene Schwächen, Gefühle oder Erfahrungen für sich zu behalten. Erst wenn Eltern vor ihren Kindern eingestehen, mit welchen Problemen sie selbst als Teenager zu kämpfen hatten und was ihnen dabei geholfen hat, entsteht wieder Vertrauen. Doch bevor es dazu kommt, braucht es oft viel Geduld und Einfühlungsvermögen. Es geht auch nicht vordergründig darum, Probleme zu lösen. Teenager müssen zuerst einmal das Gefühl bekommen, dass sie sich ihren Eltern anvertrauen können. Eltern wiederum müssen ihre Scheu verlieren, vor ihren Kindern vielleicht als Schwächlinge dazustehen, wenn sie von sich selbst erzählen, wie sie z. B. ihre Pubertätszeit erlebten. Wer seinem Sohn oder seiner Tochter zeigt, dass auch er nicht unfehlbar war, gibt seinem Kind die Chance, Vertrauen zu bekommen und offen mit Fehlern und Schwächen umzugehen, ohne verurteilt oder sogar verstoßen zu werden.

Wichtig ist auch, dass Eltern lernen, ihre Kinder zur rechten Zeit loszulassen, ihnen ihre Selbstständigkeit und Abnabelung zuzugestehen. Eltern sollten sich immer bewusst sein, was das Ziel jeder Erziehung ist. Es geht in einer Erziehung eben nicht darum, das Kind vor allen Schwierigkeiten zu bewahren, sondern dem Kind zu helfen, zu einer selbstständigen Persönlichkeit heranzuwachsen. Junge Menschen sollten lernen, ihr Leben eigenständig geregelt zu bekommen. Das nennt Reinhold Ruthe immer wieder als eine seiner wichtigsten Erfahrungen. Schließlich sind Kinder, die sich nicht in einer guten und gesunden Weise von ihrem Elternhaus abnabeln, prädestiniert für spätere Eheprobleme. Eltern sollten sich deshalb bemühen, zuzulassen, dass ihre Kinder sich von ihnen lösen und eigene Wege gehen. Das ist ein wichtiger Teil unseres Lebens.

Kinder müssen lernen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, auch wenn diese vielleicht nicht richtig sind. Es geht dennoch darum, eigene Erfahrungen zu machen und daraus zu lernen. Denn nur dadurch wird ein Mensch fähig, sich im Leben zu behaupten. Den Kindern Wissen mitzugeben alleine reicht nicht, es geht auch darum, ihnen den Raum zu lassen, eigene Erfahrungen zu machen. Eltern haben nicht nur die Aufgabe, ihre Kinder vor den Tücken der Welt zu bewahren, sie müssen sie auch auf die Welt vorbereiten. Deshalb ist das Verhindern oder Verschweigen von Problemen und Schwierigkeiten immer gefährlich. Viel effektiver ist es, wenn wir unsere Kinder befähigen, Probleme zu lösen und Schwierigkeiten auszuräumen oder durchzustehen.

Die bekannte biblische Geschichte vom „Verlorenen Sohn“, der seinen Vater verließ und vorher sein gesamtes Erbe von ihm einforderte, kann uns viel sagen. Wir finden diese Geschichte der Bibel bei Lukas, Kapitel 15, Vers 11-32. Obwohl der Vater wusste, was der Sohn vorhatte, zahlte er ihm sein Erbe aus. Wie wir wissen, verschleuderte der Sohn dieses Geld, bis er nichts mehr hatte. Doch anstatt seinen Sohn unter Druck zu setzen und ihm bei sich zu behalten, ließ der Vater ihn in der Hoffnung ziehen, dass er eines Tages zurückkehren wird.

Kinder, die sich geliebt wissen, finden diesen Weg zurück, auch wenn sie wissen, dass sie gegen die Ratschläge ihrer Eltern gehandelt haben. Reinhold Ruthes Vortrag ist ein Plädoyer dafür, Kindern ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen, weil allein diese selbst gemachte Erfahrung, sie letztlich weiterbringt.

Näheres dazu im Podcast. Es ist der sechste Teil einer Reihe zum Thema „Wer fordert, der fördert“ mit Reinhold Ruthe im ERF Südtirol.