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Das jetzt 34-jährige Opfer sagte vor Gericht aus, dass Pell ihn oral vergewaltigt habe.
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Der Kardinal George Pell wurde vor Gericht in Melbourne, Australien, wegen Kindesmissbrauch verurteilt, berichtet die Associated Press (AP). Dem 77-Jährigen könnten bis zu 50 Jahre Haft drohen, die Bekanntgabe des Strafmaßes steht noch aus. Der Kardinal hat Berufung gegen den Schuldspruch angekündigt.

Allerdings ist das Urteil umstritten, so kath.net, da Zweifel an der Aussage des mutmaßlichen Opfers und an den Tatumständen bestehen. Kardinal Pell selbst hat stets seine Unschuld beteuert.

Tathergang laut Opfer

Der damals 55-jährige Pell soll zwei damals 13-jährige Chorknaben in der Sakristei der „Melbournes St. Patricks“ Kathedrale nach einer Messfeier sexuell missbraucht haben. Die Buben wollten, nach Aussage des Opfers, das noch lebt, Messwein trinken. Das zweite Opfer starb 2014 an einer Überdosis, ohne Pell jemals angeklagt zu haben, berichtet die AP. Das jetzt 34-jährige Opfer sagte vor Gericht aus, dass Pell ihn oral vergewaltigt habe: „Ich war jung und wusste nicht, was mit mir passiert war.“  

Zweifel am Urteil

Pells Anwalt meint vor Gericht, dass der Fall einige „Unwahrscheinlichkeiten und Unmöglichkeiten“ aufweise. Beispielsweise hätte Pell seine priesterliche Robe nicht „geteilt“ haben können, wie das Opfer behaupte, so die AP. „Ein Mann wurde für schuldig befunden, nicht aufgrund von Fakten sondern von Vorurteilen", schreibt der Kolumnist Andrew Bolt in der australischen Zeitung "Herald Sun", berichtet kath.net. Es fehle an Beweisen. Außerdem sei laut Bolt die Sakristei nach jeder Messe ein Raum, wo sich viele Menschen aufhalten und wo Pell auch von Menschen aufgesucht wurde, die mit ihm reden wollten. Pells Zeremonienmeister Monsignore Charles Portelli bezeugt, dass er Pell immer von der Ankunft bei der Kathedrale bis zu dem Moment, wo er diese wieder verlasse, begleite und dass ihm kein Vorfall bekannt sei.

Journalist Bolt, der von sich selbst sagt, dass er weder Katholik noch Christ sei, stellt die These auf, dass Pell für die Sünden seiner Kirche büßen müsse und eine Verunglimpfungskampagne von Medien mitgeholfen habe.

Frühere Anklagen

Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Pell waren schon früher aufgekommen, berichtet kath.net. 2002 war Pell von einer Untersuchungskommission der Erzdiözese Melbourne aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. Journalist Bolt führt einige Fälle an, die sich alle als falsch herausstellten. Gegen Kardinal Pell besteht jedoch auch der Vorwurf, an der Vertuschung von Missbrauchsfällen beteiligt gewesen zu sein.

Kardinal George Pell

George Pell war zuerst Erzbischof von Melbourne, dann bis 2014 von Syndey, so kath.net. Im Februar 2014 wurde er zum Präfekten des vatikanischen Wirtschaftssekretariats ernannt. Doch für die Dauer seines Gerichtsverfahrens wurde er von seinen Amtspflichten freigestellt. Von April 2013 bis Oktober 2018 war er außerdem Mitglied des Kardinalsrats.