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Joseph Maria Bonnemain (72) wird neuer Bischof in der seit Jahren zerstrittenen Schweizer Diözese Chur. Vatikan und Diözese teilten die Ernennung durch Papst Franziskus am Montag mit. Parallel zur Ernennung Bonnemains wurde bekannt gegeben, dass der vom Papst bereits 2019 "nunc pro tunc" ("nun für dann") angenommene Amtsverzicht von Weihbischof Marian Eleganti (65) nun rechtskräftig ist.

Eigentlich hätte das aus 22 Priestern bestehende Churer Domkapitel im November einen neuen Diözesanbischof wählen sollen. Allerdings hielt es mehrheitlich keinen der drei vom Papst Vorgeschlagenen für wählbar; auch nicht Bonnemain, der auf der Wahlliste stand. Nun ernannte ihn Franziskus direkt. Bis zur Bischofsweihe wird der bisherige Apostolische Administrator Bischof Peter Bürcher die Diözese weiter leiten, teilte das Bistum Chur mit.

Für Montagabend wurde ein gemeinsamer Gottesdienst des künftigen Bischofs Bonnemain mit Administrator Bürcher und dem scheidenden Weihbischof Eleganti in der Kathedrale von Chur angekündigt. Die Feier stehe im Zeichen der Einheit, hieß es. Die Diözese rief zugleich ihre Pfarren auf, gleichzeitig zum Beginn des Gottesdienstes um 18 Uhr die Glocken läuten zu lassen.

Der neu ernannte Bischof rief in einer kurzen schriftlichen Erklärung am Montag zu einem gemeinsamen Weg in die Zukunft auf. "Geschwisterlichkeit und Hoffnung sind wie Medikamente, welche die Welt heute wie Impfstoffe braucht", zitierte Bonnemain aus einer Rede von Papst Franziskus. Wie die Welt hatten auch die Menschen in der Diözese Chur "Spannungen, Spaltungen, Polarisierungen" durchlitten. "Es sind Spannungen, Spaltungen, Polarisierungen, die wir uns wahrhaftig nicht leisten können und die uns daran hindern, mit vereinten Kräften diese Impfstoffe zu suchen, die wir uns alle wünschen", so der ernannte Bischof. "Völlig zu Recht", erwarteten die Menschen, "dass die Kirche hier ein Vorbild ist und Wege der Geschwisterlichkeit und Hoffnung aufzeigt".

"Ein Brückenbauer"

Der neue Bischof von Chur sei "ein Brückenbauer" sowie "ein Mensch der Klarheit und ein ausgleichender Geistlicher, der es versteht, Meinungen zu integrieren", erklärte der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, Felix Gmür. Die Wahl Bonnemains sei ein "großes Zeichen des Friedens und der Hoffnung für die Diözese Chur und die gesamte Kirche in der Schweiz".

Der 1978 vom damaligen Wiener Erzbischof Kardinal Franz König zum Priester der Prälatur Opus Dei geweihte Bonnemain ist in der Diözese Chur seit rund einem Jahrzehnt Bischofsvikar und in dieser Funktion für die Beziehungen zwischen der Diözese und den Kantonen zuständig. Schon seit 2003 gehörte der seit Jahrzehnten zudem als Leiter des Diözesangerichtes amtierende Bonnemain auch dem Churer Domkapitel an.

Laut Medienberichten genießt der früher als Arzt und Krankenhausseelsorger Tätige einen guten Ruf unter den Churer Katholiken, auch im progressiven Flügel. Mit 72 Jahren ist er allerdings als ein Übergangsbischof anzusehen. In knapp zweieinhalb Jahren, also mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren, muss er dem Papst gemäß dem Kirchenrecht seinen Rücktritt anbieten.

Jahrelange Spannungen

Die Diözese Chur liegt im Osten der Schweiz und umfasst ländliche Kantone wie Graubünden und Schwyz, aber auch den großstädtischen Kanton Zürich. Seit Ende der 1980er Jahre ist die Diözese von innerkirchlichen Spannungen und einer Polarisierung zwischen konservativ und liberal geprägt. Das Schweizer Staatskirchenrecht räumt den Laien mehr Mitbestimmung ein als im allgemeinen Kirchenrecht vorgesehen ist, was in den Amtszeiten der Bischöfe Wolfgang Haas (1988/90-1997) und Vitus Huonder (2007-2019) für viele Konflikte sorgte.

Haas' Nachfolger Amedee Grab (1997-2007) gelang es als Schlichter, die Wogen zwischen Bischof und Kirchenvolk weitgehend zu glätten. Unter Huonder brachen die Konflikte jedoch wieder auf. Papst Franziskus ernannte im Mai 2019 den früheren Bischof von Reykjavik, Pierre Bürcher (75) zum Übergangsleiter der Diözese. Ihm gelang keine Versöhnung.