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Mit seiner Wahl zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika wird Joe Biden (Demokratische Partei) nach John F. Kennedy der zweite katholische Präsident der USA. Wie auch der scheidende Evangelikale US-Vizepräsident Mike Pence, bekennt sich Biden immer wieder öffentlich zu seinem christlichen Glauben.

Bereits vor der US-Präsidentschaftswahl hatte Joe Biden in Umfragen unter katholischen Wählern rund zwölf Punkte Vorsprung gegenüber Donald Trump. Laut einer Nachwahlumfrage des Instituts "Edison Research" gaben protestantische Christen und weiße Evangelikale rund 76 Prozent ihrer Stimmen an US-Präsident Donald Trump. Lediglich 23 Prozent wählten den demokratischen Herausforderer Joe Biden. Bei der vorangegangenen Wahl im Jahr 2016 hatten noch 80 Prozent der weißen evangelikalen Wähler Trump ihr Vertrauen ausgesprochen. Vor 4 Jahren stimmten noch rund 62 Prozent der Katholiken und 68 Prozent der Wähler in der Kategorie „protestantisch, sonstige Christen“ für Donald Trump.

Joe Biden erhält voraussichtlich 306 Wahlmännerstimmen. Donald Trump 229 der für einen Sieg benötigten 270 Stimmen. Joe Biden zeigte sich in einer ersten Reaktion "geehrt und demütig" auf seine Wahl zum US-Präsidenten. "Nach Abschluss des Wahlkampfes ist es an der Zeit, die Wut und die harte Rhetorik hinter uns zu lassen und als Nation zusammenzukommen", so der 77-jährige Demokrat. US-Präsident Donald Trump möchte den Sieg seines demokratischen Herausforderers Joe Biden bei der US-Wahl nicht anerkennen. "Die einfache Tatsache ist, dass diese Wahl noch lange nicht vorbei ist", so Trump in einer ersten Stellungnahme.

Joe Biden setzt auf das Gebot der Liebe

Der Katholik Joe Biden schrieb vor der Wahl, er orientiere sich in seiner politischen Arbeit stets am wichtigsten Gebot, welches Jesus in der Bibel fordert: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." (Matthäusevangelium 22, 37-39)

Aufgrund dieses höchsten Gebots Jesu und der Gottesebenbildlichkeit des Menschen wolle sich Joe Biden gegen Rassismus und für eine Krankenversicherung für alle Amerikaner einsetzen. Auch in Bezug auf die Corona-Pandemie möchte Biden ein Zeichen der Nächstenliebe setzen: "Wir müssen alle Masken tragen. Das ist keine politische Meinungsäußerung, das ist die Verkörperung von Gottes Gebot, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben, sodass wir Leben retten können."

Der künftige US-Präsident sieht es als seine Mission, gegen die strukturellen Benachteiligungen von Schwarzen vorzugehen. In einem Interview führte er hierzu ein Zitat von Dietrich Bonhoeffer an: "Wir können nicht nur die Wunden der Opfer verbinden, wir müssen dem Rad in die Speichen fallen."

Donald Trump setzte mehrere christliche Schwerpunkte

Das politische Engagement für christliche Themen hat in den USA Tradition. So setzte sich Donald Trump seit seiner Amtseinführung für die Verlegung der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv in die Hauptstadt Jerusalem ein. Dem Einsatz der Trump-Regierung verdankt Israel ebenfalls die politische Anerkennung durch die Vereinigten Arabischen Emirate und dem Königreich Bahrain.

Auch der Lebensschutz war ein wichtiges Thema auf der Tagesordnung von Präsident Trump und dessen Vize-Präsident Pence. So setzte Trump beispielsweise die staaliche Förderung von Kindestötungen im Mutterleib aus. Auch trat er zusammen mit Mike Pence als Redner beim Marsch für das Leben auf um ein Zeichen gegen Abtreibungen zu setzen.

Lebensschutz wird allerdings kein Schwerpunkt des künftigen US-Präsidenten Joe Biden sein. Ganz im Gegenteil: Biden möchte trotz seines Glaubens an Gott das Recht auf Abtreibungen in den USA wieder vollständig anerkennen lassen.

Evangelikale Leiter machen Aufruf an Christen

Rund 200 evangelikale Leiter fordern Christen in einem öffentlichen Brief dazu auf als Friedensstifter zu agieren um Gewalt und Spaltung entgegenzutreten. Der Brief mit dem Titel "A 2020 Call for Biblical Peacemaking" (Deutsch: Ein Aufruf zum biblischen Frieden 2020) wurde aus Sorge vor rassistischer und politisch-motivierter Gewalt veröffentlicht, wie die Verfasser gegenüber der amerikanischen Zeitung Christian Post erklärten.

Zu den Unterzeichnern des Briefes zählen zahlreiche einflussreiche Pastoren der größten Kirchen in den USA. Teil der Unterzeichner sind u.a. Max Lucado (Bestsellerautor der New York Times), Pastor Tony Evans (Gründer und Präsident von The Urban Alternative und leitender Pastor der Oak Cliff Bible Fellowship in Dallas), Pastor A.R. Bernard (Christliches Kulturzentrum in Brooklyn in New York), Bischof Kenneth Ulmer (Seniorpastor der Faithful Central Bible Church in Inglewood in Kalifornien) oder auch David Ireland (Bestsellerautor und Seniorpastor der Christ Church in Montclair in New Jersey).

