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In einer Familie ist jeder wichtig.
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„Mit meinen Eltern kann man nicht reden!“ so beschreiben Teenager oft die konfliktgeladenen Situationen in ihrem Elternhaus. Eltern wiederum verstehen ihre Kinder oft nicht und reagieren vielleicht auch nicht immer am geschicktesten darauf. „Partnerschaftliche Kommunikation“ zwischen Jung und Alt, wie es eigentlich das Ziel sein sollte, kommt deshalb oft gar nicht zustande. So jedenfalls erlebte es der bekannte Familienberater und Psychotherapeut Reinhold Ruthe, der im aktuellen Thema-des-Monats-Podcast des ERF mit vielen Beispielen davon berichtet. Ruthe weiß, wovon er spricht; immerhin hat er in seiner Praxis viele Jahre Familien beraten und auch sehr erfolgreich therapiert. „Partnerschaftlich“, so sagt Ruthe, würde bedeuten, dass Kinder und Jugendliche sich als Mitglieder der Familie ernst genommen fühlen. Das ist nur leider nicht immer der Fall. Viel häufiger werden Kinder und Jugendliche in familiäre Entscheidungen erst gar nicht mit einbezogen und dürfen oft nicht einmal ihre Meinung sagen. Wen wundert es also, wenn Kinder und Jugendliche sich oft nicht ernst genommen fühlen. Doch genau darum geht es.

Auch wenn es darum geht, in einer Familie mitzuhelfen und Pflichten im gemeinsamen Haushalt zu übernehmen, muss das schon früh mit Kindern eingeübt werden. Am besten bereits in der Zeit, wenn die Kinder noch klein sind. Denn wenn das nicht geschieht, ist es auch kein Wunder, dass Teenageralter später kein Interesse daran haben, im Haushalt mitzuhelfen. Wer seinem Kind hingegen immer wieder kleine, dem Alter angemessene, Aufgaben übergibt und ihm auch die damit verbundene Verantwortung überträgt, der erzieht es zu einer reifen, selbständigen Persönlichkeit und kann in der Kommunikation später darauf aufbauen.

Kindern tut es gut, wenn sie das Gefühl bekommen, gebraucht zu werden. Wenn sie merken, dass ihre Eltern ihnen etwas zutrauen. Vertrauen und Verantwortung übertragen zu bekommen, bedeutet für das Kind auch, ernst genommen zu werden. Das ist sehr wichtig für die Entwicklung des kindlichen Charakters. Ein Kind soll nicht überfordert werden, aber gefordert. Das schöne Bild, das Paulus in seinem ersten Brief an die Christen in Korinth (vgl. 1. Korinther 12, 12-31) verwendet, trifft auch auf das Zusammenspiel in einer Familie zu. Wie jedes Körperteil wichtig ist, so soll in der Familie auch jedes Mitglied anerkannt sein und seinen vorgesehenen Beitrag leisten. Wenn ein Teil des Körpers, oder der Familie, leidet, dann leiden alle anderen mit. Alle Glieder sind gleichwertig und es gibt keine internen Machtkämpfe – Gott allein ist das „Haupt“ und ihm ordnen sich alle unter. Mit einer gleichberechtigten Behandlung jedes einzelnen Familienmitglieds ist ein wichtiger Grundstein für eine gute, auch später noch funktionierende Kommunikation gelegt.

Bei dieser Kommunikation geht es übrigens nicht nur um das Reden, sondern auch um die anderen Formen sogenannter „Signalübermittlung“. Das kann die Mimik sein, Gesten und alles, was nur angedeutet, aber nicht ausgesprochen wird. Paul Watzlawick, ein sehr bekannter österreichischer Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut, Philosoph und Buchautor hat es einmal sehr treffend gesagt, als er meinte: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Das ist wahr. Irgendwie kommunizieren wir immer. Wo diese Kommunikation innerhalb einer Familien nicht gelingt, liegen die Probleme dafür auch nicht in erster Linie in der Kommunikation, sondern in den Beziehungen. Deshalb handelt es sich in der Regel auch um Beziehungsprobleme, die dann allerdings zu Kommunikationsproblemen werden.

Selbst bei Familien, denen ein harmonisches Zusammenleben gelingt, kann es zu Schwierigkeiten in der Kommunikation kommen, zumindest in der Zeit der Pubertät der Kinder. Viele Eltern sind traurig und schockiert, wenn ihr Sohn oder ihre Tochter sich vom einen Jahr auf das andere überhaupt nichts mehr sagen lässt oder sogar abweisend reagiert. Aber das gehört zur Entwicklung eines jungen Menschen. Reinhold Ruthe, der seine Erfahrung aus einer jahrelangen therapeutischen Praxis bezieht, sagt: „Es ist wichtig zu wissen, dass Teenager mit ihren rebellischen Reaktionen nicht gegen ihre Eltern kämpfen, sondern lediglich gegen die Macht ihrer Eltern.“ Es hilft Eltern, wenn sie sich das bewusst machen. Wer sich jedoch auch als Teenager geliebt und geborgen weiß, wird auch diese Phase seines Lebens besser überstehen. Eltern müssen deshalb nicht mit aller Gewalt versuchen, alles richtig und perfekt zu machen oder zu sein. Sie müssen letztlich nur vorleben, wie man mit seinen Fehlern und Schwächen richtig umgeht und wie man innerhalb einer so engen Gemeinschaft, wie der einer Familie, ehrlich und authentisch bleibt. Wer das verstanden hat und an seine Kinder weitergibt, der hat bereits sehr viel dazu getan, um eine gute Grundlage zu legen. Insbesondere wenn es darum geht, dass eine Familie zusammenwächst und gemeinsam lernt, auf eine gesunde Art miteinander zu kommunizieren.

Näheres dazu im Podcast. Es ist der vierte Teil einer Reihe zum Thema „Wer fordert, der fördert“ mit Reinhold Ruthe im ERF Südtirol.