Angesichts des unsicheren Ausgangs der Präsidentschaftswahlen schrieb der evangelikale Pastor Franklin Graham drei Tage nach der Wahl auf Facebook: "Ich bitte weiter darum, während dieser Wahl für unsere Nation zu beten. Viele sorgen sich, dass manche Leute Stimmen stehlen können, also betet dafür, dass Gottes Wille geschieht. Betet, dass die Feinde Gottes verstummen und dass alle ihre Plänen ins Leere gehen." Graham ist Präsident der christlichen Hilfsorganisation "Samaritan's Purse" und ein Unterstützer von US-Präsident Donald Trump.

Reaktionen aus Kirche und christlichen Organisationen

J.D. Greear, Pastor der Summit Church in North Carolina und Präsident der Southern Baptist Convention, rief Christen auf Twitter dazu auf, für Biden zu beten: "Schließen Sie sich mir im Gebet für @joebiden und unser Land an. Beten Sie für Weisheit, Gerechtigkeit und Wahrheit".

Der christliche Medien- und Markenexperte Sven Kühne, ebenfalls im Vorstand der Österreichischen Evangelischen Allianz (ÖEA), schrieb in einer ersten Reaktion auf Facebook: "Bisher war ich gespaltener Meinung über US-Präsident Donald Trump: Trotz unzähliger Fauxpas, setzte er mit Vizepräsident Mike Pence wichtige Impulse in Sachen Religionsfreiheit, Lebensschutz und Israel." Weiters schreibt Kühne: "Mit zahlreichen Botschaften hat sich Trump in den vergangenen Tagen selber diskreditiert. Gott setzt Regierungen ein. Doch Er setzt diese auch ab." Abschließend gratuliert er den künftigen US-Präsidenten: "Ich gratuliere Joe Biden zur gewonnen Wahl und wünsche ihm, seiner Familie und der künftigen Regierung viel Segen, Weisheit und Bewahrung! Möge es in diesen Tagen viele Friedensstifter in der USA geben, damit Polarisierung, Hass und Gewalt baldmöglichst aufhören."

Der Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm schrieb auf Facebook: "Der Ausgang der US-amerikanischen Präsidentenwahl ist das Signal für einen Neuanfang. Der designierte Präsident Joe Biden wird die Aufgabe haben, ein tief gespaltenes Land wieder zusammenzuführen und dem Präsidentenamt seine Würde zurückzugeben. Nicht zuletzt durch seine eigene Lebensgeschichte hat er eine ganz besondere Fähigkeit zu Empathie und Mitgefühl. Das braucht das Land jetzt dringend, ganz besonders auch angesichts der tiefen Wunden, die die Pandemie in den USA reißt. Mit dem zukünftigen Präsidenten Biden sind aber auch neue Hoffnungen für die Welt insgesamt verbunden. Er hat bereits angekündigt, dass eine seiner ersten Handlungen im Präsidentenamt die Rückkehr zum Pariser Klimaabkommen sein wird. Gegenüber allen nationalistischen Parolen der letzten Jahre übernimmt nun ein Mann das Präsidentenamt, der für Multilateralismus und Völkerverständigung steht. Nachdem er acht Jahre mit dem ersten schwarzen Präsidenten eng zusammengearbeitet hat, wird ihm nun die erste schwarze Vizepräsidentin zur Seite stehen. Das alles sind Aussichten, die Hoffnung machen, dass christliche Grundorientierungen wieder eine neue Bedeutung für die US-amerikanische Politik bekommen. Der heutige Tag ist auch für mich ganz persönlich ein Tag der Hoffnung."

Reaktionen von Politikern in Europa

Kurz nach der Entscheidung schrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein Glückwunschtelegramm: "Mit Ihrer Präsidentschaft verbinden sich die Hoffnungen unzähliger Menschen, weit über die Grenzen Ihres Landes hinaus, auch in Deutschland." Biden stehe "für ein Amerika, das um den Wert von Allianzen und Freunden, von Verlässlichkeit und Vertrauen weiß".

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel wünscht Biden "von Herzen Glück und Erfolg und gratuliere ebenso Kamala Harris, der gewählten ersten Vizepräsidentin ihres Landes". Weiter betonte die Bundeskanzlerin, dass sie sich sich auf die Zusammenarbeit mit Joe Biden freue: "Unsere transatlantische Freundschaft ist unersetzlich, wenn wir die großen Herausforderungen dieser Zeit bewältigen wollen."

Bundesaußenminister Heiko Maas freut sich auf eine konfliktfreie Kooperation: "Wir wollen in unsere Zusammenarbeit investieren, für einen transatlantischen Neuanfang, einen New Deal," so Maas auf Twitter.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter neben ihrer Gratulation einen Hinweis, dass die EU und die USA Freunde und Verbündete sind. "unsere Bürgerinnen und Bürger haben die tiefsten Verbindungen".

Der französische Präsident Emmanuel Macron gratulierte Biden mit der Aufruf zur Zusammenarbeit: Es gibt "eine Menge zu tun, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen".

Auch der britische Premierminister Boris Johnson gratulierte Biden und Harris zu einem "historischen Erfolg".